Sing-Out 66

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Sing-Out 66 hieß die patriotische Schau einer amerikanischen Organisation, deren Vortragsgruppe 1966 mit ihrer Revue Sing-Out Deutschland auf Einladung der damaligen Bundesregierung unter Bundeskanzler Ludwig Erhard[1] und mitfinanziert durch deutsche Steuergelder[2] durch die Bundesrepublik tourte. Ziel der Aktion war die Moralische Aufrüstung, ein „Beitrag zur Erhaltung der freiheitlichen Ordnung in der Welt“, als deren Gegner nicht nur der Kommunismus, sondern pazifistische wie jegliche politische Koexistenzbestrebungen angesehen wurden. Die Bundesregierung wollte die Gruppe auch „im Hinblick auf die auch in Deutschland zunehmenden Protestaktionen gegen den Krieg in Süd-Vietnam[1] eingesetzt wissen. In den USA hatten patriotische, anti-kommunistische Kreise Sing-out 66 (auch: Up With People) als eine Neuauflage der Moral Re-Armament-Bewegungen (MRA)[3] gegründet und finanziell unterstützt.

Um die Transportkosten für die 30-köpfige Gruppe zu verringern, wurde in der Sitzung des Bundeskabinetts erwogen, dass die US-Luftwaffe in Europa und die Luftwaffe Transportmittel zur Verfügung stellen sollten. Die Minister Paul Lücke (CDU), Werner Dollinger (CSU), Rolf Dahlgrün (FDP) und der seinerzeitige Staatssekretär Karl Carstens, sowie die Bundestagsfraktionen von CDU und CSU traten für die Subventionierung ein.[1]

Die Veranstaltungen in Deutschland wurden von Spiegel und Zeit beschrieben als eine „Mischung aus Erweckungs-Gottesdienst und Polit-Propaganda“,[4] bei der die überwiegend jugendlichen Sängerinnen und Sänger „adrett gekleidet, sauber gewaschen und gut gekämmt“ immer strahlend lächelten, sangen und „Ja“ sagten.[5] Es galt, den „moralischen Pazifismus“ zu besiegen und einen kämpferischen Geist zu schaffen. Propagiert wurden „Glauben, Mut und Gottvertrauen“, man predigte Keuschheit, war Nichtraucher und Antialkoholiker.[6] Die nach Ende der Gastspielreise aufgelegten Aktionsprogramme der Bonner Gemeinschaft der Freunde der Moralischen Aufrüstung fanden nur noch geringe Beachtung.[7]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sing-out '66: die neue Stimme der amerikanischen Jugend; Deutschlandtournee auf Einladung des Bundeskanzlers. 48 S., Hrsg. Gemeinschaft der Freunde der Moralischen Aufrüstung. Bonn 1966 [Songtexte, Noten, Berichte und Bilder].
  • Sing-out '66: eine musikalische Explosion; die neue Stimme der amerikanischen Jugend; Deutschlandtournee auf Einladung des Bundeskanzlers. 8 S., Hrsg. Gemeinschaft der Freunde der Moralischen Aufrüstung. Bonn 1966.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Kabinettsprotokolle, 17. Kabinettssitzung am 2. März 1966 und Schreiben vom 8. und 11. Febr. 1966 in B 136/3528.
  2. Bewilligt wurden „bis zu 350.000 DM“. Kabinettsprotokolle, 20. Kabinettssitzung am 25. März 1966.
  3. Zur Moral Re-Armament-Bewegung (MRA) und zu Up with People ausführlich: Maike Majewski: Umerziehung durch die Herrschaft Gottes. Die Erweckungsbewegung „Moralische Aufrüstung“ im Re-Education-Programm der Nachkriegszeit. Hamburger Skripte 13 (PDF; 1,0 MB) Hrsg.: Rosa-Luxemburg-Bildungswerk Hamburg e.V. Hamburg, November 2006.
  4. Sing-Out in Deutschland - Lächeln von innen, Der Spiegel, 52, 1966, S. 102–104
  5. Sing-Out '66 - Tu was Großes, Der Spiegel, 25, 1966, S. 129
  6. Kai Hermann: Von keuschem Leben und großem Kampf. Sing out ’66 – ein Cocktail aus Hollywood, Gesangverein und Komsomolzenkultur, Die Zeit, 17. Juni 1966
  7. Dazu gehörte das in Amerikahäusern aufgeführte Theaterstück Mr. Brown steigt herab von Peter Howard, Leiter der Sing-out-Bewegung in der MRA von 1961 bis 1965.