Paul Gruson

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Paul Gruson (* 24. Dezember 1895 in Charlottenburg bei Berlin[1]; † 6. September 1969 in Berlin-Tegel[2]) war ein deutscher Bildhauer.

Gruson nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und studierte dann in Berlin an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums und der Akademie der Künste, u. a. bei Georg Koch und Hugo Lederer, dessen Meisterschüler er war. Danach arbeitete er als Bildhauer in Berlin. Bis 1932 verzeichnet das Berliner Adressbuch Gruson als akademischen Bildhauer mit dem Wohnsitz Reuterstraße 11 in Zehlendorf. Das Atelier hatte er als Mitglied der Ateliergemeinschaft Klosterstraße in der Prinz-Albrecht-Straße 8.

Gruson war in Berlin als Bildhauer etabliert und nahm an wichtigen Ausstellungen und Wettbewerben teil. Er war Mitglied des Vereins Berliner Künstler und u. a. für diesen 1926 in der Kommission der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten. 1926 erhielt er unter 698 Einsendungen einen Zweiten Preis beim Wettbewerb um die Ausgestaltung der Münzen des deutschen Silber-Gelds.[3] 1932 beteiligte er sich mit einer Ringergruppe und Victoria auf der Weltkugel am Kunstwettbewerb der Olympischen Sommerspiele 1932.[4]

Gruson galt den deutschen Nationalsozialisten als einer der Ihren, und er zeigte sich als „Musternazi“.[5] Einer seiner Bewunderer und politischen Förderer war Julius Lippert. Als Preisträger des Wettbewerbs für ein Horst-Wessel-Denkmal gegenüber der Berliner Volksbühne, zu dessen Juroren auch Georg Kolbe und Fritz Klimsch gehörten, wurde Gruson 1930 mit der Schaffung einer überlebensgroßen Porträtplastik Wessels[6] beauftragt.

Als nach der Machtergreifung bekannt wurde, dass Gruson seine jüdische Großmutter verschwiegen hatte, was ihn für die Nazis zum „Halbjuden“ machte, führte das wegen seiner künstlerischen Relevanz zu Komplikationen. Führende Nazis beschäftigten sich mit dem Fall, u. a. Joseph Goebbels, Hans Hinkel und Walter Tießler. Um eine öffentliche Blamage zu vermeiden, entschied Goebbels dann, Gruson aus der Schusslinie zu nehmen. Gruson wurde aus dem Reichsverband Bildender Künstler Deutschlands und 1935 aus der Ateliergemeinschaft Klosterstraße ausgeschlossen. Der Gussauftrag für das Wessel-Denkmal wurde zurückgezogen. 1941 zog Gruson nach Kleinmachnow und musste sich mit privaten Aufträgen seiner Nachbarn begnügen.

Gruson nahm als Soldat der Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teil. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete er in Kleinmachnow wieder als Bildhauer. Er schuf als Auftragsarbeiten u. a. Büsten von Stalin und Lenin.[7]

Gruson wurde Mitglied der SPD, dann der SED. Ab 1949 arbeitete er als Museumsreferent in der Abteilung Kunst des Volksbildungsministeriums des Landes Brandenburg, 1951/1952 als Referent bei der Landesverwaltung für Kunstangelegenheiten und danach in Ostberlin als freischaffender Bildhauer. Er erhielt u. a. den Auftrag, eine Porträtbüste Wilhelm Piecks zu fertigen.[8]

Von 1952 bis 1954 war Gruson Professor für Plastik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Von 1954 bis 1956 war er an der Arbeit Ruthild Hahnes an einem monumentalen Ernst-Thälmann-Denkmal beteiligt, das dann nicht ausgeführt wurde.

1959 verließ er die DDR nach Westberlin, wo er weiter als freischaffender Bildhauer arbeitete.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wildschwein (Bronze, 1920er Jahre; Replik von 1961; Original im Zweiten Weltkrieg verschollen; Berlin, Platz am Wilden Eber)[9]
  • Kinderkopf (um 1920)[10]
  • Mädchenkopf (Bronze, 1929; Berlinische Galerie)
  • Fischermeister August Hermann (Porträtrelief an einer Gedenkstele; Bronze, um 1929; Rahnsdorf, Dorfanger)[11]
  • Walther Schreiber (Porträtbüste, Bronze; Büstengalerie des Abgeordnetenhauses von Berlin)[12]

Ausstellungen (unvollständig)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1926: Berlin, Große Berliner Kunstausstellung[13]
  • Januar 1933: Berlin, Verein Berliner Künstler („Kollektion von Manfred Hirzel, Fritz Rhein, Erwin Freytag, Paul Gruson“)
  • 1933: Düsseldorf, Kunsthalle („Ausstellung des Vereins Berliner Künstler“)
  • 1934: Berlin, Preußische Akademie der Künste, Große Berliner Kunstausstellung
  • 1934: Berlin („Ateliergemeinschaft Klosterstraße. 1. Ausstellung Dezember 1934“)
  • 1935: München, Neue Pinakothek („Berliner Kunst“)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geburtsregister Standesamt Charlottenburg, Nr. 4107/1895
  2. Sterberegister Standesamt Reinickendorf von Berlin, Nr. 2312/1969
  3. Centralblatt der Bauverwaltung, 1926, S. 555
  4. Olympedia – Sculpturing, Statues, Open. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  5. Magdalena Bushart: Skulptur und Macht. Figurative Plastik im Deutschland der 30er und 40er Jahre. Akademie der Künste Berlin, 1983; S. 99
  6. Nationalsozialismus: So wurde Horst Wessel zum braunen Märtyrer - WELT. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  7. Zentralblatt für Bibliothekswesen, 1947, S. 170
  8. Der Bildhauer Paul Gruson modelliert Wilhelm Pieck - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  9. Wilder Eber. 14. Dezember 2021, abgerufen am 28. Januar 2023.
  10. SLUB Dresden: Der Querschnitt, 5.1925, H.12, Dezember. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  11. Gedenkstein für August Hermann – Bildhauerei in Berlin. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  12. Büstengalerie. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  13. Grosse Berliner Kunstausstellung. Farbige Raumkunst. Verein Berliner Künstler, Landesausstellungsgebäude, Berlin 1926, S. 30 (Online [abgerufen am 30. Januar 2023]).