Rose Schneiderman

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Rose Schneiderman (vor 1920)

Rose Schneiderman (geboren als Rachel Schneidermann 6. April 1882 in Sawin, Powiat Chełmski, Russisches Kaiserreich; gestorben 11. August 1972 in New York City) war eine US-amerikanische Gewerkschafterin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jugend und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rachel Schneidermann[1] besuchte ab 1888 die Schule in Chełm. 1890 wanderte die jüdische Familie nach New York aus, wo ihr Vater 1892 an Meningitis starb. Der spätere Funktionär des American Jewish Committee Harry Schneiderman (1885–1975) war ein Bruder.[2] Bereits mit 13 musste sie arbeiten gehen und zum Unterhalt der fünfköpfigen Familie beitragen.

Gewerkschaftliche Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bürgerliche Unterstützerinnen des Streiks der 20.000 Textilarbeiterinnen (1910)

Mit 21 Jahren organisierte die nur 1,37 m große Rothaarige[3] an ihrem Arbeitsplatz in einer Hutfabrik den Beitritt der Arbeiterinnen zur jüdischen, sozialistischen Gewerkschaft „United Cloth Hat and Cap Makers’ Union“ und begann ihre Karriere als Arbeitervertreterin.[1][3] Sie wurde von bürgerlichen Frauen, unter ihnen Mary Dreier und Irene Lewisohn, und deren „New York Women’s Trade Union League“ (NYWTUL) unterstützt. Sie war für die International Ladies Garment Workers Union (ILGWU) eine Organisatorin des dreizehnwöchigen Streiks von 20.000 New Yorker Textilarbeiterinnen 1909/1910.[4] Dabei habe sie die Forderung nach „Brot und Rosen“ gestellt (The woman worker needs bread, but she needs roses too)[5][6]. 1911 hielt Schneiderman nach dem Brand der Triangle Shirtwaist Factory, bei dem 146 Menschen umkamen, die Rede bei der Gedenkveranstaltung in der Metropolitan Opera.[7][4] Schneiderman wurde Mitglied der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA).[4]

Frauenrechtliche Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Suffragettenveranstaltungen mit Rose Schneidermann (1918)

Im Jahr 1912 ließ sie sich bei der WTUL beurlauben und arbeitete bei der von Harriot Stanton Blatch (1856–1940) im Jahr 1907 gegründeten Suffragettenorganisation Equality League of Self-Supporting Women, die sich um die Organisation der Arbeiterinnen kümmerte. Sie wurde eine glänzende Sprecherin und daher eine führende Propagandistin für das Frauenwahlrecht. Den Einwand eines Senators, die Frauen würden an der Wahlurne ihre Weiblichkeit verlieren, konterte sie mit der rhetorischen Frage, wo denn Frauen, die dreizehn Stunden in der Hitze der Wäschereien arbeiten oder wegen der Hitze mit nacktem Oberkörper in den Gießereien stünden, ihren Charme eher verlieren würden.[8] Als Suffragette und radikale Gewerkschafterin erhielt sie bei ihren bürgerlichen Gegnern den Schimpfnamen „Red Rose of Anarchy“,[9] wogegen sie sich mit einer Anklage zur Wehr setzte.[10]

1915 unterstützte sie die amerikanische Woman’s Peace Party und deren Delegation zum Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag. Nach Ende des Ersten Weltkriegs gehörte sie 1919 zur US-amerikanischen Gewerkschaftsdelegation bei der Pariser Friedenskonferenz.[11]

Sozialpolitische Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Britin Margaret Bondfield organisierte sie im November 1919 eine internationale Konferenz über die Frauenarbeit. Ihre von der New York State Labor Party unterstützte Kandidatur für einen Senatssitz 1920 scheiterte zwar, doch sie machte damit ihre politischen Ziele bekannt: Sozialwohnungen, Schulen, Energieversorgung in öffentlicher Hand, Konsumgenossenschaften, öffentliche Gesundheitsvorsorge, Arbeitslosenversicherung.

Von 1917 bis 1949 war Schneiderman Vorsitzende der New York Women’s Trade Union League (NYWTUL) und zwischen 1926 und 1950 auch Vorsitzende der amerikanischen Women’s Trade Union League (WTUL). Im Jahr 1922 trat Eleanor Roosevelt der WTUL bei, und Schneiderman brachte ihr alles über das Gewerkschaftswesen bei.[1] In der Zeit nahmen Schneiderman und Maude Schwartz auch Einfluss auf die sozialpolitische Einstellung des seinerzeit erkrankten Franklin D. Roosevelt.[12] In der Zeit der Weltwirtschaftskrise und der Politik des New Deal wurde Schneiderman Mitglied des Labor Advisory Board in der National Recovery Administration, in der die Gesetze „National Labor Relations Act“, „Social Security Act“ und „Fair Labor Standards Act“ vorbereitet wurden. In der Kommunalverwaltung New Yorks war sie von 1937 bis 1943 Dezernentin für Arbeit und verfolgte die Themen soziale Sicherung für Hausarbeitskräfte, Lohngleichheit für Frauen, Arbeitsbedingungen, gewerkschaftliche Rechte in den Dienstleistungsberufen.

