Walter Tlach

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Walter Tlach (* 3. September 1913 in Zuffenhausen; † 25. September 2004 in Herrenberg) war evangelischer Pfarrer, Dekan und Studienleiter.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tlach studierte nach dem Abitur von 1932 bis 1937 in Tübingen Evangelische Theologie. Im „Dritten Reich“ war Tlach – nach anfänglicher Begeisterung für Adolf Hitler – aktives Mitglied der Bekennenden Kirche. Er gehörte zum engsten Unterstützerkreis des württembergischen Landesbischofs Theophil Wurm. Nach Vikarsjahren in Tuttlingen war er bis Kriegsausbruch Assistent für Praktische Theologie bei Karl Fezer an der Universität Tübingen.

Tlach war von 1945 bis 1948 Repetent am Evangelischen Stift Tübingen und von 1948 bis 1953 Theologischer Lehrer am Seminar der Rheinischen Mission in Wuppertal. Von 1953 bis 1960 leitete er das Evangelische Jungmännerwerk in Württemberg, dem heutigen Evangelischen Jugendwerk in Württemberg. Zwischen 1960 und 1970 war er Pfarrer in Birkach (Stuttgart) und Schönberg (Stuttgart) und ab 1963 Dekan im Evangelischen Kirchenbezirk Heidenheim. Von 1970 bis zu seinem Ruhestand 1978 war er als erster Studienleiter Mitbegründer des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen. Tlach regte im Auftrag des Essener Pastors Wilhelm Busch in Württemberg an, alljährlich an Fronleichnam nach dem Vorbild der „Tersteegensruh-Konferenzen“ ab 1956 „zentrale Veranstaltungen zur Glaubensstärkung“ – die späteren „Ludwig-Hofacker-Konferenzen“ – durchzuführen.[1]

Nach Tlachs Überzeugung ist allein die Botschaft von Jesus, dem Gekreuzigten, die Mitte der Kirche. Er hat deshalb auch über seine Ämter und Aufgaben hinaus gewirkt und seine mahnende Stimme erhoben, wenn er Fehlentwicklungen und Irrwege im kirchlichen Bereich sah, etwa bei Kirchentagen oder beim Weltkirchenrat in Genf. Zum von Rudolf Bultmann vertretenen und von Ernst Käsemann in Tübingen fortgeführten Konzept einer "Entmythologisierung" des Neuen Testaments äußerte Tlach kritische Fragen. Er war gegenüber jedem Versuch einer Idealisierung oder Spiritualisierung biblischer Motive skeptisch. Daher versuchte er bei seinen Auslegungen, eine greifbare, "geerdete" Wirklichkeit plastisch zu machen, zu der ihn auch die hebräische Sprachgestalt des Alten Testaments führte. So sehr es Tlach also wichtig war, dass Gott bzw. Jesus Christus in der sichtbaren Wirklichkeit handelten und handeln, so war Tlach eine reine anthropozentrische Diesseitsorientierung fremd.

Beim verbalen Protest gegen (vermeintliche) Irrwege in Theologie und Kirche hat er es nicht belassen, sondern unter persönlicher Gefahr Bargeld und Bibeln in Ostblock-Länder geschmuggelt: In 26 Reisen dorthin hat er nach 1972 rund eine Million D-Mark durch den Eisernen Vorhang gebracht. Insbesondere in Bulgarien hat er – was damals streng verboten war – Bibelarbeiten gehalten und christliche Literatur verbreitet. In seinem Ruhestand nahm er noch für etliche Jahre Lehraufgaben am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission wahr.

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tlach war ab 1948 mit Elfriede verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder und lebte ab seinem Ruhestand von 1978 bis zu seinem Tod in Herrenberg-Gültstein.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Antwort an Ernst Käsemann. Theologische Beilage zum Informationsbrief Nr. 14 der Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium" o. J.
  • Das Evangelium der Anarcho-Marxisten und das Evangelium von Jesus Christus, Verein Albrecht-Bengel-Haus, Tübingen 1978.
  • mit Michael Dieterich und Wilfried Veeser: Biblische Grenzfragen: Im Bereich der "Neuen Spiritualität", Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1986, ISBN 978-3-77511133-1.
  • Hoffnung – Sauerstoff des Lebens. Mit einem Wort zum Geleit von Konrad Eißler. Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell 1989, ISBN 978-3-88002402-1.
  • Der letzte Krieg. Krisen und Kriege unserer Zeit im Licht der biblischen Prophetie, Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1991, ISBN 978-3-77511676-3.

Literatur (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fritz Grünzweig mit Traugott Thoma (Hrsg.): Gottes ewige Treue: bekannte Persönlichkeiten berichten aus ihrem Leben, Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell, 1989, ISBN 978-3-88002392-5.
  • Hans-Dieter Frauer: Er war im Visier der Gestapo: Walter Tlach ist tot. Mit 91 Jahren starb einer der großen alten Männer der evangelischen Kirche. Evang. Pressedienst, Stuttgart 4. Oktober 2004.
  • Martin Pfander: Vorgeschichte und Anfangsjahre des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen. In: Gerhard Maier (Hrsg.): Die Hoffnung festhalten. Festgabe für Walter Tlach zum 65. Geburtstag von den Lehrern und Studenten des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen und seinen Freunden dargebracht. Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1978, S. 167–209.
  • Siegfried Hermle: Die Evangelikalen als Gegenbewegung. In: Siegfried Hermle, Claudia Lepp, Harry Oelke (Hrsg.): Umbrüche: Der deutsche Protestantismus und die sozialen Bewegungen. Göttingen 2007, S. 325–352.
  • Karin Oehlmann: Walter Tlach – Vom Initiator der Ludwig Hofacker Konferenz zum Gründungsstudienleiter des Albrecht Bengel Hauses. Eine biographische Skizze. In: Siegfried Hermle/Jürgen Kampmann (Hg.): Die evangelikale Bewegung in Württemberg und Westfalen, Anfänge und Wirkungen (Beiträge zur westfälischen Kirchengeschichte, 39), Bielefeld 2012, 305–314.
  • Karin Oehlmann: Blumhardt-Jünger oder Buttlar‘sche Rotte – der Skandal um die Kreuzbruderschaft Neresheim. Eine Erinnerung an Walter Tlach zum 100. Geburtstag. In: Blätter für Württembergische Kirchengeschichte 113 (2013), 289–314.
  • Karin Oehlmann: Glaube und Gegenwart. Die Entwicklung der kirchenpolitischen Netzwerke in Württemberg um 1968 (Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen – Band 062), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016, ISBN 978-3-525-55777-8

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rolf Scheffbuch: Wie kam's denn dazu? Kirchliche Entwicklungen in Württemberg seit 1951 (Memento vom 15. Juni 2012 im Internet Archive) Teil 2. In: Lebendige Gemeinde, 12, 1998, lg-online.de