Vorarlberg’sche Partei der Gleichberechtigung

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Die Vorarlberg’sche Partei der Gleichberechtigung wurde 1866 vom Gerichtsadjunkten Kaspar Moosbrugger (1830–1917) und dessen Schwager Franz Michael Felder (1839–1869) gegründet. Beide waren wegen ihrer fortschrittlichen Ideen in Vorarlberg schweren persönlichen, gesellschaftlichen und kirchlichen Anfeindungen ausgesetzt[1] und es wurde von der Polizei und Statthalterei befürchtet, es würde sich nach und nach eine sozialistische Partei bilden, wenn nicht streng dagegen von der Behörde und Geistlichkeit vorgegangen würde.[2][3]

Die Vorarlberg’sche Partei der Gleichberechtigung sah sich selbst als radikal-konservativ und gegen den Kapitalismus gerichtet, wobei jedoch ein radikaler Umsturz abgelehnt wurde.[4]

Ziele und Grundsätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprünge des frühsozialistischen Denkens in dieser Partei finden sich ausgehend von den Ideen von Ferdinand Lassalle (1825–1864), Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897) und unter Umständen auch Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865, siehe auch: Proudhonismus).[4][5][6] Die Ziele und Grundsätze der Vorarlberg’schen Partei der Gleichberechtigung waren (Beispiele):[7]

  • Staatliche Hilfe für die Arbeiterschaft, Handwerker und kleinen Bauern, vor allem durch Unterstützung von Produktivgenossenschaften;
  • Allgemeines und gleiches Wahlrecht;
  • Ablösung des Römischen Rechts durch ein volksnahes Rechtssystem;
  • Umfassende Volksbildung;
  • Nationales Selbstbestimmungsrecht aller Völker in der österreichischen Monarchie.

Franz Michael Felder gründete in Schoppernau selbst eine Viehversicherungs-, eine Molkereigenossenschaft und eine Volksbibliothek.[3]

Die Ziele und Grundsätze dieser Vorarlberg’schen Partei der Gleichberechtigung war daher bereits, wie später im Rest von Europa die sozialistische Bewegung, darauf gerichtet,

  • die Bildung und Fortbildung der Arbeiter voranzubringen (z. B. durch Arbeiterfortbildungsvereine),
  • eine günstigere wirtschaftliche Situation der Arbeiterschaft zu erreichen (z. B. durch Gewerkschaften),
  • eine politische Mitbestimmung der Arbeiterschaft zu sichern (z. B. durch Parteien).[8]

1869 rief Kaspar Moosbrugger im Vorarlberger Volksblatt erneut zur Gründung von Arbeiterbildungsvereinen auf.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Bundschuh: „Über freier Erde leuchtet wieder die Sonne der Freiheit“. Die SPÖ-Landesorganisation Vorarlberg nach 1945. Hrsg.: Dr. Karl Renner Institut Vorarlberg. Bregenz 2005 (Online abrufbar im Webauftritt der SPÖ Rankweil [PDF]).
  • Günter Dietrich: „Sozialdemokratie in Vorarlberg“. Rankweil 2003 (Online abrufbar [PDF]).
  • Werner Dreier: „Zwischen Kaiser und "Führer", Vorarlberg im Umbruch 1918–1938“. Bregenz 1986, ISBN 3-900438-18-8.
  • Kurt Greussing (Hrsg.): Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870–1946. finks verlag, 1984.
  • Ferdinand Karlhofer: Parteien und politischer Wettbewerb. In: Peter Bußjäger, Ferdinand Karlhofer, Günther Pallaver (Hrsg.): Vorarlbergs politische Landschaft. Studienverlag, Innsbruck 2010, ISBN 978-3-7065-4649-2.
  • Rheinhard Mittersteiner: „Fremdhäßige“, Handwerker & Genossen. Die Entstehung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg. Vorarlberger Autorengesellschaft, 1994, ISBN 3-900754-15-2.
  • Manfred Scheuch: Geschichte der Arbeiterschaft Vorarlbergs bis 1918. ÖGB-Verlag, Wien 1961.
  • Wolfgang Weber: Hobelspäne. Landtagswahlkämpfe, Parteien und Politiker in Vorarlberg von 1945 bis 1969 (= Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft. Band 43). Feldkirch 2004, ISBN 3-900866-79-1.
  • Ernst Winder: Zwischen Fussach und Europa : drei Jahrzehnte Vorarlberger Landespolitik. Hämmerle Verlag, Hohenems 1998, ISBN 3-900851-59-X.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Petra Paterno: Franz Michael Felder – Bauer und Weltverbesserer. Wiener Zeitung, 20. September 2014, abgerufen am 1. Januar 2021.
  2. Meinrad Pichler: Das Land Vorarlberg 1861 bis 2015: Geschichte Vorarlbergs, Band 3, S. 28.
  3. a b Manfred Scheuch: Geschichte der Arbeiterschaft Vorarlbergs bis 1918. S. 93.
  4. a b Nach Manfred Scheuch: Geschichte der Arbeiterschaft Vorarlbergs bis 1918. S. 94.
  5. Meinrad Pichler: Das Land Vorarlberg 1861 bis 2015: Geschichte Vorarlbergs, Band 3, S. 27.
  6. Gerhard Oberkofler: Anfänge – die Vorarlberger Arbeiterbewegung bis 1890 – vom Arbeiterbildungsverein zur Arbeiterpartei. in Kurt Greussing: Im Prinzip Hoffnung – Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870–1946. Fink’s Verlag, Bregenz 1984, ISBN 3-900438-07-9, S. 36.
  7. Nach Manfred Scheuch: Geschichte der Arbeiterschaft Vorarlbergs bis 1918. S. 93 f.:
  8. Manfred Scheuch: Geschichte der Arbeiterschaft Vorarlbergs bis 1918. S. 91.
  9. Günter Dietrich: Sozialdemokratie in Vorarlberg. S. 6.