Stadtcasino Basel

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Musiksaal
Vestibül im Parterre (Gestaltung durch Herzog & de Meuron aus dem Jahr 2020)

Das Stadtcasino Basel ist ein Konzerthaus in der Schweizer Stadt Basel.

Das Gebäude, das am Steinenberg liegt, bildet zusammen mit der angrenzenden Basler Kunsthalle und dem Theater Basel eines der wichtigsten kulturellen Zentren der Stadt, das gemeinhin als «Kulturmeile» bekannt ist.[1] Der grösste Saal, der Musiksaal aus dem Jahr 1876 mit 1500 Plätzen, wird für seine hervorragende Akustik international gerühmt und ist die Heimbasis des Sinfonieorchesters Basel.[2] Auch das Kammerorchester Basel und die Basel Sinfonietta veranstalten ihre Sinfoniekonzerte in diesem Saal.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das alte Stadtcasino von Melchior Berri mit dem bereits angebauten Musiksaal-Bau von Johann J. Stehlin jun. (1897)

Die Anfänge des Stadtcasinos gehen bis 1808 zurück, als sich die Allgemeine Lesegesellschaft Basel im heutigen Reinacherhof für gemeinsame Diskussions- und Spieltreffen einmietete. Mit der rasch steigenden Mitgliederzahl wurde 1820 im Rahmen des Schweizerischen Musikfests in Basel die Provisorische Commission zur Errichtung eines Gesellschaftshauses formiert, welche den jungen Architekten Melchior Berri mit der Bauplanung beauftragte.[3] Im Jahr 1822 begannen die Bauarbeiten auf einem Gelände in der Innenstadt beim Barfüsserplatz. Zur gleichen Zeit entstand auf private Initiative ausserhalb der Stadtmauern im heutigen Stadtquartier St. Alban das Sommercasino für jene Bürger, die sich während des Sommers auf ihre Landsitze zurückzogen.

Am 16. Februar 1824 wurde die Casino-Gesellschaft Basel offiziell gegründet. Das Stadtcasino wurde 1826 in Betrieb genommen. Der grosse Konzertsaal, der die heutige Bedeutung des Stadtcasinos hauptsächlich ausmacht, war nicht Bestandteil des Berri-Baus, sondern wurde diesem erst 1876 angefügt. Architekt des Konzertsaal-Baus war Johann Jakob Stehlin. Die Baulinie des Stadtcasinos entsprach der 1821 abgerissenen inneren Stadtmauer, der ursprüngliche enge Durchgang von der Steinenvorstadt zum Barfüsserplatz ersetzte das Eselstürlein.

Während der Unruhen der Basler Kantonstrennung zwischen 1830 und 1833 zogen die Mitglieder des Sommercasinos vorübergehend in das Stadtcasino. Da sich die Sommercasino-Gesellschaft sich in den folgenden Jahrzehnten zunehmend verschuldete, während das Stadtcasino erblühte, wurden 1907 die beiden Gesellschaften fusioniert. Die immense Schuldenlast durch das übernommene Sommercasino konnte jedoch nicht bewältigt werden und so wurde das Sommercasino samt Park 1937 verkauft.

Theodor Herzl während des Ersten Zionistischen Weltkongresses in Basel im Musiksaal (1897)

Im Jahr 1897 fand im Musiksaal der Erste Zionistische Weltkongress unter der Ägide Theodor Herzls statt. Hier verfasste und verkündete Herzl mitunter sein «Basler Programm», in dem er die politische Weichenstellung für die Errichtung eines jüdischen Staats skizzierte. Bis zur Staatsgründung Israels 1948 fand der Kongress insgesamt zehn Mal in den Räumlichkeiten des Steinenbergs statt, mehr also als in jeder anderen Stadt oder Räumlichkeit der Welt.[4]

