Temenos für den Herrscherkult

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Das Temenos für den Herrscherkult in Pergamon ist ein Heroon. Der Gebäudekomplex diente der Verehrung der Herrscherdynastie der Attaliden. Er befindet sich südlich des Burgtores und ist durch eine Straße mit der Altarterrasse verbunden. Bei den Grabungen traten unter seinem Fundament Reste einer älteren hellenistischen Wohnbebauung auf.[1] Im Gegensatz zu anderen Heroa wurde hier kein Grab oder Ähnliches gefunden, sodass die Bezeichnung Heroon nur durch typologischen Vergleich zustande kam, indem man es zum Beispiel mit dem Heroon in Kalydon oder dem Megalesion in Pergamon verglich.

Grabungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Temenos wurde während einer Grabungskampagne unter Carl Humann und Alexander Conze angegraben und als Prinzessinnen-Palais bezeichnet.[2] Im Jahr 1927 wurde die gesamte Anlage von Theodor Wiegand freigelegt. Die vollständige Grabungspublikation erfolgte zehn Jahre später durch Erich Boehringer und Friedrich Krauss.

Bauphasen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ausgräber erkannten während der Grabung vier Bauphasen: eine Hofperiode, eine Hauptperiode, der eine Planperiode voraus ging, sowie eine römische Periode.

Die Hofperiode umfasst einen quadratischen Hof von 20 × 20 m. Im Norden des Hofes befand sich ein breiter, nicht sehr tiefer Raum, der im Süden von einem Nebenraum flankiert wurde. Anders als bei der älteren hellenistischen Wohnbebauung folgte der Komplex nicht dem Hangverlauf, sondern verlief diagonal dazu.[3]

In der Hauptperiode wurde die Anlage in ein Peristyl umgewandelt, das im Westen, Süden und Osten dorische Säulenstellungen aufwies. Die Ecksäulen waren kleeblattförmige Verschmelzungen von drei aufeinandertreffenden Säulen.[4] Der ehemalige kleine Kultraum wurde erweitert und diente nun als Vorhalle für einen neu angelegten, direkt dahinter liegenden Kultraum von 10,70 × 3,50 Metern. Die Vorhalle war hybrider Ordnung und kombinierte ionische Säulen mit dorischem Gebälk. Wie die Schwelle zur Vorhalle waren sie aus Marmor. Im hinteren Bereich des neuen Kultraumes vermutet man eine Kultnische mit einer Basis für mehrere Statuen. Die Südostseite war mit kleinen Räumen unbekannter Funktion ausgestattet und wurde mittels Pfeilervorlagen vor dem abfallenden Gelände geschützt.[5] Nordwestlich des Komplexes befand sich die im 3. Jahrhundert v. Chr. erbaute sogenannte „Weghalle“, die nun mit dem Bau durch eine Treppe zum Hof des Gebäudes verbunden wurde.[6] Im Süden an die „Weghalle“ anschließend, wurde an der äußeren Südwestseite der Anlage eine weitere, wohl nicht zugängliche Halle ergänzt.[5]

In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde vor allem der Kultraum umgebaut. Hier wurden die Mauern deutlich verstärkt, der Grundriss quadratisch angelegt. Der Fußboden wurde mit einem einfachen Schwarz-Weiß-Mosaik ausgestattet. Angeblich wurden die römischen Statthalter hier seit der Machtübernahme kultisch verehrt.[7]

Datierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Datierung des Gebäudes ist nicht abschließend geklärt. Wolfgang Radt datiert wie die Ausgräber die erste Bauphase des Gebäudes in die Zeit Attalos I.[1] Holger Schwarzer sowie Alexander F. Wensler datieren die Anlage hingegen in die Regierungszeit Eumenes' II.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Erich Boehringer, Friedrich Krauss: Das Temenos für den Herrscherkult <Prinzessinnen-Palais>. (Altertümer von Pergamon Bd. 9). De Gruyter, Berlin 1937,
  • Wolfgang Radt: Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1999, Nachdruck 2005, ISBN 3-89678-116-2, S. 245–248, Abb. 191–192.
  • Holger Schwarzer: Untersuchungen zum hellenistischen Herrscherkult in Pergamon. In: Istanbuler Mitteilungen, 49, 1999, S. 249–300, ISSN 0341-9142.
  • Holger Schwarzer: Vereinslokale im hellenistischen und römischen Pergamon. In: Ulrike Egelhaaf-Gaiser, Alfred Schäfer (Hrsg.): Religiöse Vereine in der römischen Antike. Untersuchungen zu Organisation, Ritual und Raumordnung. (Studien und Texte zu Antike und Christentum Bd. 13). Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-14777-15, S. 221–260.
  • Alexander F. Wensler: Zur Datierung des Temenos für den Herrscherkult in Pergamon. In: Archäologischer Anzeiger, 1989, S. 33–42, ISSN 0003-8105.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Wolfgang Radt: Pergamon. Geschichte und Bauten, Funde und Erforschung einer antiken Metropole. DuMont, Köln 1988, S. 275.
  2. a b Alexander F. Wensler: Zur Datierung des Temenos für den Herrscherkult in Pergamon. In: Archäologischer Anzeiger, 1989, S. 33.
  3. Alexander F. Wensler: Zur Datierung des Temenos für den Herrscherkult in Pergamon. In: Archäologischer Anzeiger. 1989, S. 33 ff.
  4. Hans Lauter: Die Architektur des Hellenismus. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, S. 255.
  5. a b Holger Schwarzer: Untersuchungen zum hellenistischen Herrscherkult in Pergamon. In: Istanbuler Mitteilungen. Bd. 49 (1999), S. 273ff.
  6. Wolfgang Radt: Pergamon. Geschichte und Bauten, Funde und Erforschung einer antiken Metropole, S. 276.
  7. Wolfgang Radt: Pergamon. Geschichte und Bauten, Funde und Erforschung einer antiken Metropole, S. 278.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]