Polyfluorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane

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Allgemeine Struktur von Dibenzo-p-dioxinen
Allgemeine Struktur von Dibenzofuranen

Polyfluorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PFDD/PFDF) sind eine Gruppe von Chemikalien, deren Struktur den polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen entspricht. Sie wurden bisher nicht in Umweltproben nachgewiesen, ihre Entstehung bei Verbrennungsprozessen gilt als wenig wahrscheinlich. Im Tierversuch fielen ihre Anreicherung im Thymus sowie der im Vergleich zu anderen Dioxinen rasche Abbau auf.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polyfluorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane konnten im Labor durch die Pyrolyse von Fluorphenolen und Fluorbenzolen hergestellt werden. Beim Verbrennen von Teflon und teflonhaltigen Materialien konnte keine Bildung von PFDD/PFDF festgestellt werden. Auch beim Erhitzen von Trichlorfluormethan in Anwesenheit eines Katalysators entstanden keine fluorierten Dioxine oder Furane.[1] In einer anderen Studie wurde gezeigt, dass die Gesamtkonzentration von PFDD im Verbrennungsgas 1,0–2,1 ng/m3 erreicht, wenn Abfälle, die fluororganische Verbindungen enthalten, in einer Verbrennungsanlage im Labormaßstab oxidativ verbrannt werden.[2]

Bei der Untersuchung von Fluorphenolen wurden PFDD/PFDF-Konzentrationen von 0,45 bis 120 μg/kg gefunden.[3]

In der Flugasche von Müllverbrennungsanlagen konnten keine fluorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane nachgewiesen werden. Eine „de novo Synthese“ bei Verbrennungsprozessen in Anwesenheit von Kohlenstoffverbindungen und Fluor-Salzen gilt als unwahrscheinlich. Verbindungen zwischen Kohlenstoff- und Fluoratomen entstehen erst bei Temperaturen oberhalb von 900 °C, bei diesen Temperaturen werden Dioxine aber bereits wieder zersetzt.[1]

Im Filterstaub einer Aluminiumschmelze, die Freon12 verwendete, wurden chloriert-fluorierte (mischhalogenierte) Dibenzofurane und Biphenyle gefunden. Das Verfahren wurde nach dem FCKW-Verbot 1992 umgestellt.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Moleküle fluorierter Dibenzodioxine und Dibenzofurane sind etwas kleiner als die der chlorierten Dioxine und Furane, da das Fluoratom einen geringeren Van-der-Waals-Radius hat (1,35 Å) als das Chloratom (1,8 Å).[4] Bei der Analyse mit einem Gaschromatographen durchlaufen fluorierte Dibenzodioxine und -furane die Trennsäule schneller als chlorierte PCDD/PCDF. Als Ursache dafür gilt die geringe Polarisierbarkeit des Fluor-Atoms.[1]

Toxikologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Tierversuch konnten Mäuse injiziertes 2,3,7,8-Tetrafluordibenzodioxin (2,3,7,8-TFDD) sehr schnell abbauen. Dabei fiel auf, dass der Abbau in zwei Phasen erfolgte: aus dem Blut verschwand das 2,3,7,8-TFDD in der „schnellen Phase“ mit einer Halbwertszeit von 5 Minuten, in der darauffolgenden „langsamen Phase“ sank die Konzentration mit einer Halbwertszeit von 165 Minuten. Auch in der Leber ging die Konzentration von 2,3,7,8-TFDD in zwei Phasen zurück, hier betrug die Halbwertszeit der „langsamen Phase“ etwa 4,5 Stunden. Die „schnelle Phase“ geht möglicherweise auf die Einlagerung im Fettgewebe zurück, die „langsame Phase“ deutet auf einen Abbau durch den Stoffwechsel. Die Halbwertszeit für den Abbau des chlorierten 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin liegt dagegen bei 8,5 Tagen.[1]

Bei Versuchen an Ratten-Leberzellen hatte 2,3,7,8-Tetrafluordibenzodioxin bei ähnlichen Konzentrationen eine erkennbare Wirkung (EC50) wie sein chloriertes Gegenstück 2,3,7,8-TCDD. Die geringere Stabilität in Blut und Leber deutet aber darauf hin, dass 2,3,7,8-TFDD weniger gefährlich ist als 2,3,7,8-TCDD.[1]

Bei der Ratte reichern sich die 2,3,7,8-substituierten PFDD/PFDF, anders als die chlorierten Gegenstücke, im Thymus an. Das deutet auf eine mögliche immunsuppressive Wirkung.[5]

Die Exposition gegenüber PFDD kann den Gehalt an Antioxidantien signifikant hemmen und die Lipidperoxidation verstärken. Die Toxizität der PFDD-Kongenere variiert mit der Anzahl und der Position der Fluoratome.[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e R. Weber, D. Schrenk, H.-J. Schmitz, A. Hagenmaier, H. Hagenmaier: Polyfluorinated Dibenzodioxins and Dibenzofurans – Synthesis, Analysis, Formation and Toxikology, Chemosphere, 1995, Vol. 30, Nr. 4, S. 629–639; PMID 7889348.
  2. S. Sakai et al.: Thermal behavior of chlorofluorocarbons (CFCs) and formation of PCDDs/PCDFs & PFDDs/PFDFs, 1995 (PDF).
  3. a b Roland Weber, Hanspaul Hagenmaier: Synthesis and analysis of mixed chlorinated-fluorinated dibenzo-p-dioxins and dibenzofurans and assessment of formation and occurrence of the fluorinated and chlorinated-fluorinated dibenzo-p-dioxins and dibenzofurans. In: Chemosphere. Band 34, Nr. 1, 1997, S. 13–28, doi:10.1016/S0045-6535(96)00364-5.
  4. R. Weber, H.-J. Schmitz, D. Schrenk, H. Hagenmaier: Metabolic degradation, inducing potency, and metabolites of fluorinated and chlorinated-fluorinated dibenzodioxins and dibenzofurans. In: Chemosphere. Band 34, Nr. 1, 1997, S. 29–40, doi:10.1016/S0045-6535(96)00365-7, PMID 9011028.
  5. Dorte Herzke, Renate Thiel, Wolfgang D. Rotard, Diether Neubert: Kinetics and organotropy of some polyfluorinated dibenzo-p-dioxins and dibenzofurans (PFDD/PFDF) in rats. In: Life Sciences. Band 71, Nr. 13, 2002, S. 1475–1486, doi:10.1016/S0024-3205(02)01924-0, PMID 12127903.
  6. Chenguang Li, Li Qin, Ruijuan Qu, Ping Sun, Zunyao Wang: Responses of antioxidant defense system to polyfluorinated dibenzo-p-dioxins (PFDDs) exposure in liver of freshwater fish Carassius auratus. In: Ecotoxicology and Environmental Safety. Band 126, 1. April 2016, S. 170–176, doi:10.1016/j.ecoenv.2015.12.036.