Thomas Liu Le Lann

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Thomas Liu Le Lann (* 1994 in Genf, Schweiz) ist ein französischer Künstler, der in Genf lebt und arbeitet.[1] Thomas Liu Le Lann schafft Skulpturen und Installationen in verschiedenen Techniken unter Verwendung von Stoff, Glas, Holz, Fotografie, Poesie und gefundenen Objekten.

Thomas Liu Le Lann, während der Ausstellung Études sur l'Empathie in der Fondation d'entreprise Ricard, aufgenommen am 2. Dezember 2019.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2016 Thomas Liu Le Lann absolvierte sein Studium an der École des Beaux-Arts in Nantes mit einem Abschluss als Bachelor und 2017 nach einem Studium der chinesischen Sprache und Literatur an der Universität für Sprache und Kultur Peking mit demselben akademischen Grad. Im Jahr 2018 erwarb er einen Master in zeitgenössischer künstlerischer Praxis an der HEAD (Haute École de Design de Genève) in Genf, bei Verena Dangler und Lili Reynaud-Dewar.[2]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinen Skulpturen, Videos, Sound-Installationen, Fotos und Texten untersucht er Machtlosigkeit, Versagen und Verletzlichkeit durch eine Mischung aus intimer Erfahrung und kollektiver Geschichte. Dabei hinterfragt er die Beziehung des Einzelnen zu Kindheit, Familie, Arbeit, kapitalistischen Produktionssystemen und Freizeitgesellschaft.[3] Mit seinen Werken konstruiert er visuelle Erzählungen, die mit Maßstäben und Materialien spielen und die Frage stellen, was es bedeutet, ein Held zu sein. In einem Interview mit Hans Ulrich Obrist nennt er als Einflüsse das Œuvre von Cosima von Bonin und Ida Ekblad.[4]

Thomas Liu Le Lann ist Mitbegründer und Mitverwalter von Cherish, einem von Künstlern betriebenen Ausstellungsraum in Genf, in Zusammenarbeit mit Ser Serpas, Mohamed Almussibli und James Bantone.[5][6] Seine Texte sinde oft Bestandteil seiner Ausstellungen.[7] Als Autoren, deren Werke für ihn von grundlegender Bedeutung sind, nennt er Marguerite Duras, insbesondere Un barrage contre le Pacifique, Le Ravissement de Lol V. Stein und l'Amant, Paul B. Preciado, Guillaume Dustan sowie Hervé Guibert, Voyage avec deux enfants und Le Mausolée des amants.[4]

2022 eröffnete eine Einzelausstellung bei Dittrich & Schlechtriem in Berlin zum Gallery-Weekend.[8] Dazu erschien eine Publikation mit Beiträgen von Pierre-Alexandre Mateos, Charles Teyssou und Ser Serpas.[9] Für die Ausstellung Milo realisierte er einen riesigen Schnuller aus Glas, welchen er auf einem Stapel Paletten platzierte. Das rohe, unbehandelte Holz steht in starkem Kontrast zu dem glatten Nuckel. Liu Le Lanns Werke sind mal flauschig-weich, mal dehnbar, dann wieder kühl und glatt. Frottee trifft auf Glas, Samt schmiegt sich an Vinyl. In seinen Arbeiten setzt er immer wieder Hinweise auf Menschen, die ihm nah waren. Die Installation, mit dem Titel Amore E Morte aus dem Jahr 2021, besteht aus Lederschuhen auf einem Glasboden, in dem man sich spiegeln kann, die den Künstler an Milo, einen einstigen Liebhaber, erinnern.[10]

Um seine Arbeiten herzustellen kooperiert er immer wieder mit Facharbeitern. Seine Glasobjekte entstehen in Zusammenarbeit mit dem französischen Glasbläser Vincent Breed,[8] seine Textil-Arbeiten entstehen in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Polsterer Vladimir Boson.[11] Keramiken, die in Zusammenarbeit mit Anne Minazio entstanden, wurden 2021 in einer Ausstellung bei der Galerie Xippas in Genf präsentiert.[12]

