Toby Walsh

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Toby Walsh

Toby Walsh (* 11. April 1964 in England) ist ein britisch-australischer Informatiker, der auf dem Gebiet Künstliche Intelligenz forscht und publiziert. Schwerpunkte seiner Forschung sind Gruppenentscheidungen, Constraintprogrammierung, und das Erfüllbarkeitsproblem der Aussagenlogik. Seit 2016 ist er Scientia Professor of Artificial Intelligence an der University of New South Wales in Sydney, Australien. Außerdem arbeitet er an dem Projekt Data61 innerhalb der australischen Forschungsorganisation Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) mit. Von 2016 bis Anfang 2020 war er Leiter des AMPLify Project[1] am Institut für Softwaretechnik und Theoretische Informatik[2] der Technische Universität Berlin. Im Juli 2020 erhielt Walsh ein Australian Laureate Fellowship für ein großangelegtes Forschungsprojekt über das vertrauenswürdige Design von KI-Systemen.

Seit 2017 veröffentlicht er populärwissenschaftliche Bücher über Künstliche Intelligenz, die auch ins Deutsch übersetzt werden.

Studium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walsh studierte zunächst theoretische Physik und Mathematik an der University of Cambridge. Danach erworb er einen M. Sc. und einen Ph.D. auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz an der The University of Edinburgh. Unter Alan Bundy schrieb er eine Dissertation mit dem Titel Theory of abstraction. Anschließend forschte er auf dem Gebiet der Komplexitätstheorie und insbesondere über die Eigenschaften von Algorithmen.

Beruflicher Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Wissenschaftler hat er bisher Forschungsstellen in mehreren Ländern inne, unter anderem in England, Irland, Schottland, Italien, Frankreich, Deutschland, und Schweden. 2014 erhielt er von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung Forschungsförderung, um an der Universität Potsdam zu forschen.[3] Im Jahr 2016 mit Hilfe von Forschungsförderung[1] des Europäischen Forschungsrats baute er eine Abteilung für Algorithmic Decision Theory am Institut für Softwaretechnik und Theoretische Informatik an der Technische Universität Berlin auf und war immer wieder dort zu Gast.[4] Seit 1989 nimmt er regelmäßig an internationalen Konferenzen teil.[5] Zusätzlich zu seiner Forschungsarbeit ist er Mitherausgeber von grundlegenden Werken, wie etwa das Handbook of Constraint Programming (2006) oder das Handbook of Satisfiability (2009), und Konferenzbänden von wissenschaftlichen Konferenzen, wie etwa das Band zu Algorithmic Decision Theory: 4th International Conference ADT 2015.

Im Jahr 2020 erhielt Walsh ein Australian Laureate Fellowship.[6] Verbunden mit der Auszeichnung ist die Gewährung von Fördermittel (über 3 Million australischen Dollar[7]) über einen Zeitraum von fünf Jahren für die Durchführung eines vorab umrissenen Projekts. Ziel des Projekts ist es zu untersuchen, wie KI-Systeme vertrauenswürdig, gerecht, erklärbar, und transparent gestaltet werden können, während zugleich die Privatsphäre des Menschen bewahrt wird. Es sollen sowohl das entsprechende Werkzeug wie auch Empfehlungen an die politisch Verantwortlichen erstellt werden. Begründet wurde der Förderungsantrag auf die zunehmende Einbeziehung von Computern an öffentlichen und privaten Entscheidungen.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 2011 bis 2013 war Walsh ein gewähltes Mitglied des Exekutivrats der Association for the Advancement of Artificial Intelligence, einer non-profit Organisation, die in Palo Alto, Kalifornien basiert ist und der Erforschung und Anwendung Künstlicher Intelligenz gewidmet ist.[8]

Walsh engagiert sich bei dem Campaign to Stop Killer Robots,[9] ein im Oktober 2012 gegründeter Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, die sich für ein präventives Verbot von tödlichen autonomen Waffen einsetzt. In einem offenen Brief an die Vereinten Nationen wurde gewarnt, dass heutige Entwicklungen in KI zu einem neuen Wettrüsten unter vielen Staaten der Welt führen könnte. Er war einer der führenden Technologieexperten, die den Brief unterzeichneten, der am 28. Juli 2015 auf dem International Joint Conference on Artificial Intelligence (IJCAI) vorgestellt wurde.[10] Später hielt er einen Vortrag über das Thema beim TEDxBerlin.[11]

2018 war er Vorsitzender einer Expertengruppe der Australian Council of Learned Academies (ACOLA), die auf Bitten des Regierungsberaters für Wissenschaft und Technologie, Alan Finkel, einen Bericht mit dem Titel Deployment of Artificial Intelligence and what it presents for Australia erstellte.

