Topliss-Schemata

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Die Topliss-Schemata werden in der Synthese und Optimierung von Wirkstoffen verwendet. Sie sind Vorschläge, in welcher Reihenfolge Analoga der Ausgangssubstanz hergestellt und getestet werden sollen, um möglichst schnell zu möglichst wirksamen Derivaten zu kommen. Diese Schemata wurden seit 1972 von John G. Topliss entwickelt. Es wird unterschieden zwischen dem Topliss-Entscheidungsbaum (engl. Topliss tree, Topliss' decision tree) und dem Topliss-Schema (engl. Topliss scheme, Topliss batchwise scheme).

Beide Ansätze basieren darauf, dass im Wesentlichen drei Parameter des Substituenten Einfluss auf die biologische Aktivität der Substanz haben:

  • π, ein Maß für die Hydrophobie der Substanz, z. B. aus dem logP
  • σ, die Hamett-Konstante, ein Wert für den elektronischen Einfluss eines Substituenten
  • ES, der sterische Einfluss eines Substituenten nach Taft

Topliss-Entscheidungsbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Topliss-Entscheidungsbäume werden einzelne Substanzen nacheinander synthetisiert und ihre biologische Aktivität getestet. Dabei wird jeweils verglichen, ob die neue Substanz aktiver (more aktive, M), gleich aktiv (equiactive, E) oder weniger aktiv (less active, L) ist. Welche Substanz als Nächstes synthetisiert und getestet werden könnte, wird dann anhand des Schemas entschieden. Einen solchen Entscheidungsbaum gibt es sowohl für Benzol-basierte als auch für Alkylreste.[1]

Aromatische Verbindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Topliss-Schema für aromatische Verbindungen
Topliss-Entscheidungsbaum für aromatische Substituenten
rot=weniger aktiv; gelb=gleich aktiv; grün=aktiver; grau=kein Aktivitätssprung

Alkylketten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Topliss-Schema für aromatische Verbindungen
Topliss-Entscheidungsbaum für Seitenketten
rot=weniger aktiv; gelb=gleich aktiv; grün=aktiver; grau=kein Aktivitätssprung

Topliss-Schema[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da die Wirkstoffoptimierung mit Topliss-Entscheidungsbäumen aufgrund der Linearität des Prozesses immer noch mit hohem Zeitaufwand verbunden ist, entwickelte Topliss 1977 einen nochmals verbesserten Ansatz, bei dem immer 5 Substanzen mit stark verschiedenen Substituenten parallel auf ihre biologische Aktivität getestet werden. Diese 5 Substanzen werden dann jeweils gemäß ihrer Aktivität sortiert und anhand der Reihenfolge entschieden, welche 5 anderen Substanzen als zweiter Satz (batch) synthetisiert und getestet wird.[2] Jedem Fünfer-Satz von Testsubstanzen kann ein Parameter-Set zugeordnet werden.

Aktivitätsanordnung für verschieden Parameterabhängigkeiten
Parameter
Substituent π 2π-π2 σ π+σ 2π-σ π-σ π-2σ π-3σ E4
3,4-Cl2 1 1-2 1 5 1 1 1-2 3-4 5 2-5
4-Cl 2 1-2 2 4 2 2-3 3 3-4 3-4 2-5
4-CH3 3 3 4 2 3 2-3 1-2 1 1 2-5
4-OCH3 4-5 4-5 5 1 5 4 4 2 2 2-5
H 4-5 4-5 3 3 4 5 5 5 3-4 1

Aus der so ermittelten Parameterabhängigkeit lässt sich ein neuer Satz Substituenten ablesen, die hergestellt und getestet werden sollten.

neue Substituente nach Parameter
Parameter neue Substituenten
π, π+σ, σ 3-CF3, 4-Cl; 3-CF3, 4-NO2; 4-CF3; 2,4-Cl2; 4-c-C5H9; 4-c-C6H11
π, 2π-σ, π-σ 4-CH(CH3)2; 4-C(CH3)3; 3,4-(CH3)2; 4-O(CH2)3CH3; 4-OCH2Ph; 4-N(C2H5)2
π-2σ, π-3σ, -σ 4-N(C2H5)2; 4-N(CH3)2; 4-NH2; 4-NHC4H9; 4-OH; 4-OCH(CH3)2; 3-CH3, 4-OCH3
2π-π2 4-Br; 3-CF3; 3,4-(CH3)2; 4-C2H5; 4-O(CH2)2CH3; 3-CH3, 4-Cl
3-Cl; 3-CH3; 3-OCH3; 3-N(CH3)2; 3-CF3; 3,5-Cl2
ortho-Effekt 2-Cl; 2-CH3; 2-OCH3; 2-F
weitere 4-F; 4-NHCOCH3; 4-NHSO2CH3; 4-NO2; 4-COCH3; 4-SO2CH3; 4-CONH2; 4-SO2NH2

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Topliss-Schemata wurden bereits bei der Synthese von Cadmium-Chelatoren[3], von Benzofuroxanen gegen Staphylococcus aureus[4] oder antitrypanosomalen 1,4-disubstituierten Triazolen eingesetzt.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lars Richter: Topliss Batchwise Schemes Reviewed in the Era of Open Data Reveal Significant Differences between Enzymes and Membrane Receptors. In: Journal of Chemical Information and Modeling. Band 57, Nr. 10, 2017, S. 2575–2583, doi:10.1021/acs.jcim.7b00195.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. John G. Topliss: Utilization of operational schemes for analog synthesis in drug design. In: Journal of Medicinal Chemistry. Band 15, Nr. 10, 1972, S. 1006–1011, doi:10.1021/jm00280a002.
  2. John G. Topliss: A manual method for applying the Hansch approach to drug design. In: Journal of Medicinal Chemistry. Band 20, Nr. 4, 1977, S. 463–469, doi:10.1021/jm00214a001.
  3. Shirley G. Jones, Pramod K. Singh, Mark M. Jones: Use of the Topliss scheme for the design of more effective chelating agents for cadmium decorporation. In: Chemical Research in Toxicology. Band 1, Nr. 4, 1988, S. 234–237, doi:10.1021/tx00004a008.
  4. Salomão Dória Jorge, Fanny Palace-Berl, Andrea Masunari, Cléber André Cechinel, Marina Ishii, Kerly Fernanda Mesquita Pasqualoto, Leoberto Costa Tavares: Novel benzofuroxan derivatives against multidrug-resistant Staphylococcus aureus strains: Design using Topliss’ decision tree, synthesis and biological assay. In: Bioorganic & Medicinal Chemistry. Band 19, Nr. 16, 2011, S. 5031–5038, doi:10.1016/j.bmc.2011.06.034.
  5. Elvis L. F. Assunção, Diego B. Carvalho, Amarith R. das Neves, Cristiane Y. Kawasoko Shiguemotto, Gisele B. Portapilla, Sergio de Albuquerque, Adriano C. M. Baroni: Synthesis and Antitrypanosomal Activity of 1,4‐Disubstituted Triazole Compounds Based on a 2‐Nitroimidazole Scaffold: a Structure‐Activity Relationship Study. In: ChemMedChem. Band 15, Nr. 21, 2020, S. 2019–2028, doi:10.1002/cmdc.202000460.