Toeplitz-Vermutung

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Beispiel: Die schwarze strichlierte Linie geht durch alle Eckpunkte der verschiedenen blauen Quadrate.

Bei der Toeplitz-Vermutung handelt es sich um eine ungelöste Fragestellung aus der Geometrie: Enthält jede geschlossene Jordan-Kurve alle Eckpunkte eines Quadrates? In einigen Spezialfällen wurde die Vermutung bereits gelöst, bspw. wenn die Kurve konvex oder stückweise glatt ist. Das Problem wurde erstmals von Otto Toeplitz[1] im Jahr 1911 beschrieben. Die ersten positiven Ergebnisse wurden von Arnold Emch[2] und Lew Genrichowitsch Schnirelman[3] gefunden. Der allgemeine Fall ist offen (2016).[4]

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei eine geschlossene Jordan-Kurve. Ein Polygon ist in eingeschrieben, wenn alle Eckpunkte von zu gehören. Die Toeplitz-Vermutung lautet:

Jede geschlossene Jordan-Kurve besitzt ein eingeschriebenes Quadrat.

Dabei ist es nicht notwendig, dass die Eckpunkte des Quadrates in einer gewissen Reihenfolge vorkommen.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manche geometrischen Darstellungen, wie zum Beispiel Kreis und Quadrat, lassen unendlich viele eingeschriebene Quadrate zu. Wenn es sich bei C um ein stumpfwinkliges Dreieck handelt, dann kann es genau ein eingeschriebenes Quadrat geben, bei rechtwinkligen Dreiecken kann es genau zwei geben, und spitze Dreiecke lassen genau drei zu.[5]

Gelöste Fälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein naheliegender Ansatz wäre, das Problem des eingeschriebenen Quadrats zu lösen, indem man beweist, dass eine spezielle Klasse von geschlossenen Kurven immer ein eingeschriebenes Quadrat enthält, und anschließend eine beliebige Kurve durch eine Folge geschlossener Kurven approximiert und daraus schließt, dass es ein eingeschriebenes Quadrat gibt als Grenzwert der Quadrate, welche in die Kurvenfolge eingeschrieben werden können. Jedoch muss der Grenzwert einer Folge von Quadraten nicht notwendigerweise ein Quadrat sein, sondern kann auch ein einzelner Punkt sein.[6]

Stückweise analytische Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Emch (1916) hat gezeigt, dass stückweise analytische Kurven immer eingeschriebene Quadrate haben. Insbesondere trifft das auf Polygone zu. Emch’s Beweis betrachtet die Kurven, die von den Mittelpunkten von denjenigen Sekanten, die parallel zu einer gegebenen Geraden sind, gebildet werden. Er zeigt, dass man, wenn diese Kurven mit den Kurven, die auf gleiche Weise für eine lotrechte Familie von Sekanten erzeugt wurden, geschnitten werden, eine ungerade Anzahl von Schnittpunkten erhält. Daher gibt es immer zumindest einen Schnittpunkt, der den Mittelpunkt einer in die Kurve eingeschriebenen Raute bildet. Durch kontinuierliche Rotation der beiden lotrechten Geraden und Anwendung des Zwischenwertsatzes zeigt er, dass zumindest eine dieser Rauten ein Quadrat ist.[7]

Lokal monotone Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walter Stromquist hat bewiesen, dass jede lokal monotone ebene einfache Kurve ein eingeschriebenes Quadrat zulässt.[8] Die Bedingung der lokalen Monotonie hat zur Folge, dass sich für jeden Punkt p die Kurve C lokal als Graph der Funktion darstellen lässt. Genauer gesagt: Für jeden Punkt auf existiert eine Umgebung und eine festgelegte Richtung (die Richtung der „-Achse“), sodass keine Sehne von in dieser Umgebung parallel zu ist. Lokal monotone Kurven beinhalten alle Polygone, alle geschlossenen konvexen Kurven sowie alle stückweisen C1-Kurven ohne Spitze.

