Polarzerlegung

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Polarzerlegung ist ein Begriff aus der linearen Algebra und Funktionalanalysis, beides Teilgebiete der Mathematik. Er bezieht sich auf eine spezielle Zerlegung in ein Produkt von Matrizen mit reellen oder komplexen Einträgen, und in Verallgemeinerung von linearen Operatoren auf einem Hilbert-Raum. Die Polarzerlegung von Matrizen und Operatoren verallgemeinert die Polarzerlegung einer nichtverschwindenden komplexen Zahl in das Produkt ihres Betrags und einer Zahl auf dem komplexen Einheitskreis, mit dem Argument von , also .

Polarzerlegung reeller oder komplexer Matrizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ist eine quadratische Matrix, so bezeichnet man als (rechte) Polarzerlegung eine Faktorisierung

,

wobei

Ist invertierbar, so ist die Zerlegung eindeutig, positiv definit und bzw. sind die orthogonalen bzw. unitären Matrizen mit dem geringsten bzw. größten Abstand zu .

Berechnung der Polarzerlegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die reellen Methoden sind ein Spezialfall der komplexen, wobei die adjungierte Matrix dann gleich der transponierten Matrix ist.

Über die Singulärwertzerlegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Singulärwertzerlegung

kann man die Polarzerlegung als

und

bestimmen.

Als iterative Bestimmung des symmetrischen Faktors[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Matrix kann als die eindeutig bestimmte positiv semidefinite Quadratwurzel von

bestimmt werden. Dazu kann das Heronsche Wurzelverfahren verallgemeinert werden zu

und .

Ist invertierbar, so konvergiert das Verfahren mit Grenzwert und .

Als iterative Bestimmung des orthogonalen Faktors[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein anderes aus dem Heronschen Wurzelziehen abgeleitetes Verfahren bestimmt den unitären Faktor als Grenzwert der Rekursion

und .

Diese ist lokal quadratisch konvergent. Zur Beschleunigung der globalen Konvergenz, insbesondere falls alle Singulärwerte von sehr groß oder alle sehr klein sind, reskaliert man die Iteration zu

,

wobei nahe dem geometrischen Zentrum der Singulärwerte von liegen sollte und durch Kombinationen verschiedener Matrixnormen von und deren Inverser geschätzt werden kann.[1][2] Vorgeschlagen wurden unter anderem die Faktoren

mit den Zeilen- und Spaltensummennormen sowie

mit der Frobeniusnorm.

Polarzerlegung von Operatoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine (linke bzw. rechte) Polarzerlegung eines stetigen linearen Operators auf einem Hilbertraum, das heißt , ist eine der folgenden multiplikativen Zerlegungen:

.

Hier sind und positive Operatoren, die mittels des stetigen Funktionalkalküls gebildet werden, und ist eine partielle Isometrie, das heißt . Zu jedem stetigen linearen Operator auf einem Hilbertraum existiert eine solche Polarzerlegung. Statt schreibt man auch . Wenn invertierbar ist, so auch und ist unitär.

Anwendungsbeispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Kontinuumsmechanik findet die „polare Zerlegung“ des Deformationsgradienten eine Anwendung in der Beschreibung von Deformationen und den daraus definierten Verzerrungstensoren.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. Rudin: Functional Analysis, 2. Auflage, McGraw-Hill, 1991, S. 330–333.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nicholas J. Higham: Computing the polar decomposition with applications. In: SIAM J. Sci. Stat. Comput. 7. Jahrgang, Nr. 4. Society for Industrial and Applied Mathematics, 1986, ISSN 0196-5204, S. 1160–1174, doi:10.1137/0907079.
  2. Ralph Byers, Hongguo Xu: A New Scaling for Newton’s Iteration for the Polar Decomposition and its Backward Stability. In: SIAM J. Matrix Anal. Appl. 30. Jahrgang, Nr. 2. Society for Industrial and Applied Mathematics, 2008, ISSN 0895-4798, S. 822–843, doi:10.1137/070699895.