Sextortion

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Sextortion (ˌsɛksˈtɔː(ɾ)ʃɛn, Kofferwort aus ‚Sex‘ und englisch extortion ‚Erpressung‘) bezeichnet eine Form der Erpressung, bei welcher der Täter dem Opfer mit der Veröffentlichung von Nacktfotos oder -Videos des Opfers droht, um das Opfer zum Beispiel zu einer Geldzahlung oder zur Vornahme sexueller Handlungen zu zwingen, wobei der Täter die fraglichen Inhalte zuvor mit oder ohne Wissen des Opfers zum Beispiel durch Sexting oder Cybersex mit dem (gutgläubigem) Opfer erlangt hat.[1]

Im Falle minderjähriger Opfer verwendet Europol die Bezeichnung „sexuelle Nötigung und Erpressung von Kindern im Internet“.[2]

Kriminologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Täter und Opfer von Sextortion sind einerseits häufig Kinder oder Jugendliche, die sich persönlich kennen, die Tat wird dann zur Ausübung sozialer Macht genutzt.[2][3]

Andererseits ist Sextortion Teil der internationalen organisierten Kriminalität.[4] Verbreitet ist dabei, dass ein (häufig männlicher) Täter unter einer falschen (häufig weiblichen) Identität zunächst zum Schein über soziale Medien eine „Liebesbeziehung“ mit einer ihm zuvor unbekannten Person eingeht und sie bittet, ihm anzügliche Fotos von sich zu schicken.[5][6] Eine andere häufige Begehensform sind massenhaft versandte E-Mails, in denen der Absender lediglich vorgibt, ein kompromittierendes Video des Opfers durch Kapern seines Computers angefertigt zu haben, um eine Zahlung zu erpressen.[7]

Bei einer weiteren Form sind die Täter Prostituierte, die ihre Freier erpressen.[8] Mitunter sind die Täter im Fall minderjähriger Opfer pädophil.[2]

Zentrales Element der Sextortion ist das Schamgefühl[9] des Opfers wegen der verwendeten Aufnahmen, das deshalb den Täter nicht bei der Polizei anzeigt und sich auch Vertrauenspersonen nicht offenbart.[3][4] Die dadurch entstehende psychische Belastung ist hoch.[5] Mitunter verstehen minderjährige Opfer auch nicht, dass eine Straftat vorliegt.[2]

2016 wurden im Vereinigten Königreich 864 Fälle von Sextortion angezeigt.[9] Die Dunkelziffer wird als hoch eingeschätzt.[5][9]

Rechtliche Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im deutschen Recht ist Sextortion zunächst eine Form der Erpressung, wenn der Täter Geld von dem Opfer will. Falls sexuelle Handlungen angestrebt sind, liegt Sexuelle Nötigung bzw. Vergewaltigung vor. Die Veröffentlichung der privaten Inhalte kann nach den Vorschriften gegen Pornografie, Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen bzw. Verletzung des Rechts am eigenen Bild bestraft werden.

Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch im Schweizer Strafrecht kann Sextortion die Straftatbestände der Erpressung oder der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung und je nach Begehung der Verleumdung, der Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179 quater StGB) und der strafbaren Pornografie erfüllen.[10]

Vereinigte Staaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Vereinigten Staaten wird Sextortion unter unterschiedlichen Gesetzen des Bundes und der Bundesstaaten verfolgt, darunter Strafnormen zu Kinderpornographie, Hacking, Erpressung und Stalking.[5]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Racheporno, eine Beziehungstat, in der der Täter das kompromittierende Material tatsächlich veröffentlicht und es nicht zu einer Erpressung benutzt.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Benjamin Wittes, Cody Poplin, Quinta Jurecic, Clara Spera: Sextortion: Cybersecurity, teenagers, and remote sexual assault. Hrsg.: Center for Technology Information at Brookings. 11. Mai 2016 (englisch, brookings.edu).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Präventionstipps – Internet kennen. In: bundeskriminalamt.at. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  2. a b c d Online sexual coercion and extortion of children. In: Europol. Abgerufen am 4. April 2020 (englisch).
  3. a b n-tv.de: Erpressung per Smartphone: Mehr Kinder leiden heimlich unter Sextortion. 11. Juni 2019, abgerufen am 9. März 2020.
  4. a b Sextortion (webcam blackmail). National Crime Agency, abgerufen am 4. April 2020 (englisch).
  5. a b c d e Benjamin Wittes, Cody Poplin, Quinta Jurecic, Clara Spera: Sextortion: Cybersecurity, teenagers, and remote sexual assault. In: Brookings. 11. Mai 2016, abgerufen am 5. April 2020 (englisch).
  6. Michael Terhaag: Gefahr durch Sextortion im Internet. Abgerufen am 9. März 2020.
  7. Sextortion: Hessisches Landeskriminalamt warnt vor aktueller Betrugsmasche im Internet. In: Polizei Hessen. 15. Mai 2018, abgerufen am 9. März 2020.
  8. Populärverbrechen sexuelle Erpressung – was nun? In: Der Detektivblog. 7. Februar 2017, abgerufen am 9. März 2020 (deutsch).
  9. a b c Webcam blackmail cases have doubled, police say. In: BBC News. 30. November 2016 (bbc.com [abgerufen am 4. April 2020]).
  10. Sextortion. In: Kriminalprävention CH. Abgerufen am 9. März 2020 (deutsch).