Wedego von Wedel

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Wedego Graf von Wedel (* 18. August 1899; † 30. Januar 1945[1] in Seegenfelde, Landkreis Friedeberg Nm.) war ein deutscher Rittergutsbesitzer und Verwaltungsbeamter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wedego von Wedel war Sohn des Obersten a. D. und Gutsbesitzers Benno von Wedel (1847–1902) und der Elsbeth geb. von Dewitz-Zachow (1870–1945).[2] Nach dem Besuch[3] des Gymnasiums in Wernigerode nahm er am Ersten Weltkrieg teil und studierte einige Semester an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 1919 wurde er Mitglied des Corps Saxo-Borussia Heidelberg und 1920 Erstchargierter des Corps Borussia Bonn.[4]

Im Anschluss an eine in Schönrade (von Wedemeyer) und Megow (von Heyden-Linden) absolvierte Landwirtschaftslehre übernahm er 1922 das seit dem Mittelalter in Familienbesitz befindliche, etwa 996 Hektar große Rittergut Gerzlow im Landkreis Soldin in der Neumark.[5] 1925 wurde er durch seinen kinderlosen Onkel Edgard Graf von Wedel adoptiert und dadurch 1926 zusätzlich Besitzer des etwa 960 Hektar[6] umfassenden, ebenfalls im Landkreis Soldin liegenden Rittergutes Rehfeld. Edgard von Wedel (1848–1943), Kammerherr bei der Kaiserin Friedrich und später Zeremonienmeister bei Wilhelm II., hatte dort ein „märkisches Trianon“ (d. h. eine künstliche Schlossruine) errichtet.

Wedego von Wedel trat 1928 der NSDAP bei, weil er glaubte, „in der nationalsozialistischen Bewegung das Mittel für die Wiedergenesung des Vaterlandes gefunden zu haben“. Im April 1933 ließ er sich in den (letztmalig gewählten) Preußischen Staatsrat wählen, der ihm jedoch nicht die bei seiner Kandidatur, zu der er sich noch vor den Märzwahlen entschlossen hatte, ursprünglich erhofften Wirkungsmöglichkeiten bot, weil diese Institution unmittelbar nach dem Zusammentritt von den Nationalsozialisten zu einem politisch einflusslosen Ehrengremium für NS-Größen und -Parteigänger umfunktioniert wurde. Daraufhin ließ er sich im Sommer[7] des Jahres 1934 zum Generallandschaftsdirektor der Neumark bei der Mittelmärkischen Generallandschaftsdirektion mit Amtssitz in Berlin-Mitte (Wilhelmplatz 6)[8] wählen, wo er mit seiner Familie eine Dienstwohnung mit sieben Zimmern bezog und in der Folgezeit mit Berliner Beamten und NSDAP-Funktionären gesellschaftlich verkehrte. Wichtigster Kontakt in Berlin wurde sein Schwager Wolf-Heinrich Graf von Helldorff, ein „alter Kämpfer“ des Nationalsozialismus und ab 1935 Polizeipräsident von Berlin. Eine Wiederwahl lehnte von Wedel 1938 ab und widmete sich zunächst wieder seinen Gütern.[9] Von 1938 an nahm er für beide Gutsbereiche Gerzlow und Rehfeld Darlehen zum Bau von Werkswohnungen auf.[10]

Wedego von Wedel war als überzeugter Christ bekannt, der sich auch in Anwesenheit von NS-Parteiführern zu seiner Glaubensüberzeugung bekannte, was weitgehend respektiert wurde. So wurden Parteiredner, die in Gerzlow sprechen wollten, von der Kreisleitung vorab instruiert, dass hier nichts gegen die Kirche gesagt werden durfte.[9] Anfang 1939 trat Wedel gleichwohl auf Weisung von Parteifunktionären[11] aus dem Johanniterorden aus, da die NSDAP eine Doppelmitgliedschaft nicht duldete. Insgesamt betraf dies zehn Prozent der Mitglieder dieser für den evangelischen Landadel so wichtigen Kongregation.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er in Polen, Frankreich und Russland, bis er 1942 unter Bezugnahme auf einen 1940 auf seinem Gut erlittenen Großbrand unabkömmlich gestellt wurde. Als Major und Kommandeur einer Aufklärungseinheit wurde er für einen Ausbruch aus dem Kessel von Demjansk mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet. Es wird gemutmaßt, dass Wedel nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 erfolgreich zugunsten seiner Schwester Ingeborg interveniert haben könnte, der Ehefrau des Berliner Polizeipräsidenten Graf Helldorff, da diese trotz der Verwicklung ihres Mannes nach dessen Hinrichtung nicht in Sippenhaft kam.[9]

Am 30. Januar 1945 wurde ein von Wedego von Wedel organisierter Flüchtlingstreck vor der Abfahrt von einer sowjetischen Panzerspitze überrascht. Da Trecks zu dieser Zeit vom sowjetischen Militär noch verboten waren, wurde er zum Verhör in den Nachbarort Seegenfelde gebracht[12] und späteren Berichten zufolge dort erschossen.[4][9]

