Walpurgin

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Walpurgin
Walpurgin aus dem „Walpurgis Flachen“ im Schacht Weißer Hirsch, Neustädtel (Schneeberg), Sachsen (Gesamtgröße der Stufe 5,3 cm × 2,5 cm × 2,2 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Wpg[1]

Andere Namen
  • Walpurgit
  • Waltherit[2]
Chemische Formel
  • Bi4O4(UO2)(AsO4)2·2H2O[3]
  • (BiO)4[UO2|(AsO4)2]·2H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/E.10
VII/E.10-020

8.EA.05
40.05.09.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[5]
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[4]
Gitterparameter a = 7,14 Å; b = 10,43 Å; c = 5,49 Å
α = 101,5°; β = 110,8°; γ = 88,2°[4]
Formeleinheiten Z = 1[4]
Häufige Kristallflächen {010}, {110}, {110}, {111}[6]
Zwillingsbildung meist nach {010}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5
Dichte (g/cm3) berechnet: 6,59[6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}[6]
Farbe pomeranzengelb bis wachsgelb[7]; Strohgelb bis Honiggelb, Hellgelb bis Farblos im Durchlicht[6]
Strichfarbe hellbräunlichgelb
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Fettglanz bis Diamantglanz
Radioaktivität stark radioaktiv
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,871 bis 1,910[8]
nβ = 1,975 bis 2,000[8]
nγ = 2,005 bis 2,060[8]
Doppelbrechung δ = 0,134 bis 0,150[8]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 50 bis 60° (gemessen); 54 bis 74° (berechnet)[8]
Pleochroismus X = Farblos; Y = Z = Sehr schwach Grünlichgelb[6]

Walpurgin ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung (BiO)4[UO2|(AsO4)2]·2H2O[4] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Bismut-Uranyl-Arsenat (bzw. Uranylarsenat).

Walpurgin kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt meist durchsichtige bis durchscheinende Kristalle bis etwa 6 mm Länge mit tafeligem bis leistenförmigem Habitus, die entlang der c-Achse gestreckt sind. Er tritt aber auch in Form radialstrahliger Mineral-Aggregate auf. Die Farbe des Minerals variiert zwischen verschiedenen Gelbtönen, die als Pomeranzengelb, Wachsgelb, Strohgelb bis Honiggelb beschrieben werden. Im Durchlicht erscheint Walpurgin hellgelb bis farblos. Auf der Strichtafel hinterlässt er allerdings einen hellbräunlichgelben Strich. Die Flächen der Kristalle weisen einen fett- bis diamantähnlichen Glanz auf.

Mit einer Mohshärte von 3,5 liegt Walpurgin zwischen den Referenzmineralen Calcit (Härte 3) und Fluorit (Härte 4), ist also leicht mit einem Messer zu ritzen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entdeckt wurde Walpurgin auf einer Erzstufe, die der Bergverwalter Otto Richard Tröger im Sommer 1871 Professor Dr. Albin Weisbach zur Begutachtung vorlegte. Der Fundpunkt dieser Erzstufe war das 26-Lachter-Ort auf dem Walpurgis Flachen im Grubenfeld der Grube „Weißer Hirsch“ in der erzgebirgischen Bergstadt Neustädtel. Nach einer Analyse der Erzproben durch Dr. Clemens Winkler beschrieb Weisbach die gefundenen Minerale. Darunter befand sich neben den neuen Mineralen Trögerit, Zeunerit, Uranospinit und Uranosphärit auch Walpurgin.[9]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Walpurgin zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Arsenobismit die mit der System-Nr. VII/D.18 und dem weiteren Mitglied Phosphowalpurgin bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/E.10-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Uranyl-Phosphate/Arsenate und Uranyl-Vanadate mit [UO2]2+-[PO4][AsO4]3- und [UO2]2+-[V2O8]6-, mit isotypen Vanadaten (Sincosit-R.)“, wo Walpurgin zusammen mit Asselbornit, Orthowalpurgin, Phosphowalpurgin und Šreinit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[10]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunzschen Mineralsystematik ordnet den Walpurgin ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Uranylphosphate und Arsenate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis vom Uranylkomplex (UO2) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „UO2 : RO4 = 1 : 2“ zu finden ist, wo es zusammen mit Orthowalpurgin und Phosphowalpurgin die nach ihm benannte „Walpurgingruppe“ mit der System-Nr. 8.EA.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Walpurgin in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc.“ ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber in der „Walpurgingruppe“ mit der System-Nr. 40.05.09 und den weiteren Mitgliedern Orthowalpurgin und Phosphowalpurgin innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walpurgin kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 7,14 Å; b = 10,43 Å; c = 5,49 Å; α = 101,5°; β = 110,8° und γ = 88,2° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 16 % als sehr stark radioaktiv eingestuft und weist eine spezifische Aktivität von etwa 28,7 kBq/g[5] auf (zum Vergleich: natürliches Kalium 31,2 Bq/g).

