Paul Stiegele

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Paul Stiegele, 1847–1903

Paul Stiegele (* in Ravensburg am 2. Dezember 1847; † in Rottenburg am Neckar am 24. Februar 1903) war ein württembergischer Priester, Theologe, Regens des Rottenburger Priesterseminars, Domkapitular in Rottenburg, Vorstand des Sülchgauer Altertumsvereins, Landtagsabgeordneter und Mitglied der Deutschen Zentrumspartei.

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Stiegele wurde in Ravensburg am 2. Dezember 1847 als Sohn des Karl Johannes Stiegele, Oberamtsarzt in Ravensburg, und der Josephine Martin geboren. Er wurde römisch-katholisch getauft. Der Vater Johannes Stiegele wurde in Ingstetten am 27. Februar 1817 als Sohn des dortigen Sonnenwirts Andreas Stiegele geboren. Paul Stiegeles Mutter Genovefa Stiegele geb. Hartmann stammte aus dem Nachbarort Justingen (geb. 27. Oktober 1776). Ein Bruder des Vaters war der Opernsänger Johann Georg Stiegele; ein weiterer Bruder des Vaters, Friedrich Jakob Stiegele (1803–1855), war Oberamtsarzt in Bad Waldsee.

Grab der Familie Stiegele in Ravensburg

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stiegele besuchte die Volksschule und das Gymnasium (Lyzeum) in Ravensburg und das Gymnasium in Stuttgart, wo Verwandte von ihm wohnten. Er studierte in Tübingen seit 1865 katholische Theologie und war von 1865 bis 1869 Konviktuale des Wilhelmsstifts[1]. 1868 erhielt er den Preis der katholisch-theologischen Fakultät und 1870 den ersten homiletischen Preis.

Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die theologische und kirchenpolitische Prägung Stiegeles war bestimmt vom Ultramontanismus. Schon in seinem Elternhaus in Ravensburg verkehrten führende Ultramontane wie die Rottenburger Regenten Joseph Mast und Valentin Beron. Stiegeles Bruder Rudolph (* 1866) und drei seiner Cousins mütterlicherseits traten im nahen Feldkirch in den im Reich seit 1872 verbotenen und als ultramontan verpönten Jesuitenorden ein. Der frühere Jesuitenschüler und spätere Rottenburger Domkapitular Joseph Eisenbarth wurde Stiegeles engster Freund.

Nach der Ordination am 10. August 1870 war er Vikar in Biberach, seit 22. November 1870 Repetent am Bischöflichen Konvikt Rottweil.[2] Im Frühjahr 1875 machte er eine Reise nach Italien, wo er in Mailand auch seinen Onkel Johann Georg Stiegele besuchte. Nach seiner Rückkehr wurde er im August 1875 provisorisch und seit September 1876 definitiv Kaplan in Aulendorf. Ab 17. Oktober 1878 war er Pfarrer in Sulmingen. Am 26. September 1882 wurde er zum provisorischen und ab 5. Mai 1884 zum definitiven Regens des Priesterseminars Rottenburg ernannt. 1898 wurde Stiegele vom Domkapitel in Rottenburg in den Rat des Bischofs gewählt und war fortan Domkapitular.

Stiegele war Mitglied des Ausschusses zur Vorbereitung des Zweiten Katholikentags von Ulm am 8. und 9. Dezember 1901 und dort einer der Hauptredner[3].

Neben seinen geistlichen Aufgaben übernahm Stiegele weitere öffentliche Ämter: von 1899 bis 1903 war er Vorstand des Sülchgauer Altertumsvereins und als Vertreter des Vereins gleichzeitig ordentliches Mitglied der Württembergische Kommission für Landesgeschichte. Als Mitglied der Deutschen Zentrumspartei vertrat er vom 9. November 1898 bis zu seinem Tode das Bistum Rottenburg im württembergischen Landtag.

Stiegele verstarb in Rottenburg am Neckar am 24. Februar 1903 im Alter von 55 Jahren.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Tag nach seinem Tod verlieh ihm König Wilhelm das Ehrenkreuz des Ordens der württembergischen Krone, womit der Personaladel („Paul von Stiegele“) verbunden war[4].

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klosterbilder aus Italien. Stuttgart: Deutsches Volksblatt, 1881 (2. vermehrte Aufl. 1892, 3. vermehrte Aufl. 1893, 4. Aufl. 1925 mit vielen Abbildungen)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Claus Arnold, Katholische Milieus in Stadt und Land Oberschwabens um 1900. Adlige Damen, Modernisten und Lourdesgrotten. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 21 (2002), S. 219–239.
  • Angelika FoxPaul Stiegele. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 1445–1447.
  • Walter Gaus, Das Rottweiler Konvikt und seine Zöglinge zwischen 1824 und 1924. Bd. 1: [Darstellung]. Ostfildern: Thorbecke, 2014. Bd. 2: Lebensläufe der Konviktoren 1824–1924. Horb am Neckar: Gaus, 2015. CD-ROM.
  • August Hagen, Gestalten aus dem schwäbischen Katholizismus. Teil 2. Stuttgart: Schwabenverlag, 1955, S. 222–267.
  • Konrad Kümmel (Bearb.), Zweiter Katholikentag von Ulm: Vorgeschichte und Verhandlungen der allgemeinen Versammlung der Katholiken Württembergs zu Ulm am 8. und 9. Dez. 1901; sämtliche Reden nach stenographischer Wiedergabe im Wortlaut. Die angenommenen Resolutionen. Mit der Beilage auf Kunst-Druck-Papier: 14 Porträts des Präsidenten, der Vizepräsidenten und sämtlicher Redner. Stuttgart: Verlag der Aktien-Gesellschaft „Deutsches Volksblatt“, [1901], bes. S. 35–45.
  • Stephan Jakob Neher, Statistischer Personal-Katalog des Bisthums Rottenburg: Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum dieses Bisthums. Schwäbisch Gmünd: Schmid, 1878, S. 590.
  • Stephan Jakob Neher (Pfarrer), Personal-Katalog der seit 1813 ordinirten und in der Seelsorge verwendeten Geistlichen des Bisthums Rottenburg. 3. Aufl. Schwäbisch Gmünd: Joseph Roth’s Buchhandlung, 1894, S. 183.
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 899.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Staatsarchiv Ludwigsburg (STAL) E 216 Bü 81: Württembergische Kommission für Landesgeschichte, Ordentliche Mitglieder als Vertreter von Geschichtsvereinen 1891–1936. Darunter: Sülchgauer Altertumsverein: Stiegele, Paul, 1899–1903.

Fotos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Raberg 2001 S. 899; Hagen 1955 nach S. 222; Kümmel 1901; HSTA Stuttgart {J 300 Nr. 564}: Brustbild (auf Tafel mit Einzelporträts der württembergischen Landtagsabgeordneten im Jahr 1900)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Universitätsarchiv Tübingen (UAT), Studentenakte Bestellsignatur: 41/27,5.
  2. Vgl. Gaus 2014.
  3. Vgl. Kümmel 1902.
  4. Hagen 1955 S. 263.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anonym, Stiegele, Paul, ehemals auf Oberschwaben-Portal [1] (nicht mehr online)