Kurven ohne speziell Trapezoide[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine schwächere Bedingung für die Kurve als die lokale Monotonie ist, dass für manche die Kurve keine eingeschriebenen sogenannte „spezielle Trapezoide“ der Größe hat. Ein spezielles Trapezoid ist dabei das Trapezoid mit drei gleich langen Seiten, jede davon länger als die vierte Seite. Die Eckpunkte des Trapezoids sind dabei so auf der Kurve angeordnet, dass ihre Reihenfolge mit dem eines Durchlaufs der Kurve im Uhrzeigersinn übereinstimmt. Als Größe des Trapezoids wird dabei die Länge des Teils der Kurve verstanden, der dem Verlauf entlang der drei gleich langen Seiten des Trapezoids entspricht. Dessen Größe ist Teil der Kurve, die um die drei gleich langen Seiten erweitert ist. Falls es keine derartigen Trapezoide gibt (oder eine gerade Anzahl davon), kann ein Grenzübergang ausgeführt und so gezeigt werden, dass die Kurven immer ein eingeschriebenes Quadrat haben.[9]

Kurven im Kreisring[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn eine Jordan-Kurve in einem Kreisring liegt, dessen Außenradius höchstens -mal so groß wie der Innenradius ist, und die Kurve so gezeichnet ist, dass sie den inneren Kreis vom äußeren trennt, dann besitzt sie ein eingeschriebenes Quadrat. Falls diese Kurve durch eine geschlossene Kurve approximiert werden kann, dann sind alle „großen“ Quadrate, die den Mittelpunkt des Kreisrings beinhalten und in dieser Approximation eingeschrieben sind, topologisch von den Quadraten getrennt, die den Mittelpunkt des Kreisrings nicht enthalten. Der Grenzwert der Folge der großen Quadrate muss wieder ein großes Quadrat sein und fällt nicht zu einem einzelnen Punkt zusammen. Daher darf der Grenzwertsatz angewandt werden.[10]

Symmetrische Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zentralsymmetrische Kurven besitzen ebenfalls eingeschriebene Quadrate, sogar Fraktale wie zum Beispiel die Koch-Kurve.[11]

Glatte Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Beweis für geschlossene glatte Jordan-Kurven gelang Schnirelman 1929.[12] 2020 zeigten Joshua Greene und Andrew Lobb,[13][14] dass die Kurve in diesem Fall ein Rechteck enthält, das ähnlich zu einem beliebigen Rechteck ist (gekennzeichnet durch das Verhältnis der Seitenlängen). Das Toeplitz-Problem ist allgemeiner für beliebige Jordan-Kurven gestellt. Diese müssen nicht glatt sein, sondern nur stetig.

Varianten und Generalisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kann sich die Frage stellen, ob auch andere Formen in eine beliebige Jordan-Kurve eingeschrieben werden können. Es ist bekannt, dass es für jedes Dreieck und jede geschlossene Jordan-Kurve ein zu ähnliches Dreieck gibt, das in eingeschrieben ist.[15][16] Darüber hinaus ist die Menge der Eckpunkte solcher Dreiecke eine in der Kurve dichte Teilmenge.[17] Es gibt vor allem immer ein gleichseitiges eingeschriebenes Dreieck. Es ist auch bekannt, dass jede geschlossene Jordan-Kurve ein eingeschriebenes Rechteck zulässt.

