Vutrisiran

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Nukleinsäure
Vutrisiran
Nukleoside: A = Adenosin, C = Cytidin, G = Guanosin, U = Uridin
Allgemeines
Freiname Vutrisiran[1]
Andere Namen
  • ALN-TTRsc02
  • ALN-65492
  • Votrisiran
Identifikatoren
CAS-Nummer

1867157-35-4

KEGG

D11917

Wikidata

Q112620160

Wirkstoffdaten
DrugBank

DB16699

ATC-Code

N07XX18

Wirkstoffgruppe

RNAi-Therapeutikum

Wirkmechanismus

RNA-Interferenz

Eigenschaften
Größe
Struktur

Synthetisches doppelsträngiges siRNA-Oligonukleotid

Vutrisiran ist ein Arzneistoff zur Behandlung der Polyneuropathie bei erblicher Transthyretin-assoziierter Amyloidose (hATTR) bei Erwachsenen. Dies ist eine seltene Stoffwechselstörung, bei der es zu Eiweißablagerungen in Zellen und Geweben kommt. Unter dem Namen Amvuttra wurde das Arzneimittel im 2022 in den USA und in der EU zugelassen.

Vutrisiran gehört zur Gruppe der RNAi-Therapeutika, einer Wirkstoffklasse, deren Wirkungsmechanismus auf der vorübergehenden Stilllegung von Genen („Gen-Knockdown“) beruht. Die Verabreichung erfolgt subkutan (Injektion in das Unterhautfettgewebe).

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

GalNAc-Verbindung

Vutrisiran ist ein Konjugat aus einer synthetisch hergestellten doppelsträngigen small interfering RNA (siRNA), die am sense-Strang mit einer verzweigten N-Acetylgalactosamin(GalNAc)-Verbindung verbunden ist. Dieser Ligand erleichtert die Aufnahme in die Leberzellen (Hepatozyten).[2]

Der Wirkstoff wird pharmazeutisch in Form des Natriumsalzes Vutrisiran-Natrium eingesetzt.[2]

Wirkungsmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vutrisiran zielt auf eine Sequenz der Boten-RNA (mRNA) des Wildtyp- und mutierten Transthyretins (TTR). Es kommt zu einem katalytischen Abbau der TTR-mRNA in der Leber und in der Folge zu einer Reduktion von TTR im Serum und TTR-Proteinablagerungen in den Geweben.[2]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vutrisiran ist für die Behandlung der Polyneuropathie der hereditären Transthyretin-vermittelten Amyloidose (hATTR-Amyloidose) bei Erwachsenen angezeigt. Die Anwendung erfolgt als subkutane Injektion (Injektion in das Unterhautfettgewebe) in vierteljährlichem Abstand.[2]

Die hATTR-Amyloidose ist eine seltene, vererbte, schnell fortschreitende und tödliche Erkrankung mit polyneuropathischen Manifestationen, die sich schwächend auf die Patienten auswirken. hATTR-Amyloidose wird durch Mutationen im TTR-Gen verursacht. TTR-Mutationen führen zur Bildung von fehlgefalteten TTR-Proteinen, die Amyloidfibrillen bilden, welche sich in verschiedenen Arten von Geweben ablagern.[3]

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die häufigsten Nebenwirkungen, die unter der Behandlung mit Vutrisiran auftraten, waren Gelenkschmerzen (Arthralgie) (11 %), Schweratmigkeit (Dyspnoe) (7 %) und eine Abnahme des Retinol(Vitamin-A)-Serumspiegels (7 %).[2]

Klinische Prüfung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die FDA-Zulassung basiert auf den 9-Monatsergebnissen von HELIOS-A, einer randomisierten, offenen, multizentrischen Phase-3-Studie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Vutrisiran bei Patienten mit hATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie untersucht wurde. 164 Patienten mit hATTR-Amyloidose wurden 3:1 randomisiert und erhielten entweder Vutrisiran (n=122) als subkutane Injektion einmal alle drei Monate oder Patisiran (n=42) als intravenöse Infusion einmal alle drei Wochen (Referenzgruppe) für 18 Monate. Die Wirksamkeit wurde durch den Vergleich der Vutrisiran-Gruppe in HELIOS-A mit der Placebogruppe (n=77) aus der Phase-3-Studie APOLLO mit Patisiran in einer vergleichbaren Patientenpopulation bewertet.[2]

Der primäre Endpunkt der Studie, die Veränderung des modifizierten Neuropathy Impairment Score + 7 (mNIS+7) gegenüber dem Ausgangswert wurde nach 9 Monaten erreicht. Die Behandlung mit Vutrisiran (n=114) führte zu einer mittleren Abnahme (Verbesserung) der mNIS+7 um 2,2 Punkte gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich zu einem mittleren Anstieg (Verschlechterung) von 14,8 Punkten, der für die externe Placebogruppe beobachtet wurde (n=67). Nach 9 Monaten erlebten 50 % der mit Vutrisiran behandelten Patienten eine Verbesserung der Polyneuropathie-Symptomatik im Vergleich zum Ausgangswert. Auch sekundäre Endpunkte wie Verbesserung des Norfolk Quality of Life Questionnaire-Diabetic Neuropathy (Norfolk QoL-DN)-Score, der Gehgeschwindigkeit (gemessen im 10-Meter-Gehtest, 10-MWT) und des modifizierten Body-Mass-Index (mBMI) gegenüber dem Ausgangswert wurden nach 9 Monaten erreicht.[2]

Die 18-Monatsergebnisse waren in Übereinstimmung mit denen nach 9 Monaten. In Bezug auf die Senkung des TTR-Serumspiegels war Vutrisiran dem Referenzmittel Patisiran nicht unterlegen.[4]

Zulassung und Vermarktung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vutrisiran wurde im Juni 2022 unter dem Handelsnamen Amvuttra (USA) in den USA zugelassen.[5] Im Oktober 2022 folgte die Zulassung in der EU.[6] Nach Angaben der Herstellers im Juni 2022 sind Zulassungsanträge unter anderem in Brasilien und Japan anhängig.[7]

Vutrisiran ist neben Givosiran, Patisiran, Inclisiran und Lumasiran ein weiteres RNAi-Therapeutikum der Firma Alnylam Pharmaceuticals.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. INN Recommended List 81, World Health Organisation (WHO), 9. März 2019.
  2. a b c d e f g Label Amvuttra , Alnylam Pharmaceuticals, Juni 2022.
  3. Vutrisiran-Fact-Sheet, Alnylam Pharmaceuticals November 2021. Abgerufen am 19. Juni 2022.
  4. New 18-Month Data Highlight Vutrisiran’s Benefit for hATTR Amyloidosis, neurologylive.com, 24. Januar 2022.
  5. New Drug Application (NDA): 215515, FDA, abgerufen am 18. Juni 2022.
  6. Amvuttra, auf der Website der europäischen Arzneimittel-Agentur. Abgerufen am 27. Oktober 2022
  7. Alnylam Announces FDA Approval of AMVUTTRA™ (vutrisiran), an RNAi Therapeutic for the Treatment of the Polyneuropathy of Hereditary Transthyretin-Mediated Amyloidosis in Adults, Alnylam Pharmaceuticals Pressemitteilung, 13. Juni 2022.