Ruja Ignatova

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Ruja Ignatova (2015)

Ruja Ignatova (bulgarisch Ружа Пламенова Игнатова Ruscha Plamenowa Ignatowa; * 30. Mai 1980 in Russe, Bulgarien) ist eine deutsche verurteilte Betrügerin,[1] deren bulgarische Staatsbürgerschaft ihr aberkannt wurde.[2] Bekannt wurde sie vor allem durch den Aufbau (mit Sebastian Greenwood) der Firma OneCoin, ein als Kryptowährung getarntes illegales Schneeballsystem, das 2017 enttarnt wurde.

Anfang 2019 wurde sie in den USA wegen Telekommunikationsbetrugs, Wertpapierbetrugs und Geldwäsche in Abwesenheit verurteilt. Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt. Sie wird sowohl vom FBI als eine der zehn meistgesuchten Flüchtigen[3][4] mit internationalem Haftbefehl gesucht[5] als auch von Europol zu den meistgesuchten Flüchtigen Europas gezählt[6] (Stand Juli 2022).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruja Ignatova wurde im Mai 1980 als Kind von Plamen Ignatov und Veska Ignatova in eine bulgarische Roma-Familie hineingeboren.[7][8] Ignatovas Vater war Ingenieur, die Mutter Lehrerin.[4] Ihr Bruder ist Konstantin Ignatov. Als sie zehn Jahre alt war, wanderte die Familie nach Deutschland aus und ließ sich in Schramberg im Schwarzwald nieder.[5][8] Ruja war eine sehr gute Schülerin und übersprang in der Grundschule und im Gymnasium jeweils eine Klasse.[8] 1999 machte sie am Gymnasium in Schramberg ein sehr gutes Abitur.[9] Anschließend erhielt sie ein Studienstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung und studierte Rechtswissenschaft an der Universität Konstanz.[8] 2005 wurde sie dort promoviert.[10][11] Sie heiratete während ihrer Zeit in Konstanz einen Kommilitonen.[4] Laut eigenem Lebenslauf erhielt sie zudem 2004 einen Abschluss in Rechtswissenschaften der Universität Oxford mit dem Titel „Magister Juris in European and Comparative Law“[12] sowie einen Master-Abschluss der Wirtschaftswissenschaften der Fern-Uni Hagen.[9] Laut eigener Angaben war sie Beraterin bei McKinsey & Company und Leiterin eines bulgarischen Vermögensfonds.[9] Mit zunehmendem Erfolg von OneCoin pflegte sie einen luxuriösen Lebensstil, investierte in bulgarische Luxusimmobilien, zum Beispiel im Schwarzmeerort Sosopol[5], und veranstaltete Partys auf ihrer Luxusyacht „Davina“, bei denen Künstler wie Bebe Rexha und Tom Jones auftraten.[5][9] Bei großen Werbeauftritten erschien sie in teuren Kleidern.[5][9] Selbst nannte sie sich „Cryptoqueen“.[5]

Ihre Tochter wurde 2016 geboren.[5] Ihr früherer Ehemann ist Rechtsanwalt.[5] 2022 wurde bekannt, dass ihr die bulgarische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde.[2][13] Ruja Ignatova spricht fließend Deutsch, Englisch, Russisch und Bulgarisch.[4]

Kriminelle Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gusswerk Waltenhofen (2010–2012)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2010 kauften Ruja Ignatova und ihr Vater Plamen Ignatov ein Gusswerk in Waltenhofen im Allgäu (bei Kempten), welches zuvor Insolvenz angemeldet hatte.[9] Bereits bevor sie die Firma 2012 an Rudolf Keller weiterverkauft hatten, meldete dieser bereits vier Tage später erneut Insolvenz an, wodurch 160 Arbeitsplätze verloren gingen.[9][14] Es wurde bekannt, dass Ruja Ignatova und ihr Vater schon vor dem Verkauf Produktionsanlagen entwendet hatten (der Abtransport einer Alugussanlage nach Bulgarien konnte im letzten Moment verhindert werden).[15] Im Oktober 2016 verurteilte das Amtsgericht Augsburg Ruja Ignatova wegen Insolvenzverschleppung, Betrugs und Verletzung der Buchhaltungspflicht zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten.[5][9]

