Priesterseminar St. Pölten

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Das Priesterseminar St. Pölten der Diözese St. Pölten bestand ab 1785/1791 im Alumnat St. Pölten in St. Pölten in Niederösterreich. Es wurde 2004 nach einem Skandal geschlossen.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1767 wurde im Schloss Heiligenkreuz in Gutenbrunn erstmals ein Theologiestudium der Diözese errichtet. 1785 wurde der Pastorallehrgang in der Wiener Straße 38 in St. Pölten eröffnet, der 1791 zur philosophisch-theologischen Lehranstalt wurde.[3]

Am 30. Oktober 2003 wurde der St. Pöltner Priesteramtsanwärter Ewald S. ertrunken in der Donau bei Wien aufgefunden. Der Fall blieb ungeklärt.[4][5]

Im November 2003 wurde festgestellt, dass über Computer des Seminars pornografische Seiten abgerufen worden waren. Die Staatsanwaltschaft wurde involviert, sie konnte im Frühjahr 2004 das Herunterladen von kinderpornografischem Material nachweisen. Der Besitzer der Kinderpornos, ein Priesteramtsanwärter, wurde rechtskräftig zu einer halbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.[6]

Im Sommer 2004 stellte die Staatsanwaltschaft im Zuge dieser Ermittlungen Fotos auf privaten Computern sicher,[7] die legale homosexuelle Handlungen der Seminarregenten Wolfgang F. Rothe und Ulrich Küchl mit Seminaristen zeigten. Die Fotos wurden an Medien gespielt und von profil veröffentlicht.[8] In der folgenden Berichterstattung wurden verschiedene Vorwürfe erhoben. Für die Öffentlichkeit illustrierten sie, wie weit die katholische Lehre und die gelebte Praxis im Priesterseminar auseinanderklafften.[9]

Am 21. Juli 2004 wurde Bischof Klaus Küng, zu diesem Zeitpunkt noch Bischof von Feldkirch, vom Papst zum Apostolischen Visitator ernannt, um Vorgänge im Priesterseminar St. Pölten zu untersuchen.[10] Der zurückgetretene Subregens Rothe warf Küng später einen versuchten sexuellen Übergriff gegen seine Person vor, die Kongregation für die Bischöfe stufte die Vorwürfe „nach eingehendem Studium“ als haltlos ein.[11][12] Nachdem Rothe in seinem 2021 im Droemer Verlag erschienenen Buch „Missbrauchte Kirche“ die Vorwürfe erneuert hatte, verklagte Küng den Verlag, zog seine Klage jedoch zurück, nachdem er in erster und zweiter Instanz unterlegen war.[13]

Seit Beginn des Studienjahres 2012/13 leben die Seminaristen der Diözese St. Pölten im Wiener Priesterseminar und studieren an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pornoskandal: Vatikan macht Priesterseminar St. Pölten dicht. In: Der Spiegel. 12. August 2004, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. November 2023]).
  2. Priesterseminar St. Pölten: Neue Nutzung nach Skandal. 27. August 2019, abgerufen am 5. November 2023.
  3. a b Geschichte des Theologiestudiums St. Pölten. Abgerufen am 26. Januar 2022.
  4. Erich Wiedemann: Ungeregelter Genuss. Der Spiegel 30/2004, Abruf am 26. Januar 2021
  5. Mord im Priesterseminar? Polizei ermittelt seit Oktober vergangenen Jahres. News, 15. Juli 2004. Abruf am 28. Jänner 2021
  6. Andreas Englisch: Benedikt XVI.: Der deutsche Papst. Bertelsmann Verlag 2011. ISBN 3570100197
  7. "Thema" am 5. Juli im ORF: Kinderpornos im Priesterseminar? Abgerufen am 26. Januar 2022.
  8. Kirchenskandal: Götterdämmerung Die Sexaffäre in St. Pölten weitet sich aus (Memento vom 25. Juli 2018 im Internet Archive)
  9. Klassisches Eigentor > Homopoliticus. In: Homopoliticus. 1. Januar 2006, abgerufen am 26. Januar 2022 (deutsch).
  10. Dazu die Süddeutsche Zeitung am 16. Juli 2004: Im Priesterseminar St. Pölten sind Tausende Pornophotos auf Computern gefunden worden, die teilweise wegen Kindsmissbrauchs auch strafrechtlich zu bewerten sind; die Leiter des Hauses sind in kompromittierenden Szenen mit ihren Schützlingen dokumentiert.
  11. Bischof Küng weist Vorwurf sexuellen Übergriffs zurück. ORF vom 25. Januar 2020
  12. Rom: Anschuldigungen gegen Altbischof Küng haltlos. In: dsp.at. Diözese St. Pölten, abgerufen am 14. September 2020.
  13. OLG Wien weist Klage von Bischof Küng gegen Buch von Wolfgang Rothe ab. Abgerufen am 30. April 2022.