Ralph T. Niemeyer

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Ralph Thomas Niemeyer (* 9. Oktober 1969 in West-Berlin) ist ein deutscher Autor. Er kandidierte dreimal erfolglos für den Bundestag (für Die Linke, SPD und dieBasis). Seit 2022 vertritt er Positionen der Reichsbürgerbewegung und bezeichnet sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 als Vertreter einer deutschen „Exil-Regierung“, die mit Russland verhandele.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ralph Niemeyer wuchs in Bonn-Bad Godesberg als Sohn eines Ministerialbeamten auf.[1]

Er veröffentlichte einige Bücher in Selbstkostenverlagen, die zunächst unpolitisch und narrativ waren, aber später zunehmend politische Inhalte thematisierten.

Im Mai 1996 wurde Niemeyer vom Landgericht Köln wegen Betruges in 46 Fällen zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt und es wurde für ihn ein fünfjähriges Berufsverbot als Finanzberater ausgesprochen. Im März 1997 wurde die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt.[2][3][4] Nach seiner Freilassung heiratete er am 5. Mai, dem Geburtstag Karl Marx’, die Politikerin Sahra Wagenknecht; die Ehe wurde 2013 geschieden.[4] Im Jahr 2002 wurde Niemeyer wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von anderthalb Jahren verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.[4]

Im Januar 2011 wurde Niemeyer Mitglied der Partei Die Linke, zunächst im Kreisverband Heidelberg-Rhein-Neckar in Baden-Württemberg, ab Juni 2012 in Niedersachsen.[5] Weder als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Friesland – Wilhelmshaven – Wittmund noch als Listenkandidat der Linken erreichte er ein Mandat für den 18. Deutschen Bundestag.[6]

Im März 2017 wurde Niemeyer, nachdem er aus Die Linke ausgetreten war, in Baden-Württemberg Mitglied der SPD. Deren Landesparteitag in Schwäbisch Gmünd wählte ihn auf den aussichtslosen Platz 39 der Landesliste für die Bundestagswahl 2017.[7]

2021 trat Niemeyer in die Basisdemokratische Partei Deutschland ein.[8] Für diese kandidierte er auch bei der Bundestagswahl 2021 auf der Landesliste Bayern.[9] Im Rahmen der Proteste gegen Schutzmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie in Deutschland trat er mehrfach als Redner auf, so auch bei der Großdemonstration am 29. August 2020 in Berlin[10] und am 14. Dezember 2021 in München. Dort forderte er laut Süddeutscher Zeitung einen Schulterschluss zwischen Links und Rechts.[11]

Ab 2022 vertrat Niemeyer öffentlich Positionen der Reichsbürgerbewegung, etwa die Behauptung, dass Deutschland kein souveräner Staat sei[12] und keine Verfassung besitze.[13] Er trat öfter mit Mitgliedern einer „Reichsbürger“-Gruppe namens „Patriotische Union“ wie Michael Fritsch, Ruth Hildegard Leiding und Maximilian Eder auf „Querdenker“-Kundgebungen auf und vertrat ähnliche Thesen zur deutschen Verfassung wie diese.[14]

Im Juli 2022 erklärte Niemeyer, er habe eine „Exil-Regierung“ gegründet und wolle „nach Zusammenbruch des BRD-Verwaltungskonstruktes“ mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin verhandeln.[15] Im September 2022 reiste er als selbsternannter „Exil-Kanzler“ Deutschlands nach Russland, führte Gespräche mit hohen russischen Regierungsvertretern und handelte angebliche Verträge mit dem russischen Staatskonzern Gazprom aus. Nach seiner Rückkehr erklärte er öffentlich, die Bundesregierung von Olaf Scholz sei „am Ende“ und „suspendiert“. Es gehe nur noch darum, „unter welchen Umständen sie die Macht abgibt“. Danach bat die „Patriotische Union“ Niemeyer mehrmals, zuletzt am 5. Dezember 2022, Dokumente ihres mutmaßlichen Anführers Heinrich XIII. Prinz Reuß an Putin zu überbringen. Vermutet wird, dass Reuß bei der Vorbereitung eines Putschversuchs gegen die deutsche Demokratie die Unterstützung der Regierung Russlands suchte. Am 7. Dezember 2022 ließ der Generalbundesanwalt 25 Mitglieder der Reuß-Gruppe festnehmen und ermittelt weiter zu ihrem Umfeld. Unabhängig davon eröffnete die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren gegen Niemeyer wegen des Verdachts der „Landesverräterischen Fälschung“ nach § 100a StGB. Dabei geht es um seinen mutmaßlichen Versuch, einer fremden Staatsmacht falsche Informationen zu übermitteln, die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden können. Niemeyer bestätigte Kontakte zur Reußgruppe, betonte aber, er habe keine Botendienste zugesagt und keine Kenntnis von Putschplänen; diese lehne er ab.[14]