Manche Verallgemeinerungen der Toeplitz-Vermutung erwägen eingeschriebene Polygone für Kurven und sogar allgemeine Kontinua in höherdimensionalen euklidischen Räumen. Stromquist hat zum Beispiel bewiesen, dass jede stetige geschlossene Kurve im , die die Bedingung, dass keine zwei Kreissehnen von in einer geeigneten Nachbarschaft von irgendeinem Punkt senkrecht zueinander sind, ein eingeschriebenes Viereck mit gleichen Seiten und gleichen Diagonalen zulässt.[18] Diese Klasse von Kurven beinhaltet alle -Kurven. Nielsen und Wright haben bewiesen, dass jedes symmetrische Kontinuum in viele eingeschriebene Rechtecke beinhaltet.[19] Heinrich W. Guggenheimer konnte zeigen, dass jede Hyperfläche, die -diffeomorph zu der Sphäre ist, Eckpunkte eines regulären Hyperwürfels beinhaltet.[20]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto Toeplitz: Über einige Aufgaben der Analysis situs. In: Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Solothurn. 94. Jahrgang, 1911, S. 197.
  2. Emch: On some properties of the medians of closed continuous curves formed by analytic arcs, American Journal of Mathematics, Band 38, 1916, S. 6–18
  3. Lev Šnirel'man: On certain geometrical properties of closed curves. In: Akademiya Nauk SSSR i Moskovskoe Matematicheskoe Obshchestvo. Uspekhi Matematicheskikh Nauk. 10. Jahrgang, 1944, S. 34–44.
  4. Terence Tao: An integration approach to the Toeplitz square peg problem. 22. November 2016;.
  5. Herbert Bailey: Squares inscribed in angles and triangles. In: Mathematics Magazine. 71. Jahrgang, 1998, S. 278–284.
  6. Benjamin Matschke: A survey on the square peg problem. In: Notices of the American Mathematical Society. 61. Jahrgang, 2014, S. 346–253, doi:10.1016/0033-5894(85)90074-2.
  7. Benjamin Matschke: A survey on the square peg problem. In: Notices of the American Mathematical Society. 61. Jahrgang, 2014, S. 346–253, doi:10.1016/0033-5894(85)90074-2.
  8. Walter Stromquist: Inscribed squares and square-like quadrilaterals in closed curves. In: Mathematika. 36. Jahrgang, 1989, S. 187–197, doi:10.1112/S0025579300013061.
  9. Benjamin Matschke: A survey on the square peg problem. In: Notices of the American Mathematical Society. 61. Jahrgang, 2014, S. 346–253, doi:10.1016/0033-5894(85)90074-2.
  10. Benjamin Matschke: A survey on the square peg problem. In: Notices of the American Mathematical Society. 61. Jahrgang, 2014, S. 346–253, doi:10.1016/0033-5894(85)90074-2.
  11. Mark Nielsen, S. E. Wright: Rectangles inscribed in symmetric continua. In: Geometriae Dedicata. 56. Jahrgang, 1995, S. 285–297, doi:10.1007/BF01263570.
  12. Schnirelman, Über einige geometrische Eigenschaften von geschlossenen Kurven (Russisch), Usp. Mat. Nauk., Band 10, 1929, S. 34–44.
  13. Joshua Evan Greene, Andrew Lobb: The Rectangular Peg Problem, Arxiv 2020
  14. Kevin Hartnett, New geometric perspective cracks old problem about rectangles, Quanta Magazine, 25. Juni 2020
  15. Mark D. Meyerson: Equilateral triangles and continuous curves. In: Fundamenta Mathematicae. 110. Jahrgang, 1980, S. 1–9.
  16. E. H. Kronheimer, P. B. Kronheimer: The tripos problem. In: Journal of the London Mathematical Society. 24. Jahrgang, 1981, S. 182–192, doi:10.1112/jlms/s2-24.1.182, bibcode:1985QuRes..23...87O.
  17. Mark Nielsen, S. E. Wright: Rectangles inscribed in symmetric continua. In: Geometriae Dedicata. 56. Jahrgang, 1995, S. 285–297, doi:10.1007/BF01263570.
  18. Walter Stromquist: Inscribed squares and square-like quadrilaterals in closed curves. In: Mathematika. 36. Jahrgang, 1989, S. 187–197, doi:10.1112/S0025579300013061.
  19. Mark Nielsen, S. E. Wright: Rectangles inscribed in symmetric continua. In: Geometriae Dedicata. 56. Jahrgang, 1995, S. 285–297, doi:10.1007/BF01263570.
  20. H. Guggenheimer: Finite sets on curves and surfaces. In: Israel Journal of Mathematics. 3. Jahrgang, 1965, S. 104–112, doi:10.1007/BF02760036.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]