Plögerscher Gasthof

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Plögerscher Gasthof vor 1945

Der Plögersche Gasthof war ein um 1754 errichtetes Bauwerk an der heutigen Ecke Schloßstraße/Friedrich-Ebert-Straße in Potsdam, das seit 1819 als Kommandantur genutzt wurde. Das während der Kämpfe in der Stadt in den letzten Apriltagen des Jahres 1945 stark beschädigte Gebäude wurde 1958 abgerissen. Im Rahmen der Rekonstruktion zahlreicher bedeutender Gebäude in der Potsdamer Altstadt wird derzeit auch die Fassade des Plögerschen Gasthofs unter Verwendung von Spolien wiedererrichtet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bauwerk wurde 1754 durch den preußischen Baumeister Carl Ludwig Hildebrandt errichtet. Es reihte sich damit ein in eine Vielzahl von durch Friedrich II. in Auftrag gegebene Gebäude ein. Dieser bediente sich oft bereits bestehender Architektur, häufig aus Bänden, die ihm Francesco Algarotti zukommen ließ. Als Vorlage diente in diesem Fall der Palazzo Valmarana in Vicenza, der von Andrea Palladio entworfen worden war. Der Name Plögerscher Gasthof geht auf den „Gastwirt und Traiteur“ Johann Christoph Plöger zurück, der das Haus 1765 erwarb und einen Gasthof mit dem Namen Zum Prinzen von Preußen betrieb. Zu den bekannten Gästen zählten im Mai 1778 Herzog Carl-August von Sachsen-Weimar und sein Begleiter Johann Wolfgang von Goethe.[1]

Ab 1819 war das Gebäude Sitz der Potsdamer Kommandantur. Seit 1888 befand sich über dem Rundbogenportal ein Balkon. Den Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 hatte das Haus, abgesehen von Hitzerissen ohne „wesentlichen Einfluss“, überstanden, brannte jedoch bei den anschließenden Kämpfen um die Stadt aus. Dabei blieben der Figurenschmuck und die beiden Schaufassaden nahezu unbeschädigt erhalten.[2] Das Gebäude galt als „nicht mehr bewohnbar“, war weiterhin reparabel und stand unter Denkmalschutz. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit Denkmalpflegern und dann verworfenen Aufbauplänen beschloss der Rat der Stadt Potsdam am 18. Juni 1958 die Beseitigung der Ruine, da sie „eine ständige Gefahr für die werktätige Bevölkerung“ und den Straßenverkehr darstelle. Der Beschluss war auf Drängen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) erfolgt, deren Presse wochenlang „die Enttrümmerung der ehem. faschistischen Wehrmachtskommandantur“ feierte.[3] Nach dem Abriss entstand dort von 1971 bis 1977 ein neues Gebäude für das Institut für Lehrerbildung Potsdam, das seit 1991 von der Fachhochschule Potsdam genutzt wurde.

Mit der Rekonstruktion zahlreicher Gebäude in Potsdam – prominente Beispiele sind z. B. das von 2010 bis 2013 rekonstruierte Potsdamer Stadtschloss oder das 2017 wiedereröffnete Museum Barberini – wurde auch der Wiederaufbau des Plögerschen Gasthofs beschlossen. 2017 wurde mit dem Abriss des ehemaligen FH-Gebäudes aus DDR-Zeiten begonnen, der 2018 abgeschlossen wurde.[4] Danach wurde auf dem Gelände mit archäologischen Ausgrabungsarbeiten begonnen. Unter den Überresten des Plögerschen Gasthofs wurden neben Steinzeug aus dem 16. Jahrhundert auch Kellermauern der Vorgängerbauten entdeckt. Im Keller selbst wurden nur wenige Funde gemacht, was damit zusammenhängen könnte, dass der Plögersche Gasthof im Krieg nicht gänzlich zerstört wurde und viele Gegenstände vor der Sprengung im Jahr 1958 aus der Ruine geborgen wurden.[5]

Der Wiederaufbau wird durch die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG durchgeführt; die Planung erfolgte durch Jörg Springer. Am Bau des gesamten Blocks sind insgesamt sechs verschiedene Bauherren beteiligt, die aufgrund der räumlichen Gegebenheiten sowohl beim Aushub der Baugrube als auch beim Rohbau gemeinschaftlich zusammenarbeiten. Für den Plögerschen Gasthof ist eine kulturelle und gastronomische Nutzung geplant.[6] Im Obergeschoss sollen ein Veranstaltungsraum und Büroräume entstehen; unter dem Dach vier Maisonette-Wohnungen von jeweils ca. 100 Quadratmetern.[7]

