Walter Scheibert

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Walter Scheibert (* 16. Oktober 1889 in Wehlau, Ostpreußen; † 19. Januar 1944 bei Luzk, Ukraine)[1] war ein deutscher Verwaltungsjurist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scheibert studierte Rechtswissenschaft an der Albertus-Universität Königsberg und wurde 1908 Mitglied der Burschenschaft Germania Königsberg.[2]

Während Scheibert seinen Militärdienst bei dem in Königsberg garnisonierten preußischen Grenadier-Regiment Nr. 1 „Kronprinz“ ableistete, brach der Erste Weltkrieg aus. Scheibert nahm im August 1914 mit seinem Regiment an den Kämpfen gegen die nach Ostpreußen eingedrungene russische Armee und an der Schlacht von Tannenberg teil und geriet im Oktober 1915 bei Czartorysk als Leutnant der Reserve und Führer einer Maschinengewehrkompanie in russische Kriegsgefangenschaft. Nach dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk kehrte er im Frühsommer 1918 aus der Gefangenschaft zurück.[3] Ein Nachruf aus dem Jahr 1944 bemerkt dazu, Scheibert sei aus einem russischen Kriegsgefangenenlager in Omsk in Sibirien entflohen. Er kehrte zu seinem Regiment zurück und wurde in den letzten Kriegsmonaten an der Westfront eingesetzt.

Scheibert legte 1921 sein Assessorexamen ab und trat im gleichen Jahr in den Landesdienst bei der Provinzialverwaltung Ostpreußen ein. 1922 wurde er Landesrat und leitete in dieser Stellung die Abteilung für Finanzen und Volkswirtschaft. Als Dezernent für kulturelle Angelegenheiten förderte er die Geschichtsvereine und arbeitete bald nach ihrer Gründung 1923 in der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung mit.

Er betätigte sich ab 1925 im Tannenberg-National-Denkmal-Verein, der das im September 1927 eingeweihte größte Kriegerdenkmal Deutschlands bei Hohenstein betreute.[4] Die Planung des von konservativen Stiftern betriebenen Denkmalprojekts war unmittelbar mit der Reichskanzlei abgestimmt.[5] Ab Juni 1927 war Scheibert Schriftführer des Vorstands und übte diese Funktion noch im November 1935 aus, d. h. über den von Hitler veranlassten Umbau des burgartigen Denkmalkomplexes zum nationalsozialistischen „Reichsehrenmal“ im Jahresverlauf 1935 und die Umbettung Paul von Hindenburgs in eine eigene Gruft am 2. Oktober 1935 hinaus.[6] Sein besonderes Anliegen war die Förderung des Fremdenverkehrs rund um die monumentale Denkmalanlage im südlichen Ostpreußen. Zu diesem Zweck wurde er 1930 zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt, Georg Kaminski, Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Hohenstein.[6]