BigCoin (2013)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2013 war sie an einem Multi-Level-Marketing-Betrug namens „BigCoin“ beteiligt.[16]

OneCoin (2013–2017)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

FBI-Suchplakat

Ruja Ignatova gründete zusammen mit Sebastian Greenwood die Kryptowährung OneCoin und die zugehörige Firma OneCoin Ltd mit Sitz in Dubai, deren Geschäftsmodell auf einem Schneeballsystem aufbaute.[5] Die Firma sammelte weltweit Investoren, so z. B. aus China, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den USA, Hongkong, Indien und Uganda.[5]

Ihr Verschwinden wurde bemerkt, als sie zu einem Investorentreffen im Oktober 2017 in Lissabon nicht erschien.[5] Zuletzt gesehen wurde sie, als sie am 25. Oktober 2017 von Sofia nach Athen flog.[5] Seitdem gilt sie als unauffindbar. Bis zu seiner Verhaftung am 6. März 2019 in Los Angeles übernahm ihr Bruder Konstantin Ignatov die Geschäftsführung von OneCoin.[5][9] Gegen Ruja Ignatova und OneCoin wird weltweit von mindestens 20 Strafverfolgungsbehörden ermittelt,[8] mehr als 4 Milliarden Dollar sollen Anleger verloren haben.[17]

Als Folge der Betrugsvorwürfe und Ermittlungen durch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wurde 2017 ein Verbot von OneCoin, eine Beschlagnahmung der deutschen Bankkonten sowie eine Rückabwicklung aller Geschäfte verfügt.[18] Parallele Ermittlungen des FBI führten zu einer Anklage vor einem New Yorker Gericht, welches sie in Abwesenheit wegen Postbetruges, Wertpapierbetruges und Geldwäsche verurteilte.[5] Da sie sich seit 2017 der Öffentlichkeit und damit auch ihrer Verhaftung entzieht, wird sie seit 2022 auf der Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher des FBI geführt.[19] Mitgründer Sebastian Greenwood wurde 2023 in den Vereinigten Staaten u. a. wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe von 20 Jahren verurteilt.[20]

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende 2020 wurde eine Verfilmung der Geschichte um OneCoin unter dem Namen Fake! mit Kate Winslet in der Hauptrolle angekündigt.[21][22]

Die Sender Sky Deutschland und Channel 4 produzieren mit Tondowski Films, DARE Pictures sowie der Produktionsfirma Fremantle die Dokumentarserie Crypto Queen in drei Teilen.[23]