Da die Friedrich-Ebert-Straße heute aufgrund der Straßenbahn breiter ist als sie es historisch war, wird auch beim Plögerscher Gasthof vom historischen Stadtgrundriss abgewichen. Das Gebäude rückt nach Osten und die ganze Parzelle wird nicht in ihrer Größe nach dem historischen Vorbild wieder entstehen – sie wird dann eine sogenannte gestauchte „Fuge“ besitzen.[8] Das benachbarte Acht Ecken Ensemble betrifft das ebenfalls.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der ursprüngliche Plögersche Gasthof war ein dreistöckiges, unterkellertes Gebäude. Von seinem Vorbild wich das Gebäude insofern ab, als dass der Palazzo Valmarana nur eine einzige straßenseitige Schaufassade besitzt, während es sich beim Plögerschen Gasthof um ein Eckhaus mit dementsprechend zwei Schaufassaden handelt. Das ursprüngliche Bauwerk wurde aus Mauerziegeln errichtet, wogegen die tragende Konstruktion der Rekonstruktion aus Stahlbeton besteht. Bei der Fassade kommen Spolien des ursprünglichen Bauwerks zum Einsatz.

Die Fassade wird durch vierzehn Pilaster vertikal gegliedert, davon acht an der der Schloßstraße zugewandten Fassade und sechs an der der Friedrich-Ebert-Straße zugewandten Fassade. Sie beginnen an der Unterkante der Fenster des erhöht liegenden Erdgeschosses und schließen auf Höhe der Oberkante der Fenster des ersten Stockwerks mit Kapitellen ab, deren Originale von den Bildhauern Johann Melchior Kambly und Matthias Müller geschaffen wurden.[9]

Die Attika des Gebäudes zieren acht von Johann Peter Benkert geschaffene Sandsteinfiguren, die Figuren der römischen und griechischen Mythologie darstellen. Nach dem Abriss der Ruine gelangten diese in den Park Sanssouci in ein eigens dafür angelegtes Rondell. Bei der Wiederaufstellung musste zunächst evaluiert werden, ob die Aufstellung auf dem Dach den Figuren auf Dauer nicht schade und einzelne Figuren möglicherweise doch durch Kopien ersetzt werden müssen. Die Figuren verkörpern typische gastliche Motive, die auf die frühere Nutzung des Gebäudes als Gasthof hinweisen, in dem gespeist, getrunken und getanzt wurde. So sind beispielsweise neben einem Musiker mit Flöte auch die Göttin der Baumfrüchte Pomona sowie die Göttin des Ackerbaus Ceres dargestellt.[10]

Ursprünglich stand eine von Gottlieb Heymüller geschaffene Legionärsfigur auf einem kleinen Podest an der Ecke des Gebäudes in Höhe des zweiten Stockwerks. Diese ist nicht erhalten und wurde durch eine Kopie ersetzt. Oberhalb der Fenster im Erdgeschoss befanden sich von Heymüller angefertigte Reliefs, die ebenfalls nicht erhalten sind und durch Nachbildungen ersetzt wurden.[10]

Den Schlussstein des Rundbogens am Hauptportal zierte ein Bacchuskopf, der noch im Original erhalten ist und wieder angebracht wurde. Dieser stammt von den Bildhauern Johann Melchior Kambly und Matthias Müller. Durch die Darstellung des Weingottes wird erneut ein Bezug zur Nutzung des Gebäudes als Gaststätte hergestellt.[6][10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Plögerscher Gasthof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans-Joachim Giersberg, Adelheid Schendel: Potsdamer Veduten. Stadt- und Landschaftsansichten vom 17.–20. Jahrhundert. Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1984, S. 33.
  2. Siehe: Potsdam, Kommandantur / Ruine 1958 bei AKG images, abgefragt am 16. Februar 2021.
  3. Zitate aus zeitgenössischen Dokumenten bei Hans Berg: Die verlorene Potsdamer Mitte. Eigenverlag, Berlin 1999, S. 23–27.
  4. Peer Straube: Fachhochschule in Potsdam ist weg. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 16. August 2018, abgerufen am 13. Februar 2022.
  5. Grabung unter dem Plögerschen Gasthof. In: Märkische Allgemeine. 7. März 2020, abgerufen am 13. Februar 2022.
  6. a b Peer Straube: Baustart für neues Karree am Alten Markt. Potsdamer Neueste Nachrichten. 6. Oktober 2020, abgerufen am 13. Februar 2022.
  7. Potsdam: „My Keng“-Betreiber eröffnet neues Restaurant in rekonstruiertem Barock-Palais In: Märkische Allgemeine. 12. Januar 2024, abgerufen am 21. April 2024.
  8. Los #9 potsdamermitte.de 3. Oktober 2021, abgerufen am 20. Juni 2022.
  9. Heinrich Ludwig Manger: Baugeschichte von Potsdam. 1789, S. 185–187.
  10. a b c Peter Degener: Acht barocke Figuren für den Steubenplatz. In: Märkische Allgemeine. 9. Januar 2019, abgerufen am 13. Februar 2022.

Koordinaten: 52° 23′ 44,8″ N, 13° 3′ 33,3″ O