Peter Schünemann (Schriftsteller)

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Peter Schünemann (* 25. April 1930 in Hamburg; † 1. Februar 2022[1] ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, der unter anderem zahlreiche Hörspiele und Autorenmonografien verfasst hat.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Peter Schünemann war der älteste Sohn der Lyrikerin Lotte Schünemann-Killian (1898–1975) und des Kaufmanns Franz Rudolf Schünemann (1897–1977). Er hatte einen Bruder und eine Schwester. Im Sommer 1943 zog die Mutter mit den drei Kindern aus dem durch Bombenangriffe (Operation Gomorrha) weitgehend zerstörten Hamburg nach Überlingen.[2] Peter Schünemann verbrachte seine restliche Schulzeit am Bodensee. Später war er als Verlagsbuchhändler und als Verlagslektor in München tätig. Für den Rundfunk verfasste er zunächst viele Hörspiele, später literaturgeschichtliche Sendereihen. Für seine Leistungen im Hörfunkjournalismus erhielt er 1965 einen Hörfunkpreis, den Kurt-Magnus-Preis der ARD. Er schrieb zahlreiche Monografien und Erzählungen über Dichterpersönlichkeiten. Schünemann war von 1993 bis 2013 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.[3] Er lebte als freier Schriftsteller in der niedersächsischen Stadt Otterndorf und zuletzt wieder in Hamburg. Er war verheiratet und hatte zwei Töchter.

Themenkreis „Biografie“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele Texte Schünemanns befassen sich mit dem Themenkreis Biografie. Er verfasste neben den Autorenmonografien über Gottfried Benn, Georg Heym, Georg Trakl und Robert Walser auch zahlreiche erdachte Lebensbilder von Dichtern; ebenso beschäftigte er sich mit dem Thema in literaturwissenschaftlichen Zeitschriften.[4] In den fiktionalen Porträts sind die Dichter unter außergewöhnlichen Titeln zu finden, die auch den kurzen Zeitabschnitt andeuten, der behandelt wird: Friedrich Hölderlin als Magister, Georg Trakl als der Medikamentenakzessist sowie Arthur Rimbaud als Handelsagent. Nur das Frontispiz des Buches Die Nacht klärt auf, dass mit dem Ich-Erzähler Heinrich von Kleist gemeint ist, dessen letzte Lebensstunden hier thematisiert werden. Die literaturwissenschaftlichen Monografien bringen in sehr gedrängter Form psychologische, künstlerische und historische Betrachtungsweisen zu den Porträtierten, doch tragen sie, meint das Kritische Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, deren „literarischen und lyrischen Werken wohl zu wenig Rechnung“.[5] Über die für den „Nicht-Literaturwissenschaftler“ nicht immer einfach zu lesenden Texte von Schünemanns Dichterbiografien urteilt das Lexikon, es befände sich in ihnen „in dichter Sprache verwahrt: ein Weltbild, das dechiffriert werden muß wie ein Photonegativ, entstanden aus vielfältigen Überblendungen von Geistesgeschichte und Einzelschicksal“.[6]

„Spur des Vaters“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beachtung[7] fand Schünemanns Buch Spur des Vaters (2001), das fünf Schriftsteller-Porträts enthält und in dem er darzulegen versuchte, welche Spuren die Väter von Johann Wolfgang von Goethe, Gottfried Benn, Gotthold Ephraim Lessing, Thomas Mann und Sigmund Freud in den literarischen Arbeiten der Söhne hinterlassen haben. Der jeweilige Ausgangspunkt ist für Schünemann nicht einfach nur die Gestalt des Vaters, „sondern sein Tod, der hier immer zugleich der – imaginäre, befürchtete oder ersehnte – Tod des Vater Gottes ist“.[8] In diesen Essays werden Leben und Sterben als ineinander verflochtene Vorgänge dargestellt, sprachlich sehr verdichtet und versetzt mit kenntnisreichen psychologischen, literarischen und biografischen Details, deren Überfülle aber auch Kritik hervorrief. Der Autor versuche „häufig, Synthesen herbeizuführen, indem er mehrere Metaphern oder Bilder ineinander fügt. Im Zusammenwirken mit anderen stilistischen Eigenheiten: sperrigen Parenthesen, überflüssigen Reihungen, Parallelismen, mehrfachen Attribuierungen, führt die Tendenz zur Metaphorisierung zu einer ‚Poetisierung‘ des Themas, wodurch sich die Texte fast zwangsläufig von ihrem meist erfreulich klar definierten Ausgangspunkt entfernen. So manche Passage bleibt deshalb unverständlich, weil sie syntaktisch und inhaltlich überladen ist“.[9]

Zitat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Man ermittle die Bilder nicht mehr, sondern reihe die tausend Spiegel aneinander, in denen sie sich gebrochen hätten, durchschneide die abertausend Augäpfel, die auf ihren Ursprung gestarrt, ihn gemalt, in zerbrechliche Noten gesetzt, zuboden geschrieben hätten.“[10]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher und Tonträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter den 29 Hörspielen, die Peter Schünemann schrieb und die gesendet wurden, befinden sich unter anderem:

Übersetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • William Faulkner: Als ich im Sterben lag. Roman. Aus dem Amerikanischen. Frankfurt, Suhrkamp 1963

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinrich Detering: Mein Sohn wird mich beweinen! In der Dunkelkammer: Peter Schünemanns Vater-Essays. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Februar 2002
  • Heinrich Detering: Gespräche über die Zeiten hinweg. Geschichtliche Erfahrung und poetische Askese: Peter Schünemanns Erzählungen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Dezember 2005
  • Angela Schader: Schünemann, Peter. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur – KLG. ISBN 978-3-88377-927-0
  • Albert von Schirnding: Der andere Trakl. In: Süddeutsche Zeitung vom 24. Oktober 1981

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Peter Schünemann auf deutscheakademie.de, abgerufen am 4. März 2022
  2. Zur Familiengeschichte: https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/1012767353/Sch%C3%BCnemann-Killian+Lotte+Karoline+Ellen
  3. https://www.deutscheakademie.de/de/akademie/mitglieder/peter-schuenemann/selbstvorstellung
  4. Zum Beispiel: Das Entschwinden der Biographie. Beobachtungen zum Werk Ernst Jüngers. In: TEXT+KRITIK. Zeitschrift für Literatur. Heft 105/106. 1990. ISBN 3-88377-359-X
  5. Angela Schader in: KLG
  6. Angela Schader in: KLG
  7. Außer in den in diesem Abschnitt zitierten Medien, zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung vom 21. August 2001
  8. Heinz Detering in: FAZ vom 15. Februar 2002
  9. Stefan Schank: Verwischte Spuren der Väter. In: www.literaturkritik.de. Nr. 1. 2003. Abgerufen am 2. Juli 2008
  10. Zitiert aus J. A. Rimbaud. Handelsagent. Berlin 1986. ISBN 3-922660-18-5