Teschemacherit

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Teschemacherit
Kleine Teschemacherit-Einkristalle (in einer Kapsel) von den Chincha-Inseln vor der Südküste von Peru
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Tmh[1]

Andere Namen
Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

Vb/A.01
V/B.01-040[4]

5.AA.25
13.01.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[5]
Raumgruppe PccnVorlage:Raumgruppe/56[3]
Gitterparameter a = 7,25 Å; b = 10,71 Å; c = 8,75 Å[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,45; berechnet: 1,545[6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {110}[6]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe farblos, weiß, hellgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Bitte ergänzen!
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,423
nβ = 1,536
nγ = 1,555[7]
Doppelbrechung δ = 0,132[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 41° (gemessen); 40° (berechnet)[7]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich, zersetzt sich in feuchter Umgebung

Teschemacherit, auch unter seiner chemischen Bezeichnung Ammoniumbicarbonat bzw. Ammoniumhydrogencarbonat bekannt, ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate). Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung NH4CO2(OH)[2].

Teschemacherit konnte bisher nur in Form feinkristalliner bzw. körniger bis derber Mineral-Aggregate gefunden werden. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig oder durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von polykristalliner Ausbildung weiß. Durch Fremdbeimengungen kann das Mineral aber auch eine hellgelbe Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edward Frederick Teschemacher

Erstmals entdeckt wurde Teschemacherit in der Saldanha Bay an der Südwestküste von Südafrika und beschrieben 1846 durch den britischen Chemiker Edward Frederick Teschemacher (1791–1863), allerdings unter seiner chemischen Bezeichnung Ammoniumbicarbonat (englisch Bicarbonate of Ammonia). James Dwight Dana benannte das neue Mineral allerdings 1868 nach seinem Erstbeschreiber.[8]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Teschemacherit zur Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate [CO3]2− ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Kalicinit, Nahcolith und Wegscheiderit die „Nahcolith-Kalicinit-Gruppe“ mit der System-Nr. Vb/A.01 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. V/B.01-040. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserfreie Carbonate [CO3]2−, ohne fremde Anionen“, wo Teschemacherit zusammen mit Kalicinit, Nahcolith, Natrit, Wegscheiderit und Zabuyelit die unbenannte Gruppe V/B.01 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Teschemacherit in die verkleinerte Klasse der „Carbonate und Nitrate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Zugehörigkeit der beteiligten Kationen zu bestimmten Elementgruppen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Alkali-Carbonate“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.AA.25 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Teschemacherit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Carbonate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 13.01.03 innerhalb der Unterabteilung „Saure Carbonate mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teschemacherit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pccn (Raumgruppen-Nr. 56)Vorlage:Raumgruppe/56 mit den Gitterparametern a = 7,25 Å; b = 10,71 Å und c = 8,75 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Auf der Grundlage einer synthetisch hergestellten Materialprobe konnte der österreichische Kristallograph Franz Pertlik eine verfeinerte Strukturanalyse von Teschemacherit erstellen. Demnach besteht die Kristallstruktur des Minerals aus [CO2(OH)]-Ketten, die parallel der c-Achse verlaufen und über Wasserstoffbrücken mit den [NH4]+-Gruppen zu einem dreidimensionalen Gerüst verbunden sind.[2]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teschemacherit ist leicht wasserlöslich und zersetzt sich in feuchter Umgebung. Mineralproben sollten daher vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt werden.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teschemacherit bildet sich in Guano-Lagerstätten. Paragenesen sind bisher nicht bekannt.

Aufgrund seiner extremen Seltenheit konnten bisher (Stand: 2023) nur wenige Proben von Teschemacherit gefunden werden und seine Typlokalität Saldanha Bay ist der bisher einzige bekannte Fundort in Südafrika.

Weitere dokumentierte Fundorte sind das Geothermalgebiet Sol de Mañana im Departamento Potosí von Bolivien, das Geothermalgebiet Broadlands auf der Nordinsel Neuseelands sowie auf der Isla Guañape und den Chincha-Inseln in Peru.[10] Auch in Aserbaidschan soll unter anderem Teschemacherit gefunden worden sein.[11]

Ein weiteres Vorkommen an der Westküste von Patagonien in Chile gilt bisher als zweifelhaft bzw. nicht bestätigt.[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • E. F. Teschemacher: LXXXIV. An Account of various Substances found in the Guano Deposits and in their Vicinity. In: Philosophical Magazine and Journal of Science. Band 28, 1846, S. 546–550; hier: 548, doi:10.1080/147864446086454 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 26. Juli 2023]).
  • James Dwight Dana, George Jarvis Brush: 735. Teschemacherite. In: A System of Mineralogy. 5. Auflage. John Wiley and Sons, New York 1868, S. 705 (englisch, rruff.info [PDF; 82 kB; abgerufen am 26. Juli 2023]).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 719.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Teschemacherite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c F. Pertlik: Verfeinerung der Kristallstruktur des Teschemacherits, NH4CO2(OH). In: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen. Band 29, Nr. 2, 1981, S. 67–74, doi:10.1007/BF01084698.
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 285 (englisch).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Teschemacherite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 24. Juli 2023 (englisch).
  6. a b Teschemacherite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 51 kB; abgerufen am 24. Juli 2023]).
  7. a b c Teschemacherite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 24. Juli 2023 (englisch).
  8. Edward F. Teschemacher (1791–1863). The Mineralogical Record, abgerufen am 24. Juli 2023.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. Juli 2023 (englisch).
  10. Fundortliste für Teschemacherit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 26. Juli 2023.
  11. A. M. Shekinski: The Natural Mineral Resources of Azerbaijan. Construction Materials. In: azer.com. Azerbaijan International, 1995, abgerufen am 26. Juli 2023.
  12. Teschemacherite from Chile. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 26. Juli 2023 (englisch).