Sachsenweiler

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Sachsenweiler
Gemeinde Backnang
Koordinaten: 48° 57′ N, 9° 28′ OKoordinaten: 48° 56′ 39″ N, 9° 27′ 32″ O
Einwohner: 1485 (2020)
Postleitzahl: 71522
Vorwahl: 07191
Blick auf die Sachsenweiler-Siedlung von den Dresselhöfen (Unterweissach) aus
Blick auf die Sachsenweiler-Siedlung von den Dresselhöfen (Unterweissach) aus

Sachsenweiler (früher auch Storchenhof[1]) ist eine Ortschaft mit dörflichem Charakter und seit 1936 ein Stadtteil der Großen Kreisstadt Backnang im baden-württembergischen Rems-Murr-Kreis. Zuvor gehörte Sachsenweiler administrativ und kirchlich zu Unterweissach.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sachsenweiler liegt auf einer Anhöhe am rechten Ufer der Weissach. Der Ort besteht aus zwei getrennten Siedlungen, der älteren Ortschaft Sachsenweilerhof und der im 20. Jahrhundert errichteten Sachsenweilersiedlung. Umliegende Ortschaften sind Steinbach, Oberbrüden, die Dresselhöfe, Unterweissach und Backnang.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Römer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Römerzeit befand sich nördlich des heutigen Sachsenweiler (Flur Heidenfeld) ein römisches Hofgut (villa rustica). Westlich des Orts, bei der Mündung der Weissach in die Murr, wurden 1887 auf dem Firmengelände der Spinnerei Adolff ein römisches Gräberfeld und römische Münzen aus der Zeit Domitians entdeckt.[2] Etwas weiter östlich, über dem Bogen der Weissach, wurde römische Keramik gefunden.[2] Ein römischer Versorgungsweg ging wahrscheinlich von Backnang an Sachsenweiler vorüber nach Steinbach und von dort über Oberbrüden nach dem Kastell Murrhardt. Mit dem Limesfall mussten sich die Römer jedoch auf Rhein und Donau zurückziehen.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sachsenweiler entstand wahrscheinlich in der Zeit der Karolinger (700–800) durch die erzwungene Umsiedlung von kriegsgefangenen Sachsen (aus dem heutigen Niedersachsen und Westfalen) unter Karl dem Großen.[3] Für diese Theorie sprechen auch andere Sachsen-Ortsnamen wie Sachsenheim oder Sechselberg, welches noch lange Sassenberg genannt wurde.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Sachsenweiler unter dem Namen Sachsenwiler in einer päpstlichen Urkunde von 1245. Mit dieser Urkunde stellte Papst Innozenz IV. die Augustiner-Chorherren in Backnang unter seinen Schutz und bestätigte dem Stift Backnang Besitztümer und Privilegien in zahlreichen Orten, so auch in Sachsenweiler und in den umliegenden Ortschaften Bruden (heute Oberbrüden), Tresselbach (die heutigen Dresselhöfe) und Wissach inferius (Unterweissach).[3] 1439 wurde Sachsenweiler von den Grafen von Württemberg zusammen mit der Burg Reichenberg an die Brüder Peter und Wernher Nothaft von Hohenberg verpfändet.

Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sachsenweiler um 1686

Auf Georg Gadners Forstkarte von 1593 ist Sachsenweiler nicht eingezeichnet. Vermutlich durch Seuchen (Pest) und Krieg (Dreißigjähriger Krieg) entwickelte sich Sachsenweiler von einem Weiler zu einer Einzelsiedlung zurück. Lediglich die heute nicht mehr bestehende Ortschaft Taus erscheint im Bereich der Weissach-Mündung. Ende des 17. Jahrhunderts bestand Sachsenweiler nur noch aus einer Hofstelle, dem Storchenhof. Noch bis ins 20. Jahrhundert hielt sich der Name Storchenhof[4] und ist heute noch älteren Einwohnern bekannt. Die älteste Darstellung von Sachsenweiler findet sich in dem 1686 erstellten Forstlagerbuch von Andreas Kieser.

