Stammzelltherapie beim Pferd

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Die Stammzelltherapie des Pferdes ist die Behandlung bestimmter Lahmheiten beim Pferd durch Injektion von Stammzellen. Keine der bisherigen präklinischen oder klinischen Studien zu dieser Therapieform haben bisher umfassende und nachhaltige Knorpelregeneration nachgewiesen. Die Therapie kann zu einer Linderung der Symptome und zu schnellerer Rückkehr zur Einsatzbereitschaft bei Rennpferden führen.

Seit dem Jahr 2018 sind in der Europäischen Union mehrere Medikamente zur Stammzelltherapie des Pferdes durch den Ausschuss für Tierarzneimittel der EMA (CVMP) zugelassen. Zur Behandlung werden aus Pferdeblut gewonnene mesenchymale Stammzellen eingesetzt.

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den meisten der derzeit verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten bei Knorpelschäden gelingt es nicht, die Knorpelstruktur zu regenerieren. Chirurgische Verfahren, wie die Induktion von Mikrofrakturen, subchondrale Knochenbohrungen, Lavage und Debridement, perichondrale Arthroplastik, periostale Arthroplastik, autologe osteochondrale Transplantation und autogene Spongiosa-Transplantate, können Gelenkknorpel nicht wirksam regenerieren.[1] Aus diesem Grund wird der Einsatz von Zellen zur Knorpelregeneration erforscht. Als Zellen werden entweder Stammzellen oder gewebespezifische Chondrozyten eingesetzt. Für die Mehrzahl der zellulären Therapien in der regenerativen Knorpelmedizin werden Chondrozyten eingesetzt.[1] Im Jahr 2006 hatten Stammzelltherapien einen circa 15-prozentigen Anteil an den zellulären Therapien.[1]

Stammzellen sind körpereigene „Ur-Zellen“, die sich unendlich teilen und zu verschiedenen Zelltypen differenzieren können. Sie sind noch nicht auf ihre spätere Funktion im Körper festgelegt. Je nach Art und Beeinflussung entwickeln sie sich im Rahmen der Zelldifferenzierung zu bestimmten Gewebezellen. Unter den verschiedenen Arten von Stammzellen werden bei regenerativen Therapeutika hauptsächlich die adulten, multipotenten, mesenchymalen Stammzellen verwendet.[1] Diese Zellen sind aus zahlreichen Quellen verfügbar, können leicht gewonnen werden und haben die Fähigkeit, sich in mesodermales Gewebe zu differenzieren.[1] Darüber hinaus bestehen bei der Anwendung von mesenchymalen Stammzellen keine teratogenen und ethischen Probleme, die mit der Therapie mit embryonalen Stammzellen und induzierten pluripotenten Stammzellen verbunden sind.[1]

Die Chondrogenese von mesenchymalen Stammzellen variiert stark in Bezug auf die Zellquellen, die Kulturtechniken, die Anzahl der Zellkulturdurchgänge, die Anzahl der erforderlichen Implantationen und die Zugabe von Wachstumsfaktoren und extrazellulären Gerüsten (scaffolds).[1] Die meisten präklinischen oder klinischen Studien mit mesenchymalen Stammzellen bei Pferden konnten keine umfassende und nachhaltige Knorpelregeneration belegen. Sie zeigten jedoch eine Linderung der Symptome und eine schnellere Rückkehr zur Einsatzbereitschaft bei Rennpferden.[1] Diese Behandlungserfolge waren bei manchen Studien in der Anfangsphase der Behandlung ausgeprägter, nahmen in späteren Behandlungsverlauf aber ab. Es gibt zudem Bedenken im Zusammenhang mit dem Fehlen einer typischen hyalinen Geweberegeneration sowie einer fehlenden Integration der regenerierten Gewebematrix in den nativen Knorpel oder den subchondralen Knochen des Wirts.[1]

Indikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Einsatz der Stammzelltherapie beim Pferd liegt aktuell bei Arthrose und Sehnenschäden an Beugesehnen und bei der Fesselträgerentzündung. Ob ein Pferd von einer Stammzelltherapie profitieren kann, entscheidet der behandelnde Tierarzt nach einer genauen Lahmheitsuntersuchung und Diagnosestellung im Einzelfall.

Gewinnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Stammzelltherapie mit einem zugelassenen Medikament beim Pferd werden Stammzellen aus einer geringen Menge Blut von ausgewählten Spenderpferden gewonnen oder es werden Stammzellen aus der Nabelschnur von neugeborenen Fohlen verwendet. Es handelt sich dabei also um allogenes Spendermaterial. Im Labor werden diese Stammzellen anschließend vermehrt und aufbereitet. Stammzellen können auch aus dem Knochenmark des zu behandelnden Pferdes selbst gewonnen werden (autologe Stammzelltransplantation).

Durchführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Stammzellen enthaltende Medikament wird von einem Tierarzt direkt ins Gelenk oder in die Sehne verabreicht.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • M. B. Gugjoo, M. R. Fazili, M. A. Gayas, R. A. Ahmad, K. Dhama: Animal mesenchymal stem cell research in cartilage regenerative medicine - a review. In: The veterinary quarterly. Band 39, Nummer 1, Dezember 2019, S. 95–120, doi:10.1080/01652176.2019.1643051, PMID 31291836, PMC 8923021 (freier Volltext) (Review).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i M. B. Gugjoo, M. R. Fazili, M. A. Gayas, R. A. Ahmad, K. Dhama: Animal mesenchymal stem cell research in cartilage regenerative medicine - a review. In: The veterinary quarterly. Band 39, Nummer 1, Dezember 2019, S. 95–120, doi:10.1080/01652176.2019.1643051, PMID 31291836, PMC 8923021 (freier Volltext) (Review).