Vendiamorpha

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Vendiamorpha

Paravendia janae, Vendia sokolovi und Vendia rachiata

Zeitliches Auftreten
Ediacarium
558 bis 550 Mio. Jahre
Fundorte

Russland

Systematik
Vielzellige Tiere (Metazoa)
Proarticulata
Vendiamorpha
Wissenschaftlicher Name
Vendiamorpha
Fedonkin, 1985
Familien

Die Vendiamorpha[1] sind eine Klasse ausgestorbener Tiere des Ediacariums, die zum Stamm der Proarticulata (bzw. zur Klade Bilateriomorpha) gerechnet werden.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung Vendiamorpha ist eine Wortschöpfung, die sich aus dem Taxonnamen Vendia und dem altgriechischen μορφή morphé mit der Bedeutung ‚Gestalt, Form‘ zusammensetzt. Vendia wiederum ist abgeleitet vom Vendium, einer Zeitstufe des Neoproterozoikums, die sich ihrerseits auf den slawischen Stamm der Wenden bezieht. Vendiamorpha bedeutet somit sämtliche Formen mit Vendia-ähnlicher Gestalt.

Erstbeschreibung und Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Klasse Vendiamorpha wurde 1985 von Michail Alexandrowitsch Fedonkin aufgestellt. Ihre Fossilfunde beschränken sich auf das südöstliche Küstengebiet des Weißen Meeres (Oblast Archangelsk).

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karakhtia nessovi

Typische Vendiamorpha besaßen einen runden oder ovalen, relativ flachen Körper, der vollständig in so genannte Isomere gegliedert war. Die Isomere waren in zwei Reihen angeordnet. Sie waren aber nicht spiegelbildlich identisch, sondern durch Gleitspiegelung um eine halbe Breite entlang der Körperachse zueinander versetzt.

Diese transversalen Elemente nehmen in ihrer Größe stetig zum Schwanzende hin ab, gleichzeitig biegen sie sich in Richtung Körperachse nach innen. Das erste Isomer ist wesentlich größer als die übrigen.[2] Charakteristisch für Vendiamorpha ist die Verwachsung der ersten beiden Isomere zu einer kopfschildartigen Struktur. Dieses Merkmal veranlasste einige Forscher die Vendiamorpha in die Nähe der Gliederfüßer (Arthropoda) zu rücken.[3] Mittlerweile spricht jedoch sehr vieles für ihre eindeutige Verwandtschaft zu den Proarticulata.[1]

In einigen Vendiamorpha-Fossilien wie beispielsweise Vendia oder Paravendia sind offensichtlich noch die Überreste eines Verdauungssystems erhalten geblieben, welches aus einer einfachen Achsenröhre mit Seitenfortsätzen für jedes einzelne Isomer aufgebaut ist.[4]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Klasse der Vendiamorpha besitzt mit den Vendiidae gegenwärtig nur eine Familie. Die Vendiidae waren früher nach ihrer Typusgattung Vendomia auch als Vendomiidae bezeichnet worden, Vendomia menneri wurde jedoch später als zu Dickinsonia gehörig beschrieben (=Dickinsonia menneri). Das Taxon Karakhtia kann nicht eindeutig zugeordnet werden.

Familie Vendiidae[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Vendiidae gehören folgende Taxa:

  • Vendia Keller, 1969
    • Vendia sokolovi Keller, 1969
    • Vendia rachiata Ivantsov, 2004
  • Paravendia Ivantsov, 2004
    • Paravendia janae

Familie unsicherer Zuordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Fossil Pseudovendia ähnelt in gewisser Weise Vendia sokolovi. Es wurde ursprünglich als Arthropode gedeutet,[5] dann als zu den Proarticulata gehörig eingestuft und sogar als frondomorpher Organismus angesehen.[6] Der nur schlecht erhaltene Holotyp wird heute mehrheitlich als Pseudofossil interpretiert.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b M. A. Fedonkin: Systematic Description of Vendian Metazoa. Hrsg.: Sokolov, B. S. und Iwanowski, A. B., "Vendian System: Historical–Geological and Paleontological Foundation, Vol. 1: Paleontology". Nauka, Moskau 1985, S. 70–106.
  2. Ivantsov, A.Y.: Vendia and Other Precambrian "Arthropods". In: Paleontological Journal. Band 35 (4), 2001, S. 335–343.
  3. V. V. Menner: The Other Problematical Organic Remains (auf Russisch). In: Stratigraphy of the USSR: Upper Precambrian. Gos. Nauchno-Tekh. Izd., Moskau 1963, S. 504–507.
  4. Ivantsov, A. Y.: New Proarticulata from the Vendian of the Arkhangel’sk Region. In: Paleontological Journal. Band 38 (3), 2004, S. 247–253.
  5. H. E. Boynton und T. D. Ford: Pseudovendia charnwoodensis — A new Precambrian arthropod from Charnwood Forest, Leicestershire. In: Mercian Geologist. Band 7, 1979, S. 175–177.
  6. H. E. Boynton: Charnian Fossils in the Outwoods. In: Mercian Geologist. Band 17 (3), 2010, S. 175–177.
  7. Liu, A. G. u. a.: Effaced preservation in the Ediacara biota and its implications for the early macrofossil record. In: Palaeontology. Band 54 (3), 2010, S. 607–630, doi:10.1111/j.1475-4983.2010.01024.x.