Theobald Weinzäpfli

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Gedenktafel für Theobald Weinzäpfli auf der Münsterplattform in Bern, 1734 errichtet

Theobald Weinzäpfli (* um 1635; † 25. November 1694) war ein Schweizer evangelischer Theologe.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Rudolf Gruner berichtet in seinen Deliciae urbis Bernae, Weinzäpfli sei als «armer Papistischer Knab nach Bern kommen» und habe auf Kosten der Obrigkeit an der Hohen Schule in Bern Theologie studiert.[1] In der Nacht vom 22. auf den 23. Mai 1654 stürzte Theobald Weinzäpfli von der Münsterplattform in Bern und überlebte. Der Berner Deutschlehrmeister Wilhelm Lutz († 1708)[2] berichtet dazu:

„Als diser ein student war und wol musicieren und mit instrumenten auffspielen konnte, ist er mit jungen herren gaßatum gangen, am morgen früh (den 23. meyen 1654) haben sie ihn auff dem großen kirchhoff auff ein darauf weidend seümerroß gesetzt, daßelb munter fortgejagt, daß es mitten an die maur hinauß gestürzt, daß er hinab auff ein gartenzäünlj gefallen, arm und fuoß gebrochen, daß man ihn in der insul heilen mueßen, an einem fueß hinckend und ein arm lahm worden [...]“[3]

Am 29. Mai 1655 gewährte ihm der Kleine Rat eine Badekur in Baden um sechs Kronen und 25 Mass Wein.[4] Am 5. Februar 1658 wählte ihn der Kleine Rat zum Deutschlehrmeister.[5] Zudem predigte er im damals neuen Zucht- und Waisenhaus, später auch in der Nydeggkirche.[3] Am 13. Februar 1665 wurde Weinzäpfli zum Pfarrer in Kerzers[6] gewählt.[7]

Aus Weinzäpflis Testament geht hervor, dass er nie verheiratet war. Als Haupterben setzte er seinen Halbbruder Christen Wilenegger und seine Nichten Maria und Barbara Seidensticker ein.[7] Weiter vergabte er dem Obern Spital 30 Kronen, weil er «oft das Mütschli davon empfangen».[8]

Gedenktafel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gruner bemerkt, Weinzäpfli habe sich «ausgebetten», man möge zu seinen Lebzeiten kein Mahnmal errichten.[1] Aus der bernischen Bauherrenrechnung geht allerdings hervor, dass am 23. September 1693 dem Gipser Adam Fruting für eine Neufassung der «buchstaben, so zu gedechtnuß des über die kirchmauer herunter gefallenen predicanten Wynzäpfflins» ein Geldbetrag ausbezahlt wurde.[9] Der heute an der östlichen Mauer der Münsterplattform angebrachte, vermutlich aus Oberländer Kalkstein gefertigte Gedenkstein wurde 1734 durch den Marmorsäger Jean François Calame errichtet, die Inschrift durch den Flachmaler David Dick (1673–1760) vergoldet.[9] Am 25. April 1749 wies der Kleine Rat Altquästor Morlot an, es solle «der sogenannte Weinzäpffli Stein nicht weg gethan, wohl aber baß hinunder an Niveau der Maur gesezet werde.»[10]

Die Inschrift lautet:

DER ALLMACHT UND WUNDERBAHREN
VORSECHUNG GOTTES ZUR EHR
UND DER NACHWELT ZUR GEDÄCHTNUS
STECHET DIESSER STEIN ALHIER
ALS VON DANNEN HERR TEOBOLD WEINZÄPFLI
DEN 25. MAY 1654 VON EINEM PFERDT
HINUNDER GESTÜRZT WORDEN
UND HERNACH NACH DEM ER 30 IAHR
DER KIRCHEN VON KERTZERS ALS PFARRER VORGESTANDEN
IST ER DEN 25. NOVEMBER 1694
IN EINEM HOCHEN ALTER
SEELIGLICH GESTORBEN.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wilhelm Fetscherin: Schul- und Kulturhistorisches aus der Mitte des XVII. Jahrhunderts. In: Berner Taschenbuch. Band 27. Bern 1877, S. 227–247, doi:10.5169/seals-124252.
  • Adolf Fluri: Kurtze und einfaltige beschreibung, wie, wenn und auss was anlass die reformierte teütsche schul allhier zu Bern ihren anfang genommen habe : erstlich beschriben durch Gabriel Herrman, der zeit lehrmeister im 1597. jahr, und von ihme abgeschriben und et [...] In: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern. Band 17. Bern 1904, S. , doi:10.5169/seals-370852.
  • Adolf Fluri: Theobald Weinzäpflis Sturz über die Plattform und dessen Gedenktafel. In: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde. Band 14. Bern 1918, S. 324–325.
  • Adolf Fluri: Nachtrag zu „Weinzäpfli“. In: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde. Band 15. Bern 1919, S. 159.
  • Johann Rudolf Gruner: Deliciae urbis Bernae. Merckwürdigkeiten der hochlöbl. Stadt Bern. Aus mehrentheils ungedruckten authentischen Schrifften zusammen getragen. Zürich 1732 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Carl Friedrich Ludwig Lohner: Die reformirten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern. Thun 1863.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gruner 1732, S. 241.
  2. Karin Marti-Weissenbach: Wilhelm Lutz. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  3. a b Fluri 1904, S. 68.
  4. Fetscherin 1877, S. 241.
  5. Fluri 1904, S. 67.
  6. Der Kirchensatz zu Kerzers war im Besitz Deutschen Ordens, später des Stifts in Bern.
  7. a b Fetscherin 1877, S. 242.
  8. Fetscherin 1877, S. 240.
  9. a b Fluri 1918, S. 325.
  10. Fluri 1919, S. 159.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Theobald Weinzäpfli – Sammlung von Bildern