Parlamentswahl in Ungarn 2018

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2014Parlamentswahl in Ungarn 20182022
(Parteilistenstimmen)[1]
 %
50
40
30
20
10
0
49,28
19,06
11,91
7,06
5,37
3,06
1,73
2,54
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2014
 %p
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
  -6
  -8
-10
-12
-14
+4,41
−1,16
−13,66
+1,72
+5,37
+3,06
+1,73
−1,46
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
a In Wahlbündnis mit KDNP
c 2014: Im Wahlbündnis Összefogás 2014
2018: in Wahlbündnis mit PM und MLP
e 2014: Im Wahlbündnis Összefogás 2014
h Darunter: Együtt 0,66 % und LdU 0,46 %
Sitzverteilung[2]
20
1
1
9
8
1
133
26
20 133 26 
Insgesamt 199 Sitze

Am 8. April 2018 fand die Parlamentswahl in Ungarn 2018 statt. Sie endete mit einem deutlichen Wahlsieg der regierenden Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orbán, die im Bündnis mit der KDNP knapp eine Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament erreichte.

Wahlsystem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 199 Mitglieder des ungarischen Parlaments werden in einer Mischung aus Mehrheitswahl und Verhältniswahl gewählt:

Sitzverteilung im Wahlkreis: In jedem der 106 Wahlkreise erhält der Kandidat mit den meisten Stimmen ein Direktmandat; er wird dessen Abgeordneter.

Sitzverteilung nach Listen: 93 Abgeordnete werden nach dem D’Hondt-Verfahren proportional verteilt. Parteien müssen mindestens fünf Prozent aller Listenstimmen erhalten, um an der Sitzverteilung teilzunehmen. Handelt es sich um eine gemeinsame Liste zweier Parteien, beträgt die Sperrklausel zehn Prozent, bei einer gemeinsamen Liste von drei oder mehr Parteien 15 %. Zu den Listenstimmen der Partei werden die Stimmen ihrer erfolglosen Wahlkreiskandidaten addiert. Hat ein Kandidat einen Wahlkreis gewonnen, wird sein Stimmenvorsprung vor dem Zweitplatzierten (vermindert um eins) zu den Listenstimmen seiner Partei addiert.

Die Legislaturperiode dauert vier Jahre (→ Verfassung Ungarns#Parlament und Gesetzgebungsverfahren).

Teilnehmende Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgenden Parteien sind im Parlament vertreten oder werden in Umfragen aufgeführt und nahmen an der Wahl teil:

Partei Parteivorsitz Politische Ausrichtung Europäische Partei/Fraktion
Logo Fidesz – Magyar Polgári Szövetség (Fidesz)
Fidesz – Ungarischer Bürgerbund
Foto
Viktor Orbán
Nationalkonservatismus, weiche EU-Skepsis, Christdemokratie, Rechtspopulismus, Nationalismus, Wirtschaftsliberalismus EVP (suspendiert)[3]
Magyar Szocialista Párt (MSZP)
Ungarische Sozialistische Partei
Foto
Gyula Molnár
Sozialdemokratie,
Linksliberalismus
SPE
Jobbik Magyarországért Mozgalom (Jobbik)
Bewegung für ein besseres Ungarn
Foto
Gábor Vona
Rechtsextremismus, EU-Skepsis, Irredentismus, völkischer Nationalismus AENM
Logo Lehet Más a Politika (LMP)
Die Politik kann anders sein
Foto
Bernadett Szél
Grüne Politik, Zentrismus EGP
Logo Együtt – A Korszakváltók Pártja (Együtt)
Gemeinsam – Partei für eine neue Ära
Foto
Viktor Szigetvári
Sozialdemokratie, Linksliberalismus, Pro-EU
Demokratikus Koalíció (DK)
Demokratische Koalition
Foto
Ferenc Gyurcsány
Linksliberalismus, Pro-EU S&D
Logo Párbeszéd Magyarországért (PM)
Dialog für Ungarn
Foto
Gergely Karácsony
Grüne Politik, Linksliberalismus, Feminismus Grüne/EFA
Logo Magyar Liberális Párt (MLP)
Ungarische Liberale Partei
Foto
Gábor Fodor
Liberalismus, Europäischer Föderalismus ALDE
Magyar Kétfarkú Kutya Párt (MKKP)
Ungarische Partei des zweischwänzigen Hundes

Foto
Gergely Kovács
Satirepolitik
Momentum Mozgalom (MM)
Momentum Bewegung
Foto
András Fekete-Győr
Liberalismus, Pro-EU

Es nahmen 13 Minderheitenlisten an der Wahl teil, darunter die der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen.

Umfragen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sämtliche Meinungsforschungsinstitute sagten vor der Wahl einen Wahlsieg von Fidesz voraus.

Umfragen von April 2014 bis April 2018.


Ergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gewonnene Wahlkreise (kleine Karte: Budapest):[4]
Fidesz 91
MSZP 8
Jobbik 1
DK 3
LMP 1
Együtt 1
Unabhängiger Einzelkandidat 1
Wahlkreisstimmen Listenstimmen Sitze
Stimmen % Kandi-
daten
Direkt-
mandate
Stimmen % Sitze Zahl %
Wahlberechtigte 7.933.815 8.312.173
Abgegebene Stimmen 5.564.410 70,14 5.791.868 69,68
Gültige Stimmen 5.504.453 98,92 5.732.283 98,97
Fidesz-KDNP 2.636.201 47,89 106 91 2.824.551 49,27 42 133 66,8
Jobbik 1.276.840 23,20 106 1 1.092.806 19,06 25 26 13,1
MSZP-PM 622.458 11,31 55 8 682.701 11,91 12 20 10,1
DK 348.176 6,33 43 3 308.161 5,38 6 9 4,5
LMP 312.731 5,68 100 1 404.429 7,06 7 8 4,0
Együtt 58.591 1,06 30 1 37.562 0,66 0 1 0,5
Momentum 75.033 1,36 83 0 175.229 3,06 0 0 0,0
MKKP 39.763 0,72 39 0 99.414 1,73 0 0 0,0
Munkáspárt 13.613 0,25 57 0 15.640 0,27 0 0 0,0
Sonstige Parteien (alle <0,2 %) 65.517 1,19 891 0 54.258 0,95 0 0 0,0
Einzelbewerber 55.612 1,01 37 1 1 0,5
Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen 26.477 0,46 1 1 0,5
Sonstige Minderheitenlisten 11.055 0,19 0 0 0,0
Gesamt 5.504.453 1547 106 5.732.283 93 199 100
Quelle: Wahlbehörde Ungarns