Da der Berri-Bau, nach über einem Jahrhundert der Nutzung, den Anforderungen nicht mehr genügte, und er gleichzeitig auch durch seine Länge das neue Verkehrskonzept um den Barfüsserplatz behinderte, wurde er 1938 abgerissen und bis 1941 durch den heutigen Bau der Architekten Kehlstadt und Brodtbeck zusammen mit Bräuning, Leu, Dürig ersetzt. Finanziert wurde der Neubau mit dem Erlös des Verkaufs der Sommercasinos. Die Neueröffnung war am 16. Dezember 1939. Im Jahr 1941 wurde die Stirnfassade durch Alfred Heinrich Pellegrini mit dem Wandgemälde Apoll und die Musen versehen.[5]

Während des Zweiten Weltkriegs führten das Ausbleiben von Besuchern sowie politische Probleme zur Fortdauer der Krise bis nach Kriegsende. Der wirtschaftliche Aufschwung der 1950er Jahre brachte den Erfolg zurück; zusätzlich wurden ab 1947 die Veranstaltungen der Sinfoniekonzerte vom Volkshaus ins Stadtcasino verlegt, was für internationale Beachtung und Anerkennung des Stadtcasinos sorgte. Im Jahr 1970 wurden die Restaurationsbetriebe und die Saalverwaltung getrennt, 1982 überschritt die Betriebsrechnung erstmals die Millionengrenze in Schweizer Franken.

Die Silvesterkonzerte im Musiksaal werden seit 1996 vom damals gegründeten Basler Festival Orchester gespielt.[6] Das Gebäude wird durch die Casino-Gesellschaft Basel betrieben.

Eine umfassende Renovation des Stadtcasinos wurde 1976 durchgeführt. Da es in den 2000er Jahren zukünftigen Ansprüchen in diverser Hinsicht nicht mehr zu genügen vermochte, schrieb die Casino-Gesellschaft von 2000 bis 2007 einen Wettbewerb für ein Neubauprojekt aus, den die britisch-irakische Stararchitektin Zaha Hadid gewann. Während das Projekt von politischer und kultureller Seite breit unterstützt wurde und ein grosser Teil der Finanzierung durch private Spenden gedeckt war, wurde es in der Volksabstimmung vom 17. Juni 2007 abgelehnt. Eine spätere Untersuchung des Abstimmungsverhaltens ergab, dass viele Gegner die architektonische Qualität des Projekts anerkannten. Hauptgrund ihrer ablehnenden Haltung war der gegenüber dem bestehenden Bau stark vergrösserte Baukubus, der das Projekt am Barfüsserplatz zu dominant erscheinen liess. Von 2016 bis 2020 wurde das Bauwerk nach Plänen des Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron umgebaut und erweitert.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orgel im Musiksaal

Anlässlich des Umbaus von 2016 bis 2020 erhielt der Musiksaal auch eine neue Orgel. Der ursprüngliche Plan, die alte Orgel von 1971 zu renovieren und mit neuer Technik auszustatten, wurde verworfen, da die Orgel zwar an sich ein gutes Instrument war, aber weder punkto Klangfülle noch Klangpalette die Anforderungen erfüllte, die heute an eine Konzertorgel gestellt werden. Das Instrument wurde nach Lettland verschenkt und steht heute in der Martin-Luther-Kathedrale von Daugavpils.[7]

Die neue Orgel im Musiksaal stammt von Metzler Orgelbau. Das Werk wurde 2020 in das vorhandene denkmalgeschützte Gehäuse von 1905 eingebaut. Die Pfeifen des Pedalregisters Grand Bourdon 32′ sind in einem zusätzlichen Raum hinter der Bühnenwand unter der Orgel aufgestellt. In dem Instrument wurde nur heimisches Holz verwendet, der Zinn für die Orgelpfeifen wurde ausschliesslich aus konfliktfreien, ethisch einwandfreien Quellen bezogen. Das Orgelwerk wurde als großes symphonisches Instrument disponiert, mit Anklängen an den Stil französisch-symphonischer und englisch-romantischer Orgeln. Eine Besonderheit ist das winddynamische Werk, welches vom vierten Manual aus spielbar ist.