Von 1929 bis 1934 war Scheibert auch Vorstandsschriftführer der DRK-Schwesternschaft Königsberg und als solcher in wesentliche Erweiterungs- und Neubaumaßnahmen am Rotkreuzkrankenhaus in Königsberg-Tragheim involviert. 1937 war er maßgeblich an der Vorbereitung der in Insterburg beschlossenen Neufassung der Statuten der Historischen Kommission für Landesforschung beteiligt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde er einberufen und nahm als Wehrmachtsoffizier 1940 am Frankreichfeldzug teil. Er wurde zum Hauptmann befördert und kehrte anschließend in die Landesverwaltung zurück. Am 1. September 1941 wurde er als Leiter der Haushaltsabteilung zum Reichskommissariat Ukraine abgeordnet, das zu diesem Zeitpunkt unter Führung des Königsberger NSDAP-Gauleiters Erich Koch als Reichskommissar gebildet wurde. Koch war als ostpreußischer Oberpräsident seit 1933 Scheiberts Vorgesetzter in der Provinzialverwaltung. Später wurde Scheibert zum Hauptabteilungsleiter der Zentralverwaltung des Reichskommissars ernannt. In dieser Stellung wurde er auf einer Dienstreise im Januar 1944, als sich das Reichskommissariat infolge des Vormarschs der Roten Armee bereits in Auflösung befand, bei einem Partisanenüberfall getötet.[7]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walter Scheibert war verheiratet mit Elisabeth Scheibert geb. Scheibert und hatte mit ihr einen Sohn und zwei Töchter. Eine Tochter starb im März 1944 in Königsberg, wo die Familie ihren Wohnsitz hatte. Die Hinterbliebenen waren in den 1950er Jahren in Göttingen ansässig.[8] Seine überlebende Tochter Rosemarie Scheibert war Diakonieschwester. Sein Sohn Helmut Scheibert war Philologe und schrieb als Heimathistoriker unter anderem für die Altpreußische Biographie und die Preußische Allgemeine Zeitung.[9] Er versuchte in den 1970er Jahren, das Schicksal seines Vaters in der Ukraine durch eigene Nachforschungen aufzuklären.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Max Hein: Landesrat Walter Scheibert †. In: Altpreußische Forschungen, 20. Jahrgang (1943) [sic!], Heft 1/44, Gräfe & Unzer Kommissionsverlag, Königsberg 1944, S. 174 (Nachruf der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung).
  • Scheibert, Walter. In: Kurt Forstreuter, Fritz Gause (Hrsg.): Altpreußische Biographie (APB), Bd. 2, 4. Lieferung, Elwert, Marburg/Lahn 1961, S. 601.
  • Helmut Scheibert: Aus der Geschichte der Provinzialverwaltung Ostpreußen: Aufgaben und Leistungen der höheren Beamten 1920 bis 1945. In: Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg 28 (1993), S. 15–51.[11]
  • Christian Rohrer: Nationalsozialistische Macht in Ostpreußen (= Colloquia Baltica, Band 7/8). Martin Meidenbauer, München 2006, ISBN 978-3-89975-054-6, S. 552/555 (Jahreslisten der höheren Beamten der Provinzialverwaltung in Ostpreußen).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr. 28, 1993 (1994), S. 40.
  2. Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934. S. 420.
  3. Deutsche Verlustlisten des Ersten Weltkrieges: Ausgabe 824 vom 8. Dezember 1915 (Preußen 399), S. 10596 (Ltn. d. R. Walter Scheibert – Wehlau – vermißt); Ausgabe 903 vom 10. März 1916 (Preußen 476), S. 11571 (bisher vermißt, in Gefgsch.); Ausgabe 2042 vom 8. August 1918 (Preußen 1210), S. 25529 (aus Gefgsch. zur.).
  4. Sabine Weber, Heinrich August Winkler: Die Weimarer Republik 1918–1933. In: Dorothee Meyer-Kahrweg, Hans Sarkowicz (Hrsg.): Unterwegs in der Geschichte Deutschlands. Von Karl dem Großen bis heute. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-65937-9, S. 236–265.
  5. Jürgen Tietz: Wege des Ruhms. In: Neue Zürcher Zeitung, 14. Januar 2003, abgerufen am 20. Februar 2021.
  6. a b Ernst Vogelsang: Personenkundliche Auszüge aus den Akten des Tannenberg-National-Denkmal-Vereins 1925–1935. In: Altpreußische Geschlechterkunde, 56. Jg. (2008), Band 38 (Sonderdruck; online), passim.
  7. Robert Albinus: Königsberg Lexikon. Flechsig, Würzburg 2002, ISBN 3-88189-441-1 (Sonderausgabe vom Lexikon der Stadt Königsberg Pr. und Umgebung desselben Vf., Rautenberg, Leer 1985).
  8. Ostpreußenblatt, Jg. 5, Nr. 3 (16. Januar 1954), S. 15 (online).
  9. Helmut Scheibert: Sein Lebenswerk galt dem Wohl seiner Stadt. In: Ostpreußenblatt, Jg. 23, Nr. 35 (26. August 1972), S. 10 (online).
  10. Esther Abel: Kunstraub – Ostforschung – Hochschulkarriere. Der Osteuropahistoriker Peter Scheibert. Schöningh, Paderborn 2016, ISBN 978-3-506-78543-5, S. 18 (online).
  11. Referiert von: Christian Rohrer: Nationalsozialistische Macht in Ostpreußen. München 2006, S. 388 u. Anm. 64, S. 653 u. ö.; Ralf Meindl: Ostpreußens Gauleiter. Erich Koch – eine politische Biographie (= Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Warschau, Band 18). Fibre, Osnabrück 2007, ISBN 978-3-938400-19-7, S. 224, Anm. 301, S. 555.