Unterstützung der zionistischen Bewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schneiderman war eine aktive Unterstützerin der zionistischen Bewegung in den USA und förderte die Ansiedlung des Kibbuz Kfar Blum (Leon Blum Colony) in Palästina. Sie sorgte mit ihren Mitteln für die Unterstützung der in den 1930er bis Anfang der 1940er Jahre vor den deutschen Nationalsozialisten aus Europa geflohenen Juden.

Privatleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1949 ging sie in den Ruhestand. Schneiderman hatte eine langjährige Beziehung mit der Gewerkschafterin Maud Swartz (1879–1937).[13]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mit Lucy Goldthwaite: All for one. S. Eriksson, New York 1967

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lemma Rose Schneiderman, in: Encyclopaedia Judaica, Band 14, 1973, Sp. 984
  • Gisela Bock: Die andere Arbeiterbewegung in den USA 1905-1922. Die Industrial Workers of the World. Trikont, München 1976, ISBN 3-88167-005-X.
  • Gary Edward Endelman: Solidarity forever, Rose Schneiderman and the Women’s Trade Union League. New York: Arno Press, 1982.
  • Kathlyn Gay (Hrsg.): American dissidents : an encyclopedia of activists, subversives, and prisoners of conscience. Santa Barbara, California: ABC-Clio, 2012, S. 538–542
  • June Hannam; Mitzi Auchterlonie; Katherine Holden (Hrsg.): International encyclopedia of women’s suffrage. Santa Barbara, California : ABC-Clio, 2000, S. 261 f.
  • Maurine Hoffman Beasley; Holly Cowan Shulman; Henry R Beasley: The Eleanor Roosevelt Encyclopedia. Greenwood Pub. Group 2001
  • Annelise Orleck: Common sense & a little fire : women and working-class politics in the United States, 1900-1965. Chapel Hill, University of North Carolina Press 1995
  • Annelise Orleck: Rose Schneiderman, in: G. J. Barker-Benfield; Catherine Clinton (Hrsg.): Portraits of American Women: From Settlement to the Present. New York, N.Y.: St. Martin’s Press, 1991, S. 379–401.
  • Irving Howe: The immigrant jews of New York : 1881 to the present. London: Routledge & Kegan Paul 1976

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Rose Schneiderman, bei The Eleanor Roosevelt papers
  2. Lemma Harry Schneiderman, in: Encyclopaedia Judaica, Band 14, 1973, Sp. 983–984
  3. a b Barbara M. Wertheimer: We Were There. The Story of Working Women in America. Pantheon Books, New York 1977, S. 274ff
  4. a b c Barbara M. Wertheimer: We were there : the story of working women in America. New York : Pantheon Books 1977, Kapitel The rise of the woman garment worker, S. 293–317
  5. Annelise Orleck: Rose Schneiderman, Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia
  6. Die Überlieferung ist nicht gesichert, es gibt verschiedene zeitliche Varianten. James Oppenheim hat anschließend 1911 in einem Gedichtband sein Gedicht Bread and Roses veröffentlicht. Siehe auch das Kapitel The „Bread and Roses“ Strike: Lawrence 1912, in: Barbara M. Wertheimer: We were there : the story of working women in America. New York : Pantheon Books 1977, S. 357–368
  7. Rose Schneiderman: We Have Found You Wanting, Redetext bei ilr
  8. Schneiderman: All for one, zitiert bei Barbara M. Wertheimer: We were there : the story of working women in America. New York : Pantheon Books 1977, S. 281f
  9. G. J. Barker-Benfield: Portraits of American Women: From Settlement to the Present. Oxford University Press, 1998, ISBN 978-0-19-512048-6, S. 399 (google.com).
  10. In the Spotlight again, The Spartanburg Herald, 20. Oktober 1934
  11. Lemma Rose Schneiderman, in: Encyclopaedia Judaica, Band 14, 1973, Sp. 984
  12. Milton Derber: Labor and the New Deal. Madison, University of Wisconsin Press, 1957, S. 179
  13. Maud Swartz (Memento des Originals vom 18. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/womenshistory.about.com, bei womenshistory