20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Industrialisierung stieg die Zahl der Einwohner in Sachsenweiler ständig an. Aus der bäuerlichen Siedlung entwickelte sich eine Arbeitersiedlung. Zu Beginn der NS-Zeit mehrten sich die Stimmen, die eine Eingliederung Sachsenweilers nach Backnang forderten. Ab 1935 arbeitete NSDAP-Kreisleiter Alfred Dirr an Plänen für eine großzügige Wohnsiedlung, die südöstlich des alten Sachsenweilers entstehen sollte. Dabei sollten kinderreiche und einkommensschwache Arbeiterfamilien bevorzugt werden.[5] 1936 musste Unterweissach Sachsenweiler schließlich an Backnang abtreten. Ab 1937 begannen die Bauarbeiten für die Sachsenweiler-Siedlung, die aber erst nach dem Krieg vollendet wurde.[6] Die Straßen in der Siedlung waren zunächst nach örtlichen NS-Funktionären benannt. Sachsenweiler entwickelte sich von einem Weiler zu einem Dorf.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Straßennamen geändert. Aus der Erwin-Dirr-Straße wurde Am Dresselbach, aus der Fritz-Zucker-Straße die Waldstraße und aus der Gregor-Schmid-Straße wurde Am Brenkele.[7]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Sachsenweiler zu keiner Zeit eine eigenständige Kommune war, verfügt der Ort im Gegensatz zu anderen Stadtteilen Backnangs nicht über einen Ortschaftsrat. Forderungen nach mehr Autonomie konnten sich bisher nicht durchsetzen. Weiterhin gibt es in Sachsenweiler kein Rathaus.[16]

Kirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Evangelische Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Evangelische Peterskirche (Waldstraße 11) wurde 1969 erbaut.[6]

Freikirche der Mennoniten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weiterhin besteht eine Gemeinde der evangelischen Freikirche der Mennoniten mit Gemeindezentrum (Mennostraße 6).

Bildungseinrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gemeinschaftsschule In der Taus verfügt über eine Außenstelle in Sachsenweiler, Waldstraße 16.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Sachsenweiler geboren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jutta Penka: 50 Jahre Stadtteil Sachsenweiler. Backnang 1987.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. DDZ: Messtischblatt 7022 = [45] : Backnang, 1939. 1939, abgerufen am 7. Februar 2024.
  2. a b Gotthard Reinhold: Zur Vor- und Frühgeschichte der Weissacher Talaue. In: Gemeinde Weissach im Tal (Hrsg.): Die Weissacher Chronik. Weissach im Tal 2006, S. 40 f.
  3. a b Gotthard Reinhold: Zu den mittelalterlichen Ortschaften und Weilern in der Weissacher Talaue und ihren urkundlichen Zeugnissen. Hrsg.: Gemeinde Weissach im Tal. Weissach im Tal 2006, S. 62 f.
  4. Topographische Karte 1:25.000 (7022) Backnang [Meßtischblatt] - Landkartenarchiv.de. Abgerufen am 1. Februar 2024.
  5. Rolf Königstein: Alfred Dirr, NSDAP-Kreisleiter in Backnang: ein Nationalsozialist und die bürgerliche Gesellschaft. Hrsg.: Stadt Backnang. Stroh, Backnang 1999, S. 200 f.
  6. a b Sachsenweiler - Wohnplatz - Detailseite - LEO-BW. Abgerufen am 31. Januar 2024.
  7. Besetzung und Besatzung der US-Amerikaner. Abgerufen am 31. Januar 2024.
  8. Königlich Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch. J.F. Steinkopf, Stuttgart 1810, S. 251.
  9. Königlich Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1828, S. 159.
  10. Königlich Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch. Verlag der Königlichen Hofbuchdruckerei, Stuttgart 1847, S. 172.
  11. Königlich statistisch-topographisches Bureau (Hrsg.): Königlich Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1854, S. 189.
  12. Königlich statistisch-topographisches Bureau (Hrsg.): Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Württemberg. Verlag der Königlichen Hofbuchdruckerei, Stuttgart 1866, S. 203.
  13. Karl Eduard Paulus (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart 1871, S. 328.
  14. Königlich Statistisches Landesamt (Hrsg.): Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Württemberg. W. Kohlhammer, Stuttgart 1887, S. 350.
  15. Königlich statistisches Landesamt (Hrsg.): Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Württemberg. W. Kohlhammer, Stuttgart 1896, S. 376.
  16. a b Mehr Selbstverwaltung in Sachsenweiler? Abgerufen am 1. Februar 2024.