Im selben Jahr sprach er sich öffentlich dafür aus, dass die sechs größten Unternehmen der Informationstechnologie, aber vor allem Facebook und Google, in kleineren Unternehmen aufgebrochen, stärker versteuert und unter strengere staatliche Regulierung gestellt werden sollten.[12]

Walsh ist einer der Organisatoren der RoboCup, ein Fußballwettbewerb für Roboter-Mannschaften.[13]

Durch Interviews, Vorträge und populärwissenschaftliche Bücher versucht Walsh die Öffentlichkeit über die Chancen und Gefahren von KI zu informieren.[14]

Seine beide Bücher sind inzwischen in mehreren Sprachen übersetzt worden. In dem 2017 ins Deutsch übersetzten Buch, It’s Alive fasst er die vergangene, gegenwärtige und künftige Entwicklungen von KI zusammen. Er stellt zehn Vorhersagen auf, wie unsere Welt durch den Einfluss von technischen Entwicklungen, die durch KI ermöglicht werden, im Jahr 2050 aussehen könnte. Dabei sieht er einerseits eine Verbesserung der Lebensumständen, aber ebenso die Gefahr, dass dies nicht einheitlich geschieht, sondern zu wachsender Ungleichheit führen könnte.[15] Er vertritt den Standpunkt, dass eine Regulierung der KI-Forschung nötig wird, damit die Möglichkeiten von KI in die richtigen Bahnen gelenkt werden.[16]

In dem darauf anschließenden Werk mit dem Titel 2062 setzt er seine Analyse fort und zeichnet auf, warum er glaubt, dass in der kurzen Zeit bis zum Jahr 2062, die Spezies Homo sapiens von Homo digitalis überholt, und menschliches Denken von maschinelles Denken ersetzt werden.[17] Dabei breite er einige Ideen aus, wie Entscheidungsträger und Unternehmen durch bewusste ethische Entscheidungen die absehbare und weniger absehbare Gefahren umgehen können.[18] In einem 2019 geführten Interview sagte er dazu:[4]

„Im Jahr 2062 wird die Welt ganz anders aussehen als heute. Deshalb müssen wir heute die Weichen dafür stellen, dass es eine lebenswerte Welt ist. Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen noch eine Aufgabe haben, ein Einkommen, dass sie ihre Zukunft selbst gestalten. Philosophen müssen bei der Weiterentwicklung der Maschinen eine Rolle spielen, denn es sind viele ethische Fragen zu lösen. Dann kann uns die KI dienlich sein.“

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2017: New Statesman. Books of the Year[19]
  • 2016: NSW Premier's Prize for Excellence in Engineering and Information and Communications Technologies[20]
  • 2016: Fellow of Australian Academy of Science[21]
  • 2014: Humboldt-Forschungspreis
  • 2008: AAAI Fellow[22]
  • 2003: EurAI Fellow[23]
  • 1992: Royal Society European Exchange Fellow.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • It’s Alive! Artificial Intelligence from the Logic Piano to Killer Robots. Latrobe University Press, Carlton (Vic.) 2017, ISBN 978-1-86395-943-8.
    • Android Dreams: The Past, Present and Future of Artificial Intelligence. Hurst, London 2017, ISBN 978-1-78738-057-8 (UK-Ausgabe).
    • Machines that Think: The Future of Artificial Intelligence. Prometheus Books, Amherst, NY 2018, ISBN 978-1-63388-375-8 (US-Ausgabe).
    • It's alive: Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändern wird. Edition Körber, Hamburg 2018, ISBN 978-3-89684-266-4.
  • 2062: The World that AI Made. LaTrobe University Press, Carlton (Vic.) 2018, ISBN 978-1-76064-051-4.
    • 2062: Das Jahr, in dem die künstliche Intelligenz uns ebenbürtig sein wird. Riva, München 2019, ISBN 978-3-7423-0860-3.

