Ethylamin

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Strukturformel
Strukturformel von Ethylamin
Allgemeines
Name Ethylamin
Andere Namen
  • Ethanamin (IUPAC)
  • Aminoethan
  • Monoethylamin
  • MEA
  • R631
Summenformel C2H7N
Kurzbeschreibung

farbloses Gas mit stechendem, aminartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 75-04-7
EG-Nummer 200-834-7
ECHA-InfoCard 100.000.759
PubChem 6341
ChemSpider 6101
Wikidata Q411119
Eigenschaften
Molare Masse 45,08 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte

2,162 g·m−3 (0 °C, 1013 mbar)
0,6867 kg·l−1 (flüssig am Siedepunkt)[2]

Schmelzpunkt

−81 °C[2]

Siedepunkt

16,6 °C[2]

Dampfdruck
  • 1144 hPa (20 °C)[2]
  • 1700 hPa (30 °C)[2]
  • 3231 hPa (50 °C)[2]
pKS-Wert

10,65 (25 °C, konjugierte Säure)[3]

Löslichkeit

beliebig mischbar in Wasser, Ethanol und Diethylether[1]

Brechungsindex

1,3663[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 220​‐​280​‐​332​‐​319​‐​335
P: 210​‐​261​‐​305+351+338​‐​410+403[2]
MAK
  • DFG: 9,4 mg·m−3 oder 5 ppm[2]
  • Schweiz: 5 ml·m−3 bzw. 9 mg·m−3[6]
Toxikologische Daten
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−47,5 kJ/mol[7]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Ethylamin ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der aliphatischen primären Amine. Es kommt als 50 bzw. 70%ige wässrige Lösung in den Handel. Ethylamin ist ein wichtiges Zwischenprodukt der Chemischen Industrie.

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die großtechnische Herstellung von Ethylamin erfolgt durch Umsetzung von Ethanol mit Ammoniak bei Temperaturen von 180–220 °C und Drücken von 20–70 bar in Gegenwart von Wasserstoff an einem kupfer-, nickel- oder kobalthaltigen Katalysator, welcher mit Metalloxiden wie Siliciumdioxid oder Aluminiumoxid geträgert ist. Die komplette Reaktion läuft dabei bevorzugt in der Gasphase in Rohr- oder Rohrbündelreaktoren ab. Der Katalysator wird dabei als Festbett angeordnet.[8]

Aminierung von Ethanol mit Ammoniak zu Ethylamin in Gegenwart eines Katalysators
Aminierung von Ethanol mit Ammoniak zu Ethylamin in Gegenwart eines Katalysators

Als Nebenprodukte werden neben Wasser auch noch Diethylamin und Triethylamin gebildet, die durch mehrstufige Destillation unter Druck in Rektifikationskolonnen abgetrennt werden müssen.

Ethylamin kann auch durch katalytische Hydrierung von Acetonitril, Acetamid oder Nitroethan hergestellt werden. Des Weiteren ergibt die Umsetzung von Ethen mit Ammoniak unter Basenkatalyse (z. B. Natriumamid) ebenfalls Ethylamin. Außerdem kann Ethylamin durch nucleophile Substitution von Halogenalkanen (wie z. B. Chlorethan oder Bromethan) mit Ammoniak unter Verwendung einer starken Base wie Kaliumhydroxid synthetisiert werden. Diese Verfahren sind jedoch nicht wirtschaftlich und finden daher keine großtechnische Anwendung.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Physikalische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ethylamin hat einen Schmelzpunkt von −81 °C und einen Siedepunkt von 16,6 °C. Die kritische Temperatur beträgt 183,4 °C, der kritische Druck 56,3 bar und die kritische Dichte 0,248 g/cm³. Der Flammpunkt liegt bei −37 °C und die Zündtemperatur bei 385 °C. Bei 20 °C weist Ethylamin einen Dampfdruck von 1,144 bar auf.[2]

Chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ethylamin gehört zur Stoffgruppe der aliphatischen Amine und liegt bei Raumtemperatur als farbloses Gas mit aminartigem Geruch vor. Das extrem entzündbare Gas bildet mit Luft explosive Gemische und ist schwerer als Luft. In Wasser löst es sich unter Hydrolyse. Die Lösungen von Ethylamin reagieren stark alkalisch. Von diesem Stoff gehen ebenfalls akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus. Durch Reaktion mit anderen Stoffen kann es zur Bildung von nitrosen Gasen kommen. Ethylamin wirkt auf verschiedene polymerisierbare Substanzen als Initiator.[2]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ethylamin ist ein vielseitiges Zwischenprodukt der chemischen Industrie mit verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten. Die Hauptanwendung von Ethylamin ist die Weiterverarbeitung zu Pflanzenschutzmitteln (z. B. Atrazin und Simazin). Monoethylamin findet außerdem Anwendung bei der Herstellung von Bergbauchemikalien wie Flotationsmittel (z. B. Isopropylethylthiocarbamat) sowie bei der Produktion von Polyurethanschaumstoffen als Verkettungsstopper zur Steuerung des Polymerisierungsvorgangs.[9] Es ist Ausgangsstoff für die Synthese von Farbstoffen, Pharmazeutika und Herbiziden.[1]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ethylamin ist ein extrem entzündbares Gas, welches mit Luft explosive Gemische bildet. Es wird hauptsächlich durch den Atemtrakt aufgenommen. Des Weiteren wird eine gute Resorption über die Schleimhäute und die Haut vermutet. Nach Aufnahme des Gases ist eine stark reizende bis ätzende Wirkung auf Schleimhäute und Haut zu erwarten, chronisch kann es zu irritativen Wirkungen auf die Schleimhäute sowie zu Störungen des Allgemeinbefindens kommen. Reproduktionstoxizität, Mutagenität und Kanzerogenität wurden in Tests nicht bestätigt, jedoch kann Ethylamin mit anderen Stoffen zu kanzerogenen Verbindungen reagieren. Ethylamin weist eine untere Explosionsgrenze von 3,50 Vol.-% bei 65 g·cm−3 und eine obere Explosionsgrenze von 14,0 Vol.-% bei 260 g·cm−3 auf. Die Zündtemperatur beträgt 385 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2. Mit einem Flammpunkt von −37 °C gilt Ethylamin als extrem leicht entflammbar.[2]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Eintrag zu Ethylamin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 6. Dezember 2018.
  2. a b c d e f g h i j k l m n Eintrag zu Ethylamin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 6. Dezember 2018. (JavaScript erforderlich)
  3. W. M. Haynes (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 97. Auflage. (Internet-Version: 2016), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Dissociation Constants of Organic Acids and Bases, S. 5-91.
  4. Eller, Karsten; Henkes, Erhard; Rossbacher, Roland; Höke, Hartmut: Amines, Aliphatic. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2000, ISBN 978-3-527-30673-2, doi:10.1002/14356007.a02_001.
  5. Eintrag zu Ethylamine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte, abgerufen am 28. August 2019.
  7. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-23.
  8. Patent EP2782898B1: Verfahren zur Herstellung von Ethylaminen und Mono-iso-propylamin (MIPA). Angemeldet am 13. November 2012, veröffentlicht am 21. Oktober 2015, Anmelder: BASF SE, Erfinder: Norbert Asprion et al.
  9. BASF SE: Ethylamin. In: BASF Produktsuche. BASF SE, abgerufen am 6. Dezember 2018.