Wilfried Koch

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Wilfried Koch (2009)

Wilfried Koch (* 24. Januar 1929 in Duisburg;[1]9. August 2022[2]) war ein deutscher Architekturhistoriker, Maler, Grafiker, Bildhauer, Flötist, Lehrer und Belletrist. Er lebte ab 1971[3] in Rietberg-Varensell im Kreis Gütersloh.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach seiner künstlerischen Ausbildung im Porträtfach bei Rudolf Porth am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main erlangte Koch zunächst ein Staatsexamen als Volksschullehrer. Nach dreijähriger Tätigkeit an einer Volksschule in Südbaden schloss er ein Studium zum Berufsschullehrer an[1] sowie ein Studium der freien Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Willi Baumeister, für Glasmalerei, Fresko und Mosaik bei Rudolf Henninger. Anschließend studierte er an der Höheren Fachschule für das Graphische Gewerbe in Stuttgart (ab 1967 Staatliche Ingenieurschule für Wirtschafts- und Betriebstechnik der graphischen Industrie).[4] Kunstgeschichte studierte er bei Gustav Barthel ebenfalls an der Graphik-Hochschule in Stuttgart und bei Alois Pesot in Freiburg.[4]

Berufsschullehrer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1962 kehrte er nach Nordrhein-Westfalen zurück und baute in Gütersloh die Graphische Berufsschule der Bertelsmann AG auf, die er bis 1985 leitete.[1][3]

Architekturhistoriker und Fachbuchautor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Architekturhistoriker wurde Wilfried Koch einem breiten internationalen Publikum bekannt durch seine Kleine Stilkunde der Baukunst (Erstauflage 1967), bekannt als „Der Koch“[5], und als Autor des großen Kompendiums Baustilkunde – Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart (Erstauflage 1982). Die Baustilkunde gilt als lexikalisches Standardwerk für Architekten und ist auch für Laien verständlich. Es enthält 2800 Architektur-Federzeichnungen des Autors. Beide Werke wurden bisher insgesamt mehr als 80-mal in deutscher Sprache aufgelegt und in mehr als 20 Sprachen übersetzt, darunter ins Russische, Chinesische und Japanische. Die Gesamtauflage übersteigt eine Million.[6]

Bronzeskulptur Der gescheiterte Varus von Wilfried Koch. Die Skulptur steht in Haltern am See.
Skulptur Frieden: Der Sturz der apokalyptischen Reiter, Lippisches Landesmuseum Detmold.

Bildender Künstler und Musiker[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilfried Koch malte und zeichnete über 1000 Porträts und widmete sich ab 1982[4] intensiv der Bildhauerei. Er schuf zahlreiche Bronzestatuen nach dem Wachsausschmelzverfahren. In seinen überlebensgroßen Skulpturen gestaltete er Menschen in ihren emotionalen Grenzsituationen und behandelte vor allem Themen aus der Musik, der Mythologie und der christlichen Ikonografie. Zu seinen charakteristischen Ausdrucksmitteln gehörten offene Schalen, aus denen er Rumpf, Arme, und Beine formte. An den Leib setzte er so markante und ausdrucksstarke Träger von Mimik und Gestik: Gesicht, Hände und Füße. Die markanten „Koch-Hände“ sind zu einem Stilbegriff seiner Arbeiten geworden.[7] Die bekanntesten Skulpturen sind: Frieden: Der Sturz der Apokalyptischen Reiter, Schauspieler, Esther, Erdmann, Klagender, Zeitbalance, Seher, Franziskus, Prophet, dreifach gekrönter Kruzifixus, Varus, Narr, Adam-Lilith-Eva.[8]

Schon seit den 1950er-Jahren hatte sich Koch einen Namen gemacht als professioneller konzertanter Blockflötist und als Pionier der Wiedererweckung dieses Instruments durch Rundfunkaufnahmen und Konzerte im In- und Ausland.[1][4]

Stiftung, Museum öffentliche Skulpturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2007 begründete Wilfried Koch zusammen mit seiner Frau Hilde (geb. Pietsch) als private Zustiftung der Sparkasse Rietberg die Stiftung Dr. Wilfried und Hilde Koch, die den malerischen und zeichnerischen Nachlass Kochs umfasst.[9][10][11] Ebenfalls 2007 eröffnete die Stadt Rietberg ein umgenutztes und erweitertetes Fachwerk-Ackerbürgerhaus von 1767[12] als Kunsthaus Rietberg – Museum Wilfried Koch zur Aufbewahrung der gestifteten 100 Gemälde und über 700 Zeichnungen. Im Museum werden jährliche Wechselausstellungen gezeigt, acht Bronzeskulpturen stehen in den Museumsgärten.[13] Ergänzend erwarb die Stadt Rietberg 2007[14] den Klostergarten des ehemaligen Franziskanerklosters, in dem elf weitere Bronzeskulpturen den Skulpturenpark Wilfried Koch bilden.[9]

Von Koch gestiftete Skulpturen im öffentlichen Raum befinden sich außerdem im Skulpturenpark der TU Kaiserslautern,[15][16] vor der Orthodoxen Akademie in Kolympari auf Kreta[17] sowie im Kazantzakis-Museum auf Kreta.[18]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1997 wurde Koch zum Dr.-Ing. E. h. am Fachbereich Architektur der Universität Kaiserslautern (Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau) ernannt;[19] dort war er auch Träger der RPTU-Ehrenmedaille.[20]

2002 wurde er in die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste in Salzburg berufen.[21][4]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baufachliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kleine Stilkunde der Baukunst. Mosaik-Verlag, München 1967.
  • Baustilkunde. Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart. Mosaik-Verlag, München 1982, ISBN 3-570-06234-1 (35. Auflage: Prestel, München/London/New York 2018, ISBN 978-3-7913-4997-8).

