Ralf Wienrich

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Ralf Wienrich 2002 während einer Produktion mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg in Berlin

Ralf Wienrich (* 1967 in Dresden) ist ein deutscher Komponist und Musikproduzent.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ralf Wienrich studierte Komposition und Klavier an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar bei Wolf-Günter Leidel und anschließend Filmmusik an der Filmakademie Baden-Württemberg bei Cong Su. Während des Studiums widmete er sich hauptsächlich der Komposition und Orchestration für sinfonische Besetzungen, was sich u. a. in seiner Bearbeitung von Puccinis Operneinakter Suor Angelica für Kammerorchester und der sinfonischen Dichtung Eine Pilgerfahrt zeigt (beides in Weimar aufgeführt). Bereits für seine erste Filmmusik zum Kurzfilm Das Leben danach – Himmlische Aussichten wurde er mit dem Rolf-Hans Müller Preis für Filmmusik ausgezeichnet. Die Komödie Rochade, eine weitere Zusammenarbeit mit Regisseur Thorsten Schmidt, erhielt 1998 den Student Academy Award in der Kategorie „Bester ausländischer Film“.

In den ersten Jahren nach dem Studium orientierte er sich an dem, was oft als Hollywood Sound bezeichnet wird, einer Musik für opulent besetztes Orchester, beeinflusst von Spätromantik, Impressionismus und Klassischer Moderne. Dies kommt besonders in seinen Arbeiten zu Detlev Bucks Liebe deine Nächste!, der irischen Produktion Love & Rage sowie dem von Volker Engel produzierten amerikanischen Abenteuerfilm Coronado zum Ausdruck.

1999 spielte Till Brönner seine mit Elementen des Modern Jazz durchsetzte Musik zum Film Mein Bruder, der Idiot ein. Dies war die erste Zusammenarbeit mit Regisseur Kai Wessel, welche in den folgenden Jahren immer wieder zu ungewöhnlichen Musikkonzepten führte. Zum Beispiel bei der zwischen Zirkusfanfaren und Melodram changierenden Kammermusik zu Goebbels und Geduldig (eingespielt vom ensemble KONTRASTE unter Frank Strobel), der mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg aufgenommenen neoimpressionistischen Musik zum Film Leben wäre schön oder auch der einzig auf einer Zither realisierten Musik zu Alles Liebe (interpretiert von Georg Glasl).

Ab 2002 setzte, nicht zuletzt unter dem ästhetischen und ökonomischen Druck der allgegenwärtigen Digitalisierung, eine Abwendung von rein orchestralen Studioproduktionen ein, in deren Folge er immer häufiger Techniken des Sounddesign mit denen des traditionellen Komponierens mischte.

Im Oktober 2004 schrieb und produzierte er die Musik zur ZDF-Produktion LiveMovie – Feuer in der Nacht, einem mit 18 Kameras an verschiedenen Drehorten in Echtzeit erzählten Fernsehspiel. Er vertonte mehrere Folgen der bei Publikum und Kritik beliebten Reihen Bella Block (u. a. mit den Regisseuren Christian von Castelberg und Rainer Kaufmann) sowie Spreewaldkrimi (u. a. mit den Regisseuren Thomas Roth und Roland Suso Richter).[1][2][3][4] Für drei dieser Folgen wurde er zweimal für den Deutschen Fernsehpreis nominiert.

2014 erhielt er den Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen für seine Musik zum Film Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze. Am Beginn ihrer Beziehung singt Irene ihrem Geliebten Gottfried das sorbische Volkslied Schylila jo se jarobinka. Ralf Wienrich greift dieses Lied in der Filmmusik auf, um es parallel zum ökonomischen, psychischen und schließlich seelischen Niedergang der Hauptfigur einer adäquaten Metamorphose zu unterziehen. Erklingt es in der anfänglichen Liebesszene noch rein und unbedarft, in seiner ursprünglichen Tonalität, wird es nach und nach in immer dunkler werdenden Kirchentonarten dekliniert, um sich am Ende, kaum noch erkennbar, in Oliver Messieans begrenzt transponierbaren Skalen aufzulösen. Dieser Film über das unaufhaltsame Irrewerden eines ostdeutschen Modernisierungsverlierers erreichte trotz seiner gewagt verschachtelten Erzählweise bei der Erstausstrahlung 6,3 Millionen Zuschauer und hat zahlreiche Nominierungen und Preise erhalten.

2005 erhielt er den Auftrag, eine Orchestermusik zur offiziellen Feier des Tages der Deutschen Einheit zu komponieren. Er ist Mitglied der Deutschen Filmakademie.