In seiner Ehe mit Ottonie geb. von Wedel (1902–1994),[13] einer Tochter des Landschaftsdirektors Carl von Wedel-Vehlingsdorf (1861–1934) und der Adelheid von Diest, hatte er fünf Kinder.[14] Mit seiner Frau war Wedel Mitglied der Deutschen Adelsgenossenschaft, Landesabteilung Ostmark und dann Frankfurt (Oder).[15] Ottonie lebte mit den Kindern nach dem Krieg noch einige Jahre in der Prignitz.[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • G. G. Winkel: Biographisches Corpsalbum der Borussia zu Bonn 1821–1928. Selbstverlag, Druck Wailandt AG, Aschaffenburg 1928, S. 274. Digitalisat. (Mit Bildnis).
  • Gräfin Ottonie v. Wedel-Gerzlow: Gerzlow, Kreis Soldin Neumark. Rehfeld, Kreis Soldin, Neumark, in: Wedelsche Häuser im Osten. Hrsg.: Im Auftrag der Familie von Ludolf v. Wedel-Parlow. Mit 27 Federzeichnungen von Karl Helmuth Snethlage. C. L. Mettcker & Söhne, Jever in Oldenburg, 1961; DNB 451762088 (Status: vergriffen, gedruckt in 1000 Exemplaren)
  • Wolf Christian von Wedel Parlow: Ostelbischer Adel im Nationalsozialismus. Familienerinnerungen am Beispiel der Wedel (= Formen der Erinnerung [FdE], Band 64). V & R Unipress, Göttingen 2017, ISBN 978-3-8470-0758-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Familiendatenbank Kreise Arnswalde und Friedeberg (Neumark) – Graf Wedego von Wedel auf www.online-ofb.de
  2. Hans Friedrich vov Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler, Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel) 1955. In: Ausschuss für adelsrechtliche Fragen/ Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): Gesamtreihe GHdA von 1951 bis 2015. II der Reihe A, Nr. 11. C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1955, DNB 451802470, S. 484–485.
  3. Albrecht Jordan: Fürstlich Stolbergsches Gymnasium zu Wernigerode. Jahresbericht 1914/1915. 1915. Progr. - Nr. 364. Druck von B. Angerstein, Wernigerode 1915, S. 15 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 11. August 2021]).
  4. a b Kösener Corpslisten 1960. Hrsg. Otto Gerlach. Im Selbstverlag des Verbandes Alter Corpsstudenten, Druck C. L. Mettcker & Söhne Jever, Kassel 1961, S. 750, 66 (Corps), 1320 (lfd. Nr. dort), u. ebenda S. 95, 9, 944.; vgl. KCL 1996, 140, 1315.
  5. Ernst Seyfert, Hans Wehner: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, VII, Provinz Brandenburg. 1923. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha, nach amtlichen Angaben. In: Adressbuch-Reihe Niekammer. 3. Auflage. Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1923, S. 193 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 11. August 2021]).
  6. Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht: Landwirtschaftliches Güter-Adreßbuch der Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha, nach amtlichen Angaben. Hrsg.: Niekammer. 4. Auflage. Band VII.. Verlag Niekammer Adressbuch G.m.b.H., Leipzig 1929, S. 270 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 11. August 2021]).
  7. Amtsblatt der Preußischen Regierung in Potsdam nebst Öffentlichen Anzeiger. In: Ausgabe II mit Öffentlichen Anzeiger. Stück 30. Eigenverlag, Potsdam 28. Juli 1934, S. 163 (google.de [abgerufen am 13. August 2021]).
  8. 353 Provinzialverband … In: Berliner Adreßbuch, 1935, Teil 3, S. 24.
  9. a b c d Wolf Christian von Wedel Parlow: Ostelbischer Adel im Nationalsozialismus. Familienerinnerungen am Beispiel der Wedel (= Formen der Erinnerung. Band 64). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, ISBN 978-3-8470-0758-6, S. 48–50 (google.de [abgerufen am 13. Oktober 2022]).
  10. Darlehen für Wedego Graf von Wedel zum Bau von acht Werkwohnungen in Rehfeld, Grundbuch Rittergüter Bd. 5 Bl. 33 (Rittergut Rehfeld). 1938-1941 (Akte). In: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Hrsg.): BLHA. Rep., 3B I S 1616. Eigenverlag, Potsdam, Rehfeld, Gerzlow 1941, S. 1 ff. (brandenburg.de [abgerufen am 24. Oktober 2022]).
  11. Graf von Baudissin, Sekretär des Johanniterordens: Johanniter = Ordensblatt. In: Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (Hrsg.): Mitteilungsblatt für die Mitglieder des Johanniterordens. 145. Nachweisung (Übersicht der ausscheidenden Mitglieder), 80. Jahrgang, Nr. 11. Eigenverlag (vormals C. Herrlich), Berlin 15. Februar 1939, S. 5 (kit.edu [abgerufen am 11. August 2021]).
  12. Walter Görlitz: Die Junker. Adel und Bauer im deutschen Osten. Geschichtliche Bilanz von 7 Jahrhunderten. 4. Auflage. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1981, S. 414 (google.de [abgerufen am 13. August 2021]).
  13. Christoph Franke, Moritz Graf Strachwitz v. Groß-Zauche u. Camminetz, Frhr. Klaus v. Andrian-Werburg, Dorothee de la Motte-Müller: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel) 2001. In: Deutsches Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): Gesamtreihe GHdA von 1951 bis 2015. Band XXVI, Nr. 126. C. A. Starke, 2001, ISBN 978-3-7980-0826-7, ISSN 0435-2408, S. 616.
  14. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. In: Gesamtreihe des „Gotha“ Letzte Ausgabe. 115. Auflage. Justus Perthes, Gotha 1942, S. 622 (kit.edu [abgerufen am 13. August 2021]).
  15. Deutsche Adelsgenossenschaft (Hrsg.): Anschriftenbuch der Deutschen Adelsgenossenschaft. Liste der in der Deutschen Adelsgenossenschaft zusammengeschlossenen reinblütigen Deutschen Adels. Schlieffen-Verlag, Berlin 1940, DNB 012108553, S. 130.
  16. Hans Friedrich v. Ehrenkrook: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser / A (Uradel) Band 1. In: Ausschuss für adelsrechtliche Fragen / Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA. Band 2, Nr. 18. C. A. Starke, Glücksburg (Ostsee) 1952, DNB 451802640, S. 478.