Aufsätze (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • (2020) Jiro Kokuryo, Catharina Maracke, Toby Walsh: Introduction. In: AI for Everyone: benefitting from and building trust in the technology. AI Access, 2020, ISBN 978-0-244-55730-0 (112 S., cse.unsw.edu.au [PDF]).
  • (2017) Toby Walsh: End of work days. In: The Big Issue Australia. Nr. 546, 22. September 2017, ISSN 1326-639X (20 S.).
  • (2016) Toby Walsh: Turing’s red flag. In: Communications of the ACM (Association for Computing Machinery). Band 59, Nr. 7, Juli 2016, ISSN 0001-0782, S. 34–37, doi:10.1145/2838729.
  • (2016) Christian Bessiere, Abderrazak Daoud, u. a.: New Approaches to Constraint Acquisition. In: Christian Bessiere u. a. (Hrsg.): Data Mining and Constraint Programming. Springer, 2016, ISBN 978-3-319-50136-9, S. 51–76 (als Mitautor).
  • (2016) Vincent Conitzer und Toby Walsh: Barriers to Manipulation in Voting. In: Handbook of Computational Social Choice. Cambridge University Press, Cambridge 2016, ISBN 978-1-107-06043-2, S. 127–145.
  • (2014) Toby Walsh: Candy Crush’s Puzzling Mathematics. In: American Scientist. Band 102, 102 (November/December), 2014, S. 430–433, JSTOR:43707864.
  • (2011) Francesca Rossi, Kristen Brent Venable and Toby Walsh: A Short Introduction to Preferences: Between Artificial Intelligence and Social Choice. Morgan and Claypool Publishers, 2011, ISBN 978-1-60845-586-7.
  • (1997) Gent, Ian P. u. a.: How not to do it (= Research Report Series. Nr. 97.27). School of Computer Studies, University of Leeds, 1997 (cloudfront.net [PDF] als Mitautor).
  • (1996) Gent, Ian P., und Toby Walsh: The search for satisfaction. Department of Computer Science. University of Strathclyde.
  • (1996) Toby Walsh: A divergence critic for inductive proof. In: Journal of Artificial Intelligence Research. Band 4, S. 209–235.
  • (1993) Ian P. Gent, und Toby Walsh: An Empirical Analysis of Search in GSAT. In: Journal of Artificial Intelligence Research. Band 1, 1993, S. 47–59 (cse.unsw.edu.au [PDF]).
  • (1992) David Basin, Toby Walsh: Difference Unification. Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken (cse.unsw.com.au [PDF]).
  • (1992) Fausto Giunehiglia, Toby Walsh: A theory of abstraction. In: Artificial Intelligence. Band 57, 1992, S. 323–389, doi:10.1016/0004-3702(92)90021-O.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Allocation Made PracticaL. Abgerufen am 22. Juli 2020.
  2. Publications. In: Institut für Softwaretechnik und Theoretische Informatik. Abgerufen am 21. Juli 2020.
  3. Prof. Dr. Toby Walsh. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. August 2019; abgerufen am 21. Juli 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.humboldt-foundation.de
  4. a b Patricia Pätzold: Wir müssen heute die Weichen stellen. TUB-newsportal, 29. Juli 2019, abgerufen am 21. Juli 2020.
  5. Opening Speech. In: videolectures.net. Abgerufen am 20. Juli 2020 (22nd International Joint Conference on Artificial Intelligence (IJCAI), Barcelona 2011).
  6. 2020 Laureate Profile: Professor Toby Walsh. Abgerufen am 9. Juli 2020.
  7. Scheme Round Statistics for Approved Proposals – Australian Laureate Fellowships 2020 round 1. In: Australian Research Council. Abgerufen am 9. Juli 2020.
  8. Past AAAI Officials. Abgerufen am 21. Juli 2020.
  9. Oct 20 2015. In: Campaign to Stop Killer Robots. Abgerufen am 21. Juli 2020.
  10. open letter. (PDF) In: Future of Life Institute. 28. Juli 2015, abgerufen am 9. Juli 2020.
  11. How can you stop killer robots. 8. Oktober 2015, abgerufen am 21. Juli 2020.
  12. Toby Walsh: Facebook and Google are run by today’s robber barons. Break them up. In: The Guardian. 23. Oktober 2018, abgerufen am 21. Juli 2020.
  13. Claudia Dreifus: Toby Walsh, A.I. Expert, Is Racing to Stop the Killer Robots. In: New York Times. 30. Juli 2020, abgerufen am 29. Juni 2020.
  14. TV, Radio, Presentations, Events. Abgerufen am 21. Juli 2020.
  15. Alexander Armbruster: Er war 13 Jahre alt: Computerfachmann Toby Walsh. In: FAZ. 29. September 2018, abgerufen am 21. Juli 2020.
  16. Simon Hurtz: Diese Technologien können Angst machen. In: Sueddeutsche Zeitung. 27. Dezember 2018, abgerufen am 21. Juli 2020.
  17. Toby Walsh: Homo digitalis – ist das die Zukunft? In: PC-Welt. 18. Oktober 2019, abgerufen am 21. Juli 2020.
  18. Vera Linß: Künstliche Intelligenz demokratiefähig machen–Toby Walsh: „2062“. (Podcast) In: Deutschlandfunk Kultur. 4. Mai 2019, abgerufen am 21. Juli 2020.
  19. Books of the Year 2017. In: New Statesman. 21. November 2017, abgerufen am 21. Juli 2020.
  20. 2016 Category Prize Winners. In: chiefscientist.nsw.gov.au. NSW Government, abgerufen am 21. Juli 2020.
  21. Awards and Honours. 5. August 2019, abgerufen am 9. Juli 2020.
  22. Elected AAAI Fellows. In: aaai.org. Association for the Advanement of Artificial Intelligence, abgerufen am 21. Juli 2020.
  23. Fellows. In: eurai.org. European Association for Artificial Intelligence, abgerufen am 21. Juli 2020.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]