Am 22. März 2023 durchsuchte die Polizei seine Wohnung in München. Am Tag der Razzia trat Niemeyer als angeblicher Anführer einer deutschen Oppositionsgruppe live in Moskau im russischen Fernsehen Russia Today auf, um sich dort als „letzter Ansprechpartner für Russland in Deutschland“ zu positionieren.[16][17][18][19][20]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anja Maier: Der Ex von Sahra Wagenknecht: Der rote Ralph. In: Die Tageszeitung: taz. 13. Juni 2013, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 22. Oktober 2020]).
  2. Betrugsverdacht: Ermittlungen gegen Sahra Wagenknechts Ehemann. In: Der Spiegel, 19. Dezember 2001. Abgerufen am 27. August 2012.
  3. Anja Maier: Der Ex von Sahra Wagenknecht. Der rote Ralph. In: die tageszeitung. 13. Juni 2013, abgerufen am 23. September 2022 (Man beachte allerdings die falsche Angabe: „Deshalb habe es am Ende auch Bewährung gegeben. Bewährung und fünf Jahre Berufsverbot als Finanzberater.“).
  4. a b c Uwe Müller: Vetternwirtschaft: Eine ziemlich linke Nummer in der Linkspartei. In: Die Welt. 8. September 2013 (welt.de [abgerufen am 10. September 2022]).
  5. Zur Person – Ralph Niemeyer für ein rotes Land (Memento vom 11. September 2013 im Internet Archive), abgerufen am 8. September 2013
  6. Die Linke. Wilhelmshaven: Aktuell. Abgerufen am 8. September 2013.
  7. Andreas Müller: Arglos kürt die SPD schillernden Kandidaten. In: Stuttgarter Zeitung, 15. März 2017, abgerufen am 16. März 2017.
  8. Susanne Beyer, Timo Lehmann, Ann-Katrin Müller: Heldin der Ungeimpften. In: Der Spiegel, 46/2021 (13. November 2021), S. 28–30, hier S. 30.
  9. Landeslisten im Freistaat Bayern zur Wahl des 20. Deutschen Bundestags am 26. September 2021, abgerufen am 25. April 2022
  10. Berlins Innensenator spricht von heftigen Auseinandersetzungen. In: Die Zeit, 29. August 2020, abgerufen am 9. Mai 2022.
  11. 3700 Menschen bei Corona-Demo – Hunderte zogen Richtung Innenstadt. Süddeutsche Zeitung, 16. Dezember 2021, abgerufen am 25. April 2022.
  12. Stationierte Soldaten machen aus Deutschland kein besetztes Land. dpa-factchecking, 26. April 2022, abgerufen am 9. Mai 2022.
  13. Alina Lipp: Wie eine 28-Jährige zum Sprachrohr russischer Propaganda wurde. correctiv, 8. April 2022, abgerufen am 9. Mai 2022.
  14. a b Lars Wienand: Ermittlungen gegen Wagenknecht-Ex: „Exil-Kanzler“ sollte Post für Putin überbringen. T-online.de, 29. Dezember 2022.
  15. Sahra Wagenknecht: Hammer! Ex-Mann gründet „Exil-Regierung“ – und wendet sich direkt an Putin. Der Westen, 22. Juli 2022, abgerufen am 26. Juli 2022.
  16. "Reichsbürger"-Razzia in München: Wen die Ermittler ins Visier nahmen. sueddeutsche.de, 23. März 2023, abgerufen am 25. März 2013 (Paywall).
  17. Verbindung zu „Reichsbürger“-Gruppe: Polizei durchsucht Haus von Wagenknechts Ex-Ehemann von Leah Nowak, Tagesspiegel 23. März 2023
  18. Panne bei Ermittlungen? „Reichsbürger“-Razzia bei „Exilkanzler“: Polizei durchsucht Wohnung von Wagenknechts Ex-Mann von Sven Christian Schulz, RND Redaktionsnetzwerk Deutschland 23. März 2023
  19. "Reichsbürger"-Razzia Sahra Wagenknecht: Behörden durchsuchen Haus von Ex-Ehemann von Duygu Ayrikcil, Berliner Morgenpost 24. März 2023
  20. Im Dunstkreis der „Reichsbürger“? Wagenknechts Ex-Ehemann sollte Kontakt zu Putin herstellen von: Moritz Serif, Münchner Merkur 25. März 2023