Modifikationen und Varietäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung (BiO)4[UO2|(AsO4)2] · 2H2O ist dimorph und kommt in der Natur neben dem triklin kristallisierenden Walpurgin noch als orthorhombisch kristallisierender Orthowalpurgit vor.[6]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walpurgin (gelb) und Uranospinit (grün) aus dem „Walpurgis Flachen“, Schacht Weißer Hirsch, Neustädtel (Schneeberg), Sachsen
(Größe: 1 cm × 1 cm)

Walpurgin bildet sich sekundär in der Oxidationszone von bismut-, uran- und arsenhaltigen, hydrothermalen Lagerstätten. Begleitminerale sind unter anderem Torbernit, Trögerit, Uranosphärit, Uranospinit und Zeunerit.[6]

Als seltene Mineralbildung konnte Walpurgin bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wovon etwa 30 als bekannt gelten.[12] Neben seiner Typlokalität „Walpurgis-Flachen“ im Schacht „Weißer Hirsch“ trat das Mineral in Deutschland noch in vielen weiteren Schächten von Neustädtel, in der Umgebung von Schneeberg und im Erzgebirge in Sachsen sowie an mehreren Stellen im Schwarzwald in Baden-Württemberg auf.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Namibia, Portugal, Tschechien, im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten.[8]

Vorsichtsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der Toxizität und der starken Radioaktivität des Minerals sollten Proben nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollten eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Albin Weisbach: Vorläufige Mittheilung. In: G. Leonhard, H. B. Geinitz (Hrsg.): Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaontologie. Verlag von Friedrich Schweizerbart, Stuttgart 1871, II. B, S. 869–870 (rruff.info [PDF; 142 kB; abgerufen am 15. März 2020] Auszug).
  • Albin Weisbach: Neue Uranerze von Neustädtel bei Schneeberg. In: G. Leonhard, H. B. Geinitz (Hrsg.): Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaontologie. E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1873, S. 314–317 (rruff.info [PDF; 329 kB; abgerufen am 15. März 2020] Auszug).
  • Albin Weisbach: Mineralogische Mittheilungen. In: C. G. Gottschalk (Hrsg.): Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1877. Craz & Gerlach, Freiberg 1878, Abhandlungen aus dem Gebiete des Berg- und Hüttenwesens, S. 42–45 (rruff.info [PDF; 509 kB; abgerufen am 15. März 2020] Auszug).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 656 (Erstausgabe: 1891).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Walpurgite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Waltherite (of Vogl). In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. August 2019 (englisch).
  3. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF 1729 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 15. März 2020 (englisch).
  4. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 522 (englisch).
  5. a b David Barthelmy: Walpurgite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 23. Mai 2019 (englisch).
  6. a b c d e f g Walpurgite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 23. Mai 2019]).
  7. Albin Weisbach: Vorläufige Mittheilung (1871)
  8. a b c d e f Walpurgite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. Mai 2019 (englisch).
  9. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1873. In: digital.ub.tu-freiberg.de. Technische Universität Bergakademie Freiberg, S. 135 ff, abgerufen am 23. Mai 2019.
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 15. März 2020 (englisch).
  12. Mindat – Anzahl der Fundorte für Walpurgin (Walpurgite)