Vicanit-(Ce)

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Vicanit-(Ce)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1991-050[1]

IMA-Symbol

Vic-Ce[2]

Chemische Formel (Ca,REE,Th)15Fe3+(SiO4)3(Si3B3O18)(BO3)(As5+O4)(As3+O3)x(NaF3)1–xF7·0,2H2O mit x = 0,4[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/B.33
VIII/B.33-025

9.AJ.35
54.03.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-pyramidal; 3m
Raumgruppe (Nr.) R3m[3] (Nr. 160)
Gitterparameter a = 10,8112(2) Å; c = 27,3296(12) Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5 bis 6
Dichte (g/cm3) gemessen: >4,2; berechnet: 4,73
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig; spröde[4]
Farbe gelblichgrün
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,757
nε = 1,722[5]
Doppelbrechung δ = 0,035[5]
Optischer Charakter einachsig negativ

Vicanit-(Ce) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Ca,REE,Th)15Fe3+(SiO4)3(Si3B3O18)(BO3)(As5+O4)(As3+O3)x(NaF3)1–xF7·0,2H2O mit x = 0,4[3]. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Calcium, Thorium und der Metalle der Seltenen Erden (REE) können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Den Namensanhang -(Ce) erhielt das Mineral aufgrund seines bedeutenden Gehaltes des Seltenerd-Metalls Cer von bis zu 19,2 %[4].

Vicanit-(Ce) bildet nur selten gut entwickelte, prismatische Kristalle bis etwa 0,3 Millimeter Größe aus. Meist findet er sich in Form unregelmäßiger Körner bzw. körniger Aggregate.

Besondere Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral gilt aufgrund seines Thoriumgehalts von bis zu 9 %[4] und verschiedener Seltenerd-Metalle, von denen einige Isotope radioaktiv sind, als stark radioaktiv. Unter Berücksichtigung der natürlichen Zerfallsreihen bzw. vorhandener Zerfallsprodukte wird die spezifische Aktivität mit 4,069 kBq/g[4] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g).

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Vicanit bei Tre Croci, einem Stadtteil von Vetralla nahe dem Vicosee in der italienischen Provinz Viterbo und beschrieben 1995 durch Adriana Maras, G. C. Parodi, G. Della Ventura und D. Ohnenstetter, die das Mineral nach dem in der Nähe der Typlokalität liegenden See benannten.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Vicanit-(Ce) zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen (Neso-Subsilikate)“, wo er zusammen mit Hundholmenit-(Y), Melanocerit-(Ce), Okanoganit-(Y), Tritomit-(Ce) und Tritomit-(Y) die unbenannte Gruppe VIII/B.33 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vicanit-(Ce) ebenfalls in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate mit BO3-Dreiecken und/oder B[4], Be[4]-Tetraedern, eckenteilend mit SiO4“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Vicanitgruppe“ mit der System-Nr. 9.AJ.35 und den weiteren Mitgliedern Hundholmenit-(Y), Okanoganit-(Y) und Proshchenkoit-(Y) bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Vicanit-(Ce) in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate: Borosilikate und einige Beryllosilikate mit (BO3)“ ein. Hier ist er zusammen mit Hundholmenit-(Y) und Proshchenkoit-(Y) in der „Vicanitgruppe“ mit der System-Nr. 54.03.01 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: Borosilikate und einige Beryllosilikate“ zu finden.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vicanit-(Ce) bildet sich in miarolithischen Hohlräumen in Ejektadecken syenitischer Zusammensetzung.

Neben seiner Typlokalität Tre Croci konnte Vicanit-(Ce) bisher nur noch bei Le Carcarelle und Castellaccio di Petrignano nahe Vetralla und der ebenfalls nahe dem Vicasee gelegenen Gemeinde Capranica sowie in den Albaner Bergen in der italienischen Region Latium gefunden werden (Stand 2013).[6]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vicanit-(Ce) kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 mit den Gitterparametern a = 10,8112(2) Å und c = 27,3296(12) Å sowie 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Vorsichtsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Vicanit-(Ce) nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A. Maras, G.C. Parodi, G. Della Ventura, D. Ohnenstetter: Vicanite-(Ce): a new Ca-Th-REE borosilicate from Vico volcanic district (Latium, Italy). In: European Journal of Mineralogy. Band 7 (1995), S. 439–446
  • John L. Jambor, Jacek Puziewicz, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 80 (1995), S. 1328–1333 (PDF 686 kB; Vicanite-(Ce) S. 3)
  • Paolo Ballirano, Athos Callegari, Franca Caucia, Adriana Maras, Fiorenzo Mazzi, Luciano Ungaretti: The crystal structure of vicanite-(Ce), a borosilicate showing an unusual (Si3B3O18)15− polyanion. In: American Mineralogist. Band 87 (2002), S. 1139–1143 (PDF 611,4 kB)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Paolo Ballirano, Athos Callegari, Franca Caucia, Adriana Maras, Fiorenzo Mazzi, Luciano Ungaretti: The crystal structure of vicanite-(Ce), a borosilicate showing an unusual (Si3B3O18)15− polyanion. In: American Mineralogist. Band 87 (2002), S. 1139–1143 (PDF 611,4 kB)
  4. a b c d Webmineral - Vicanite-(Ce)
  5. a b Mindat - Vicanite-(Ce)
  6. Fundortliste für Vicanit-(Ce) beim Mineralienatlas und bei Mindat