Belletristik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Märchen vom guten Menschen in vier Teilen im Imperfekt und einer Coda im Präsens. Gütersloh 1965 (Selbstverlag). 3. Auflage, Rehling, Rietberg 2010, ISBN 978-3-924088-12-5.
  • Eine alte Liebesgeschichte. Walter, Eltville im Rheingau 1995 (Privatdruck).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Morisse: Vater der »Baustilkunde«. In: Westfalenspiegel. Nr. 3, 2011, S. 56–57.
  • Thomas Koziel: Begnadung und Reichtum eines langen Lebens. Der Künstler und Träger der Ehrenmedaille der TU  Kaiserslautern, Dr.-Ing. E.h. Wilfried Koch, feiert 2009 seinen 80. Geburtstag. In: Uni spectrum, das Magazin der der TU Kaiserslautern. November 2009, S. 18–19 (silo.tips [abgerufen am 18. Mai 2023]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wilfried Koch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Wilfried Koch. In: Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren (lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de). Abgerufen am 18. Mai 2023.
  2. Traueranzeigen, auf: wb-trauer.de (Westfalen-Blatt), 16. August 2022, abgerufen am 18. Mai 2023.
  3. a b Bernd Rehling: Zum würdigen Abschied vom Künstler Dr. Wilfried Koch. Multitalent – geehrt mit nationaler und internationaler Anerkennung – im August verstorben. In: rietberger-stadtanzeiger.de. 24. August 2022, abgerufen am 18. Mai 2023.
  4. a b c d e Zur Person, Vita. In: wilfried-koch-stiftung.de. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  5. Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren - Wilfried Koch
  6. Schriftstellerische Arbeiten. In: wilfried-koch-stiftung.de. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  7. Menschenbilder von Dr. Wilfried Koch. Thematik, Gestaltung, Stilmittel. Erklärungs-Text der Wilfried-Koch-Stiftung, abgerufen im Januar 2020.
  8. Führer durch Skulpturenpark und Museum in Rietberg.
  9. a b Kunsthaus Rietberg – Museum Wilfried Koch Klostergarten – Skulpturenpark Wilfried Koch. wilfried-koch-stiftung.de, abgerufen am 18. Mai 2023.
  10. Museum Wilfried Koch, Skulpturenpark Wilfried Koch. (PDF) In: wilfried-koch-stiftung.de. 2011, abgerufen am 18. Mai 2013.
  11. Kunstpreis 2011. Stiftung der Sparkasse Rietberg lobt Kunstpreis aus. Die Stiftung der Sparkasse Rietberg lobt im Jahre 2011 erstmals den Kunstpreis Wilfried Koch aus. In: sparkassenstiftungen.de. 2011, abgerufen am 18. Mai 2013.
  12. Über das Museum Wilfried Koch. In: rietberg.de. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  13. Rietberg: Lebenswerk von Wilfried Koch bleibt für immer in der Emsstadt (Archivversion). 20. April 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Mai 2007; abgerufen am 18. Januar 2015.
  14. Über den Klostergarten Rietberg - Skulpturenpark Wilfried Koch. In: rietberg.de. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  15. Wilfried Koch Pythagoras | 1994 | Kaiserslautern. In: kunstundbau.rlp.de. Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz, Referat Landesbau, abgerufen am 18. Mai 2023.
  16. Thomas Koziel: Begnadung und Reichtum eines langen Lebens. Der Künstler und Träger der Ehrenmedaille der TU  Kaiserslautern, Dr.-Ing. E.h. Wilfried Koch, feiert 2009 seinen 80. Geburtstag. In: Uni spectrum, das Magazin der der TU Kaiserslautern, November 2009 S. 18–19, hier S. 19.
  17. Ulrike Link-Wieczorek (Hrsg.): Verstrickt in Schuld, gefangen von Scham? Neue Perspektiven auf Sünde, Erlösung und Versöhnung. Neukirchener Verlagsgesellschaft, Neukirchen-Vluyn 2015, ISBN 978-3-7887-2942-4 (Digitalisat auf academia.edu, abgerufen am 18. Mai 2023), S. 4.
  18. Τέχνη. (PDF) In: amis-kazantzaki.gr. 2004, S. 1, abgerufen am 18. Mai 2023 (griechisch, Synthesis ενημερωτικό, No. 6, 2004).
  19. Ehrendoktoren der RPTU. In: rptu.de. Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, abgerufen am 18. Mai 2023.
  20. Träger der RPTU-Ehrenmedaille. In: rptu.de. Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, abgerufen am 18. Mai 2023.
  21. Browse Members. In: euro-acad.eu. European Academy of Sciences and Arts, abgerufen am 18. Mai 2023 (englisch).