Das Instrument lässt sich von zwei Spieltischen aus anspielen: einem direkt in die Orgel eingebauten und einem mobilen mit elektrischen Trakturen. Das winddynamische Werk lässt sich nur vom eingebauten Spieltisch aus spielen, wobei sich der Tastentiefgang über einen Registerzug von 0 bis 15 mm variieren lässt. Sämtliche Werke der Hauptorgel lassen sich frei den Klaviaturen zuordnen.[8]

I Hauptwerk C–c4
01. Principal 16′
02. Octave 08′
03. Gamba 08′
04. Viola d'Amore 08′
05. Konzertflöte 08′
06. Gedackt 08′
07. Octave 04′
08. Spitzflöte 04′
09. Superoctave 02′
10. Cornet V
11. Mixtur V 02′
12. Trompete 16′
13. Trompete 08′
II Orchestral Swell C–c4
14. Geigen Diapason 8′
15. Dulciana 8′
16. Quintaton 8′
17. Claribel Flute 8′
18. Principal 4′
19. Octave Viola 4′
20. Concert Flute 4′
21. Twelfth 223
22. Fifteenth 2′
23. Tierce 135
24. Septime 117
25. Harmonics V 113
26. Orchestral Horn 8′
27. Clarinet 8′
Tremulant
III Récit expressif C–c4
28. Bourdon 16′
29. Viole de Gambe 08′
30. Gambe d'Echo 08′
31. Voix céleste 08′
32. Flûte harmonique 08′
33. Cor de Nuit 08′
34. Viole 04′
35. Flûte traversière 04′
36. Octavin 02′
37. Carillon II-III
38. Progression II-VI 02′
39. Basson 16′
40. Trompette harmonique 08′
41. Basson-Hautbois 08′
42. Voix humaine 08′
43. Claireon harmonique 04′
Tremulant
Tuba C–c4
44. Tuba (300 mm WS) 08′


IV Winddynamisches Werk F–f2
I. Flauto 8′
II. Principal 4′
III. Quintade 223
IV. Terzade 135
V. Windharfe 4′
Pedal C–g1
45. Grand Bourdon (Ext. Nr. 48) 32′
46. Flute 16′
47. Principalbass (= Nr. 1) 16′
48. Subbass 16′
49. Flute (Ext. Nr. 46) 08′
50. Flute 04′
51. Contrebasson 32′
52. Bombarde 16′
53. Fagott (= Nr. 12) 16′
54. Trompete 08′
55. Klarine 04′

Orchester-Pedal
56. Zartbass (= Nr. 28) 16′
57. Open Diapason (= Nr. 14) 08′
58. Violoncelle (= Nr. 29) 08′
59. Claribel Flute (= Nr. 17) 08′
60. Basson (= Nr. 39) 16′
61. Horn (= Nr. 26) 08′

Säle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Huber-Saal

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Christoph Dieffenbacher: Stadtcasino - Tausend Jahre Geschichte in sieben Metern. 13. Mai 2020, abgerufen am 8. November 2023.
  2. Sabine von Fischer: Stadtcasino Basel: Die Sinfonie der Stadt in leisen Tönen. In: Neue Zürcher Zeitung. 23. Juni 2020, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 8. November 2023]).
  3. Das Wort «Casino» stammt aus dem Italienischen und bezeichnete ursprünglich ein Gesellschaftshaus.
  4. Naomi Lubrich, Caspar Battegay: Jüdische Schweiz: 50 Objekte erzählen Geschichte. Hrsg.: Christoph Merian. 2018, S. 130–133.
  5. Arthur Dürig: Neubau Casino Basel. In: Das Werk. Band 29, Nr. 11, 1942, S. 257–272, doi:10.5169/seals-86991.
  6. Basler Festival Orchester@1@2Vorlage:Toter Link/www.bfo.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Ein neues Zuhause für die alte Orgel
  8. Informationen zur neuen Konzertsaalorgel und zu deren Disposition

Koordinaten: 47° 33′ 16″ N, 7° 35′ 22″ O; CH1903: 611353 / 267092