2014 bei der Preisverleihung der Deutschen Akademie für Fernsehen

Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel Regisseur Produktion Bemerkung
1995 Das Leben danach – Himmlische Aussichten Thorsten Schmidt, Jörg Lühdorff Filmakademie Baden-Württemberg Deutsches Filmorchester Babelsberg
1997 Rochade Thorsten Schmidt Filmakademie Baden-Württemberg Deutsches Filmorchester Babelsberg
1998 Zita – Geschichten über Todsünden Christian Wagner Filmakademie Baden-Württemberg
1998 Misguided Angel Stefan Jäger handsUP! Film Production Carsten Hennig (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
1998 Kidnapping Mom & Dad Kai Wessel ProSieben Deutsches Filmorchester Babelsberg
1998 Liebe deine Nächste! Detlev Buck Boje Buck Produktion Stefan Fischer (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
1999 Tödliche Schatten Diethard Klante ARD/SWR Deutsches Filmorchester Babelsberg
1999 Schnee in der Neujahrsnacht Thorsten Schmidt UFA, Buena Vista Pictures Deutsches Filmorchester Babelsberg
2000 Sind Sie Luigi? Stephan Brüggenthies Moving Records
2000 Mein Bruder, der Idiot Kai Wessel ZDF Till Brönner (Trompete), Matthias Bätzel (Piano), Manfred Bründl (Bass)
2000 Love & Rage Cathal Black J&M Entertainment Deutsches Filmorchester Babelsberg
2000 Hat er Arbeit? Kai Wessel ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg
2001 Im Namen der Gerechtigkeit Stefan Jäger Zodiac Pictures International Sebastian Krahnert (Dirigent), Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
2002 Goebbels und Geduldig Kai Wessel ARD/SWR ensemble KONTRASTE, Frank Strobel (Dirigent)
2003 Coronado Claudio Fäh Uncharted Territory Deutsches Filmorchester Babelsberg
2003 Die Frau des Architekten Diethard Klante ARD/MDR Markus Stockhausen (Trompete), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2003 Leben wäre schön Kai Wessel ARD/BR Deutsches Filmorchester Babelsberg
2004 Bella Block: Die Freiheit der Wölfe Christian von Castelberg ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg
2004 Livemovie – Feuer in der Nacht Kai Wessel ZDF
2005 Die glücklichsten Menschen der Welt Shaheen Dill-Riaz ZDF
2005 Bella Block: Die Frau des Teppichlegers Kai Wessel ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg
2006 Das Geheimnis im Moor Kai Wessel ZDF
2006 Bella Block: Das Glück der Anderen Christian von Castelberg ZDF
2006 Bella Block: Blackout Rainer Kaufmann ZDF Sebastian Studnitzky (Trompete)
2007 Der geheimnisvolle Schatz von Troja Dror Zahavi Sat.1 Jörg Lemberg (Mitautor), Eckart Gadow (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2007 Duell in der Nacht Matti Geschonneck ZDF Sebastian Studnitzky (Trompete)
2008 Im Gehege Kai Wessel ZDF
2008 Braams – Kein Mord ohne Leiche Sven Taddicken ZDF
2010 Alles Liebe Kai Wessel ARD/BR Georg Glasl (Zither)
2010 Der Uranberg Dror Zahavi ARD/MDR Jörg Lemberg (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2011 Spreewaldkrimi – Die Tränen der Fische Thomas Roth ZDF
2011 Polizeiruf 110: ...und raus bist du! Christian von Castelberg ARD/NDR Eckart Gadow (Mitautor)
2012 Mord in Ludwigslust Kai Wessel ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg
2012 Polizeiruf 110 – Einer trage des anderen Last Christian von Castelberg ARD/NDR Eckart Gadow (Mitautor)
2012 Lena Fauch und die Tochter des Amokläufers Kai Wessel ZDF Eckart Gadow (Mitautor)
2012 Spreewaldkrimi – Feuerengel Roland Suso Richter ZDF
2013 Lena Fauch – Gefährliches Schweigen Johannes Fabrick ZDF Eckart Gadow (Mitautor)
2014 Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze Kai Wessel ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg
2014 Die Toten von Hameln Christian von Castelberg ZDF
2014 Lena Fauch – Vergebung oder Rache Johannes Fabrick ZDF Eckart Gadow (Mitautor)
2015 Pampa Blues Kai Wessel ARD/SWR Titus Wolfe (Mitautor, Gesang, Gitarre)
2015 Frau Roggenschaubs Reise Kai Wessel ZDF Giovanni Weiss (Mitautor, Gitarre), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2015 Lena Fauch – Du sollst nicht töten Martin Weinhart ZDF
2016 Power to Change – Die EnergieRebellion Carl-A. Fechner fechnerMEDIA Prager Symphonieorchester, Eckart Gadow (Mitautor)
2017 Spreewaldkrimi – Zwischen Tod und Leben Kai Wessel ZDF Deutsches Filmorchester Babelsberg

Diskografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

CDs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1998: Liebe deine Nächste! – Motor Music/Boje Buck
  • 2004: Coronado – Jerktone Music
  • 2015: Pampa Blues – Score And More Music
  • 2017: Spreewaldkrimi – Die Filmmusiken – Alhambra Records
  • 2017: Spreewaldkrimi – Die Filmmusiken Vol. 2 – Zwischen Tod und Leben – Alhambra Records

DVDs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dies ist der beste Fernsehkrimi des Jahres. Elmar Krekeler am 12. Mai 2014 auf welt.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  2. Lodernder Wahnsinn. David Denk am 12. Mai 2014 auf süddeutsche.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  3. Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze. Tilmann P. Gangloff am 12. Mai 2014 auf fr-online.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  4. Der Nebel bleibt undurchdringlich. Heike Hupertz am 13. November 2017 auf faz.net. Abgerufen am 19. April 2018.
  5. Deutscher Filmmusikpreis für "Tatort" und "Spreewaldkrimi" (Memento vom 27. Oktober 2018 im Internet Archive). Artikel vom 26. Oktober 2018, abgerufen am 27. Oktober 2018.
  6. Frauenpower beim Deutschen Filmmusikpreis. Artikel vom 26. Oktober 2018, abgerufen am 27. Oktober 2018.