Unter dem Titel Die Kryptoqueen – Der große OneCoin-Betrug entstand 2022 eine 90-minütige Investigativ-Doku als Koproduktion von a&o Filmproduktion Köln mit WDR in Zusammenarbeit mit ARTE.[24][25] Deren Regisseur Johan von Mirbach drehte parallel eine klassische True-Crime-Serie aus vier kürzeren Folgen, die sich mit der Person Ruja Ignatova beschäftigt.[26] Unter dem Titel Die Kryptoqueen – die Serie wurde sie ab dem 5. November 2022 in der ARD Mediathek gesendet.[27]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ruja Ignatova – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Milliardenbetrug. 25. September 2020, abgerufen am 25. Juni 2021.
  2. a b Max Daly: OneCoin's Missing 'Crypto Queen' Is Now One of Europe's Most-Wanted Fugitives In: VICE, 12. Mai 2022 
  3. FBI: Most wanted: RUJA IGNATOVA. Abgerufen am 1. Juli 2022.
  4. a b c d Faith Karimi: This ‘Cryptoqueen’ scammed investors out of $4 billion, the FBI says. Then she boarded a plane and disappeared, CNN vom 22. Januar 2023.
  5. a b c d e f g h i j k l m n o BBC: Cryptoqueen: How this woman scammed the world, then vanished. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  6. ENFAST / Europol: IGNATOVA, Ruja. In: Europe's most-wanted fugitives. Abgerufen am 11. Mai 2022.
  7. Jeffrey Gogo: OneCoin Scam 'Cryptoqueen' Ruja Ignatova May Now Be a Man. In: BeInCrypto. 18. November 2022, abgerufen am 1. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  8. a b c d e Martin Himmelheber: Die „Cryptoqueen“ aus Schramberg. In: NRWZ.de. 22. Mai 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (deutsch).
  9. a b c d e f g h i Holger Sabinsky-Wolf: Der Krimi um die Krypto-Queen führt ins Allgäu und in den Schwarzwald. Südkurier, 23. Dezember 2019, abgerufen am 8. Mai 2021.
  10. Universität Konstanz: Abgeschlossene Promotionen | Promotionen | Forschung | Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung – Prof. Dr. Astrid Stadler | Fachbereich Rechtswissenschaft. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  11. Ruja Ignatova: Art. 5 Nr. 1 EuGVO – Chancen und Perspektiven der Reform des Gerichtsstands am Erfüllungsort: Dissertationsschrift (Europäische Hochschulschriften Recht, Band 4227). 1. Auflage. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien 2005, ISBN 3-631-54288-7.
  12. Ruja Ignatova: Biographische Angaben. Peter Lang Verlag, 2005, abgerufen am 30. Juni 2022.
  13. Продължава издирването на 41-годишна германска гражданка, родена у нас. (Memento vom 19. April 2022 im Internet Archive) In: MOI Press Office, 18. April 2022 (bulgarisch).
  14. Martin Dold, Michael Oehler: Schramberg: Ruja Ignatova: Wer steckt hinter Krypto-Queen? In: Schwarzwälder Bote. 10. Juli 2019, abgerufen am 1. Dezember 2022.
  15. Kreisbote: "So etwas Dubioses nie erlebt". 20. Januar 2012, abgerufen am 9. Mai 2021.
  16. BigCoin & BNA: The original OneCoin Ponzi points.
  17. Philip Plickert: Kriminalfall: Milliarden-Betrug mit falscher Kryptowährung. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  18. Onecoin Ltd (Dubai), OneLife Network Ltd (Belize) und One Network Services Ltd (Sofia/Bulgarien): Untersagung von Geschäften mit „OneCoins“ in Deutschland. BaFin, abgerufen am 8. Mai 2021.
  19. FBI setzt »Krypto-Queen« Ruja Ignatova auf Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher. In: Der Spiegel. 1. Juli 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 1. Juli 2022]).
  20. Daniel AJ Sokolov: 20 Jahre Haft für Onecoin-Gründer Greenwood. In: Heise.de, 14. September 2023.
  21. Oscar-winner Kate Winslet to star in ‘Fake!’ — a movie about crypto Ponzi scheme OneCoin. Abgerufen am 7. September 2021 (amerikanisches Englisch).
  22. Martin Dold: Schramberger Krypto-Queen – Kate Winslet spielt in Hollywood-Film „Fake!“ die Hauptrolle. In: Schwarzwälder Bote. 24. Oktober 2020, abgerufen am 11. Mai 2022.
  23. "Crypto Queen". In: Sky.de. Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG, 29. Juni 2022, abgerufen am 3. November 2022.
  24. Video: Die Kryptoqueen – Der große OneCoin-Betrug | Dokumentarfilm. Dokus im Ersten, 28. November 2022, abrufbar bis 28. November 2023 (89 Min.).
  25. Die Kryptoqueen. Der grosse Onecoin Betrug. In: Arte TV. Arte, November 2022, abgerufen am 3. November 2022.
  26. Martin Himmelheber: Eine Art Todesengel. In: Kontext:Wochenzeitung. Kontext:Vereinfür ganzheitlichen Journalismus e. V., 2. November 2022, abgerufen am 3. November 2022.
  27. Vierteilige WDR/ ARD-Doku-Serie „Die Kryptoqueen“ ab 5. November exklusiv in der ARD Mediathek. In: WDR.de. Westdeutscher Rundfunk, 24. Oktober 2022, abgerufen am 3. November 2022.