Vereinigte Lausitzer Glaswerke

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Die Vereinigte Lausitzer Glaswerke AG (VLG) war ein designorientierter Glashersteller in Weißwasser, mit weiteren Standorten in Tschernitz und Kamenz. Berühmte Klassiker aus Glas des Bauhaus- und später des DDR-Designs wurden dort entwickelt und produziert, darunter das Kubus-Geschirr von Wagenfeld. Das Werk besteht als Stölzle Lausitz GmbH bis heute.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aktie über 1000 RM der Vereinigten Lausitzer Glaswerke AG vom Oktober 1936
Deckel für ein Einmachglas der Vereinigten Lausitzer Glaswerke, Serie Monopol
Glasproduktion in den Vereinigten Lausitzen Glaswerke (2001)

Das Unternehmen wurde 1889 als Oberlausitzer Glaswerke J. Schweig + Co. von Joseph Schweig (1850–1923) gegründet. Zunächst produzierte das Unternehmen technische Gläser wie Glasröhren und Kolben für Glühlampen. Im Jahr 1908 begann man mit der Produktion von Kelchgläsern.

In der Folge firmierte das Glaswerk unter verschiedenen Namen, bis es 1920 den Namen Vereinigte Lausitzer Glaswerke AG erhielt. Die Großaktionäre Siemens und AEG bündelten die Glaskolbenherstellung für ihre gemeinsame Beleuchtungsfirma Osram zunächst in Weißwasser. Dieser Bereich zog Ende der 1920er Jahre nach Berlin. Auch eine wissenschaftliche Abteilung war in den 1920er und 1930er Jahren in der Lausitzer Straße in Kreuzberg angesiedelt,[1] und nahm 1937 an der Reichsausstellung Schaffendes Volk teil.[2]

Designorientierte Fertigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Weisswasser verblieben mehrere Glaswerke, eine Porzellanmanufaktur und ein Werk zum Abbau von Braunkohle. Von der AEG stammte auch die Designkompetenz. Nach 1933 entstand unter der Leitung von Dr. Bruno Kindt in Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlern wie Charles Crodel, Josef Hoffmann, Richard L.F. Schulz[3] eine moderne Industrieanlage mit Forschungsstätte, Zentrallager und dem erhaltenen Wohnhaus Dr. Kindt mit Farbglasfenstern von Crodel, die von Ernst Neufert als Werksarchitekt der VLG entworfen wurden.[4] Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren die Vereinigten Lausitzer Glaswerke der größte Kelchglasproduzent in Deutschland. Aufsichtsrat Karl Mey[5][6] stellte 1935 Wilhelm Wagenfeld (1900–1990) als künstlerischen Leiter der Firma ein, der das Design der Produkte in den folgenden Jahren maßgeblich prägte. Dies geschah durch eigene Entwürfe und durch Beauftragung externer Gestalter, vor allem aber durch enge Kooperation mit den ausführenden Glasbläsern und Glasmachern, die Wagenfeld zu Höchstleistungen motivierte.

Von 1936 bis 1944 war Ernst Neufert Hausarchitekt der VLG. Er entwarf das Direktorenwohnhaus Dr. Kindt (mit Farbglas von Charles Crodel), übernahm den Entwurf und Bauleitung von Siedlungen, Bürohäusern und Fabrikanlagen in Weißwasser, Tschernitz und Kamenz. Aus dieser Tätigkeit ging auch das Buch Bauentwurfslehre. Handbuch für den Baufachmann, Bauherren, Lehrenden und Lernenden vom 15. März 1936 hervor, das bis heute als Standardwerk.

Verstaatlichung nach 1945 und Reprivatisierung nach 1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stölzle Lausitz GmbH

Infolge eines Volksentscheids wurde das Unternehmen 1946 enteignet und als VEB Oberlausitzer Glaswerke Weißwasser (OLG), später als VEB Kombinat Lausitzer Glas Weißwasser weitergeführt. Durch die Einführung der maschinellen Fertigung 1960 entwickelte sich das Werk zur größten Glashütte der DDR. Wagenfelds Schüler Friedrich Bundtzen wurde 1949 künstlerischer Leiter[7] in Weißwasser. 1950 gründete er dort „Werkstatt für Glasgestaltung“, in der Graveure, Schleifer und Maler arbeiteten und mit der Bundtzen an seine Arbeit mit Wagenfeld anknüpfte:

„Noch werden die Wagenfeld-Gläser mit dem Rautenzeichen in dem Volkseigenen Betrieb 'Oberlausitzer Glaswerke' produziert und verkauft. Das, was an Schönen und Gutem vorhanden war, musste also erhalten bleiben, weil die Qualität in diesem Werk bedenklich nachließ, und zwar sowohl was die Formen als auch die dekorative Ausgestaltung der Gläser betraf.“

Friedrich Bundtzen: form + zweck, 1959, S. 31.

Vermarktet wurden die Produkte als "Lausitzer Glas" und "Lausitz Weisswasser Design". Ab 1976 wurde im In- und Ausland die Ausstellung „Lausitzer Glas“ gezeigt.

Nach der Wiedervereinigung wurden die Lausitzer Glaswerke im Jahr 1992 privatisiert. Heute befindet sich an diesem Ort die Stölzle Lausitz GmbH.[8]

Historische Produkte werden im Glasmuseum Weißwasser gezeigt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Houben-Weyl Methods of Organic Chemistry Vol. I, 3rd Edition: Analytical Methods, Purification. Georg Thieme Verlag, 1924, ISBN 978-3-13-199263-5, S. 1307 (google.de [abgerufen am 17. Oktober 2021]): „Vereinigte Lausitzer Glaswerke, A.-G., Wissenschaftliche Abteilung, Berlin, SO36, Lausitzer Str. 10“
  2. Ernst Heinson: Reichsausstellung Schaffendes Volk. 1937, S. 133 (archive.org [abgerufen am 17. Oktober 2021]): „Vereinigte Lausitzer Glaswerke, Aktiengesellschaft, Berlin SO 36, Lausitzer Str. 10, Hohlglas- und Pressglasfabrikate“
  3. Theodor Heuss, Bei Gelegenheit, Tübingen 1961, S. 43–45.
  4. Patricia Merkel, Das Wirken Ernst Neuferts in den Jahren von 1920 bis 1940, Wiesbaden 2017, S. 148.
  5. Wilhelm Wagenfeld-Stiftung: Vereinigte Lausitzer Glaswerke, abgerufen am 29. Oktober 2016
  6. Glasmuseum Weißwasser: Geschichte der Glasindustrie, abgerufen am 29. Oktober 2016
  7. Giesela Haase: Zur Geschichte des Lausitzer Glases, in: Lausitzer Glas – Geschichte und Gegenwart, Museum für Kunsthandwerk Schloss Pillnitz, Dresden 1987, S. 9
  8. Geschichte der Firma. Stölzle Lausitz GmbH, abgerufen am 29. Oktober 2016.