Thomas Liu Le Lann entwickelte die Serie der Soft Heroes. Als Referenz nennt er Claes Oldenburg und Cosima von Bonin.[13] Der Kunstkritiker Paul Clinton verglich sie mit "den unauffindbaren Liebesobjekten in Dennis Coopers Fiktion", denn die Jungen, von denen Cooper besessen ist, haben keine erkennbaren Eigenschaften und weigern sich, sich selbst auszudrücken.[14] In der Serie der Soft Heroes beschäftigt er sich Ausarbeitung von Fiktionen, die von der Populärkultur inspiriert sind. Auf diese Weise schafft er diese „weichen Skulpturen“, die auf dem Boden installiert werden, als Figuren ohne Gesicht und Ausdruck, deren einzige sichtbare Haltung es zu sein scheint, dass sie die Welt um sich herum aufgegeben haben. Die gigantischen Figuren sind erschlafft, manchmal an der Grenze zur Formlosigkeit, wie überforderte, moderne und müde Superhelden. Bekleidet mit einer Harlekin-Maske, könnten sie aber auch auf dem Weg zum nächsten Banküberfall sein.[15][16]

Im Jahr 2021 präsentierte die österreichische Galerie VIN VIN einen 7-Meter langen Soft-Hero auf dem zentralen Skulpturenplatz der Art Fair in Basel.[17] Seit 2022 ist er mit Ziwen Liu Le Lann verheiratet.[14]

Für seine Teilnahme am Berthoud-, Lissignol-Chevalier- und Galland-Stipendium der Stadt Genf wurde er im September 2023 im Bereich bildende Kunst ausgezeichnet.[18] Für die Präsentation im Centre d’art contemporain Genève schuf er eine Installation bestehend aus zwei linken, gläsernen Boxhandschuhen sowie einem Video, welches ihn in einer Fechtausrüstung zeigte.[19]

Für die Weihnachtskampagne des Pariser Warenhauses La Samaritaine im Winter 2023, realisierte er anlässlich des Films Wonka eine Installation aus gläsernen Lollipops, die Gefühle von Genuss, Sehnsucht und Verlangen thematisierten.[20]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2018 New HEADs Fondation BNP Paribas Art Awards, Geneva, Switzerland[21]
  • 2018 Prize HEAD Gallery, Galerie Xippas, Geneva, Switzerland[16]
  • 2023 „Visual Arts grant“, Grants of the City of Geneva[22]

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2018: ShowDown, Musée des Beaux-Arts, Le Locle[23]
  • 2018: Ziwen, Maladie d’Amour, Grenoble[24]
  • 2023: Training Part 7, La Samaritaine, Paris[25]
  • Herbst 2024: Entertainment, E-Werk, Freiburg im Breisgau[26]

Gemeinschaftsausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2015 Pupa, Millefeuilles Studio, Nantes, Frankreich
  • 2016 COOL, Pas le temps, Nantes,
  • 2016 PNG, TU Théâtre Universitaire, Nantes
  • 2017 Xi, BAM Festival, Nantes
  • 2019 28 Days, 6 Hours, 42 Minutes, 12 Seconds, Mikro, Zurich
  • 2019 Études sur L’empathie, Fondation Ricard, Paris
  • 2019 New Heads, artgenève, Genf
  • 2019 Offshore framing, Take Festival, Wien
  • 2019 Plattform19, Centre d’Art Contemporain, Yverdon-les-Bains, Schweiz
  • 2020 Une Histoire D’amour, One Gee In Fog, Genf
  • 2021 Stitches: Scènes, Corps, Décors, Le Commun, Genf
  • 2022 Baby, Welcome to the Party, Maison des Arts Georges & Claude Pompidou, Cajarc, Frankreich
  • 2022 Barbe à papa, CAPC Bordeaux, Frankreich
  • 2023 Bourses de la Ville de Genève 2023, Centre d’Art Contemporain, Genf
  • 2023 Claustrophobia Alpina III Relief, Espace d’art Forde, Genf