Die Zahl der Wahlberechtigten und Stimmen ist bei der Listenwahl größer, da Auslandsungarn nur eine Listenstimme haben. Die rund 225.000 Briefwahlstimmen der Auslandsungarn (überwiegend aus Rumänien) gingen zu 96,2 % an Fidesz-KDNP.[5]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Reaktion auf den Fidesz-Wahlsieg erklärte Gábor Vona, Parteivorsitzender von Jobbik, seinen Rücktritt vom Parteiamt. Die gesamte Führungsmannschaft der Sozialisten tat ein Gleiches.[6][7]

Die internationalen Reaktionen fielen gemischt aus. Verschiedene Politiker gratulierten Viktor Orbán zu seinem Wahlsieg, darunter in Deutschland Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ein Gratulationsschreiben sandte,[8] und Bundesinnenminister Horst Seehofer[9], in Österreich Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache.[10] Auf EU-Ebene gratulierten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk.[11] Äußerungen der Genugtuung und Gratulationen kamen von verschiedenen Politikern aus dem rechten oder rechtspopulistischen Spektrum, so von Marine Le Pen, Geert Wilders, Beatrix von Storch, Johann Gudenus, Matteo Salvini, Alexander Gauland, Alice Weidel und Nigel Farage.[12][13][14][15] Die polnische PIS-Regierung unter Premier Mateusz Morawiecki gratulierte Orbán und Europaminister Konrad Szymański nannte den Sieg Orbáns eine Bestätigung der „Emanzipationspolitik Osteuropas in der EU“.[16]

Kritisch zur Wahl und zum Wahlausgang äußerten sich Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die zwar konzedierten, dass die Wahl ohne Verfahrensfehler abgelaufen sei, dass aber der Spielraum für „echte politische Debatten“ vor der Wahl durch eine „einschüchternde und fremdenfeindliche Rhetorik, voreingenommene Medien und undurchsichtige Wahlkampffinanzierung“ eingeschränkt gewesen sei.[17] Vielfach kritisiert wurde auch die Kampagne, die Fidesz gegen den ungarisch-amerikanischen Milliardär George Soros geführt hatte, und die deutlich antisemitische Stereotype bemüht habe.[18][19] Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte, dass sich die EU gegen Viktor Orbáns Logik der „Wertezersetzung und Angstmacherei“ stemmen müsse.[16]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tájékoztató adatok az országos listás választás eredményéről („Informationen zu den Ergebnissen der nationalen Listenwahl“). Abgerufen am 11. April 2018 (ungarisch).
  2. Tájékoztató adatok az országgyűlés összetételéről
  3. Hungary’s Orbán clings on to Europe’s power center. 20. März 2019, abgerufen am 9. März 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Tájékoztató adatok az egyéni választókerületi (OEVK) eredményekről: Mandátumok megoszlása az egyéni választókerületekben („Informationen zu den einzelnen Wahlkreis-Ergebnissen: Verteilung der Mandate auf Einzelpersonen“). Wahlbehörde Ungarns, abgerufen am 10. April 2018 (ungarisch).
  5. Angaben der Ungarischen Wahlbehörde
  6. Krisztina Than, Gergely Szakacs: Hungary's Strongman Viktor Orban Wins Third Term in Power. Reuters, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018 (englisch).
  7. Hungary elections: Prime Minister Viktor Orban declares victory. al Jazeera, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018 (englisch).
  8. Merkel gratuliert Orban zu Wahlsieg. Der Tagesspiegel, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  9. Seehofer gratuliert Orbán. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  10. Gratulationen und Kritik: Wie Europa auf Orbans Sieg reagiertªrsg=Der Kurier. 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  11. Juncker gratuliert Orban zu "klarem Sieg" bei Parlamentswahl. Zeit Online, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  12. EU Far-Right Hails Hungary Anti-Migrant PM Victory. Agence France-Presse, 9. April 2018, abgerufen am 9. April 2018 (englisch).
  13. Far-right leaders congratulate Orban. The Guardian, 8. April 2018, abgerufen am 9. April 2018.
  14. Glückwünsche von Marine Le Pen und Geert Wilders. Zeit Online, 8. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  15. Niklaus Nuspliger: Brüssel gratuliert und ermahnt Orban. Neue Zürcher Zeitung, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  16. a b Hannelore Crolly, Christoph B. Schiltz: Der Wahlsieg von Orbán spaltet die EU. 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  17. OSZE kritisiert "einschüchterndes Klima" bei Wahl in Ungarn. Zeit online, 9. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.
  18. Keno Verseck: Hassrhetorik im ungarischen Wahlkampf: Soros als totes Schwein. Deutsche welle, 13. Dezember 2017, abgerufen am 10. April 2018.
  19. Oliver Das Gupta: Der furchtbar fruchtbare Boden für Orbáns Saat. Süddeutsche zeitung, 8. April 2018, abgerufen am 10. April 2018.