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Liu Le Lann. New Heads Fondation BNP Paribas Art Awards 2019, HEAD Genf und BNP Paribas Fondation Schweiz (Monografie)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas Liu Le Lann. In: The Fondation d’entreprise Pernod Ricard. Abgerufen am 3. März 2024.
  2. Thomas Liu Le Lann - French Toast. In: Vin Vin. Abgerufen am 7. März 2024.
  3. Vorschau | Gegenwartskunst. In: Galerie für Gegenwartskunst. Abgerufen am 3. März 2024.
  4. a b Thomas Liu Le Lann: Best Western. In: lubov.nyc. Abgerufen am 3. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  5. Mohamed Almusibli to ead Kunsthalle Basel. In: Artforum. 14. November 2023, abgerufen am 3. März 2024 (englisch).
  6. Info. In: Cherish. Abgerufen am 3. März 2024 (englisch).
  7. Bourses de la Ville de Genève – Thomas Liu Le Lann vit l'art comme un corps à corps. In: tdg.ch. 16. September 2023, abgerufen am 3. März 2024 (französisch).
  8. a b Dittrich Schlechtriem - Thomas Liu Le Lann - 2021. In: Gallery Weekend Berlin. Abgerufen am 3. März 2024 (englisch).
  9. Pierre-Alexandre Mateos, Charles Teyssou, Ser Serpas: Thomas Liu Le Lann: Milo. Dittrich & Schlechtreim, 2021 (google.com [abgerufen am 3. März 2024]).
  10. Thomas Liu Le Lann: Wer ist Milo? In: gallerytalk.net. 10. Mai 2021, abgerufen am 3. März 2024.
  11. Snubbull / Thomas Liu Le Lann. In: Vladimir Boson. Abgerufen am 3. März 2024 (französisch).
  12. Xippas ouvre un second espace aux Bains, avec des "Buckets" pour commencer. In: bilan.ch. 9. Juli 2021, abgerufen am 3. März 2024 (französisch).
  13. Federica Nicastro: Thomas Liu Le Lann: What can I tell to the inner Thomas? In: pw-magazine.com. Abgerufen am 3. März 2024 (englisch).
  14. a b Nele Jackson: Thomas Liu le Lann & l’écriture du moi. In: novembre.global. Abgerufen am 11. März 2024 (englisch).
  15. E-Werk Freiburg: Sammlung Jakob: Eine künstlerische DNA-Probe. In: regiotrends.de. Abgerufen am 11. März 2024.
  16. a b Thomas Liu Le Lann – Ziwen, You Deserve All the Flowers that Still Grow on Earth. In: Xippas. 2019, abgerufen am 3. März 2024 (englisch).
  17. Die kleine Schwester der Art Basel. In: fuw.ch. 24. September 2021, abgerufen am 3. März 2024.
  18. Exposition à Genève – Les Bourses hantent le Centre d’art contemporain. In: bilan.ch. 7. September 2023, abgerufen am 3. März 2024 (französisch).
  19. Bourses de la Ville de Genève – Thomas Liu Le Lann vit l'art comme un corps à corps. In: tdg.ch. 16. September 2023, abgerufen am 3. März 2024 (französisch).
  20. Es weihnachtet im La Samaritainee Paris. In: prnewswire.com. Abgerufen am 11. März 2024.
  21. Thomas Liu Le Lann: New Heads – BNP Paribas Art Award. In: mutualart.com. 2018, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).
  22. Grants of the City of Geneva 2023. In: centre.ch. 2023, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).
  23. Thomas Liu Le Lann, 03.11.2018–27.01.2019. In: Musée des beaux-arts. 2018, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).
  24. Ziwen, expo de Thomas Liu Le Lann à la Galerie Xippas. In: Dandy. 2018, abgerufen am 12. März 2024 (französisch).
  25. Thomas Liu Le Lann: "There's Something Very Nostalgic about Lollipops". In: DFS Group Ltd. 2. November 2023, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).
  26. Thomas Liu Le Lann | Entertainment | Solopräsentation 13.9.2024 – 10.11.2024. In: gegenwartskunst-freiburg.de. 2024, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).