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Wilhelm von Tettau

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Wilhelm Richar Elimar Freiherr von Tettau (* 21. Februar 1872 in Erfurt; † 8. Mai 1929 in Berlin) war ein deutscher Architekt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Freiherr von Tettau mit Frau Ada Niëvo (1907)

Er war der jüngste Sohn von Wilhelm Freiherr von Tettau (1804–1894), Oberregierungsrat und Abteilungsdirigent in Erfurt, und dessen zweiter Ehefrau Adolphine, geborene Herrmann (* 1838).[1]:18 Er stammte somit aus einer alten Adelsfamilie, bekannte sich aber zu bürgerlichen Werten und sympathisierte überdies mit der reformierten Kunstgewerbebewegung der Jahrhundertwende.

Tettau absolvierte das humanistische Gymnasium und trat am 21. März 1891 als Fahnenjunker in das 2. Garde-Regiment zu Fuß der Preußischen Armee ein. Hier wurde er am 18. August 1892 mit Patent vom 18. Oktober 1891 zum Sekondeleutnant befördert. Am 14. Mai 1895 folgte seine Versetzung in das Königin Elisabeth Garde-Grenadier-Regiment Nr. 3, ehe Tettau am 15. Dezember desselben Jahres zur Reserve übertrat,[2] um im Wintersemester 1895/96 ein Studium der Architektur aufzunehmen – zunächst an der Technischen Hochschule Charlottenburg, nach dem sechsten Semester an der Technischen Hochschule Karlsruhe.[1]:19/20 Tettau begann 1900 sein Referendariat als Regierungsbauführer, nach dem bestandenen 2. Staatsexamen wurde er 1904 zum Regierungsbaumeister (Assessor im öffentlichen Bauwesen) ernannt. Ab 1911 lehrte er an der Königlichen Kunstakademie in Kassel.[3]

Tettau entfaltete seine Hauptaktivität in der Zeit um 1900. Er gewann etliche Architektenwettbewerbe, unter anderem erhielt er 1903 den Schinkelpreis und damit ein Stipendium für eine Reise nach Italien, Griechenland und Konstantinopel, und trat auch als Verfasser zahlreicher Artikel hervor. An Bauwerken schuf er vor allem Wohnhäuser,[4] u. a. auch für die Deutsche Genossenschaft Eichkamp in der gleichnamigen Berliner Siedlung Eichkamp.[5]

Familiengrab Wilhelms von Tettau, Alter St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin, Abt. D-W-026

1907 heiratete er Ada Gräfin Niëvo (1879–1960). Im darauffolgenden Jahr bekam das Ehepaar Zwillinge, ein Mädchen und einen Jungen. Jolanda Paola Ada Karola Lucia von Tettau (1908–2005) absolvierte nach dem Besuch der Mädchenschule in Berlin-Lankwitz und der dortigen Höheren Töchterschule im März 1929 das reformpädagogische Landerziehungsheim Schule am Meer auf der Nordseeinsel Juist,[6] das von Martin Luserke geleitet wurde. Ihr Zwillingsbruder Wolfram Lionello Donatello von Tettau (1908–1956) hingegen absolvierte das Askanische Gymnasium und studierte danach an der Technischen Hochschule zu Berlin Architektur.

Tettau kämpfte im Ersten Weltkrieg als Hauptmann und wurde 1915 vor Verdun schwer verwundet.

Nach Plänen Tettaus wurden unter anderem das Feuerschlößchen (Villa Girardet) in Bad Honnef und der Kaiser-Wilhelm-Turm auf der Hohen Acht erstellt.[7] Außerdem geht auf ihn das Tettau-Ensemble am Pferdemarkt in Duderstadt zurück, das nach den großen Stadtbränden im Jahr 1911 errichtet wurde,[8] wie er auch zuvor schon Massivbauten statt der traditionellen Fachwerkhäuser für die mehrfach brandgeschädigte Duderstädter Innenstadt entworfen hatte.[9] Für die Pläne zum Wiederaufbau der Innenstadt erhielt er schon 1910 eine Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaften.[10][11]

Für seine eigene Familie baute er in Berlin-Lankwitz eine Jugendstilvilla, in der er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Das Gebäude in der Corneliusstraße 31 ist nicht erhalten.[12]

Ebenfalls nicht erhalten ist ein Denkmal für Kaiser Wilhelm I. in Bielefeld, das er 1907 entworfen hatte. Das Denkmal wurde nach dem Ersten Weltkrieg abgebrochen, nachdem es baufällig geworden war.[10]

Werk (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausgeführte Entwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Planungszeit;
Bauzeit
Gemeinde
Ortsteil
Adresse Bild Objekt Maßnahme Anmerkungen
1903–1907 Bielefeld
Kaiser-Wilhelm-I.-Reiterstandbild Neubau (Ausführung: Valentino Casal)[1]:38/39 1921 demontiert
1904;
1905–1906
Bad Honnef Rommersdorfer Straße 78–82
Lage

Feuerschlößchen (Villa Girardet) Neubau (Bauherr: Wilhelm Girardet)[1]:49–65 Denkmalschutz
1905–1906 Königswinter
Stadtteil Ittenbach
Gut Laagshof
Lage

Gut Laagshof Neubau (Bauherr: Wilhelm Girardet)[1]:65–67 Denkmalschutz
1905–1906 Bad Honnef Bismarckstraße 47
Lage

Höhere Töchterschule einschl. Turnhalle Neubau (Bauherr: Wilhelm Girardet)[1]:68–72 Denkmalschutz; Turnhalle abgebrochen
1907;
1907–1908
Bad Honnef Rhöndorfer Straße 87
Lage

Landhaus von Kleist Neubau (Ausführung: O. Büttner)[1]:79–81 1979 stark verändert
1907–1908 Bad Honnef Rommersdorfer Straße 78–82
Lage
Feuerschlößchen (Villa Girardet) Anbau einer Loggia[1]:83
1907–1908 Nakel
heute: Nakło nad Notecią
(Polen)
Księdza Piotra Skargi 4[AM 1]
Lage
Haus Brunk[13] Neubau[1]:84–86
ab 1906
1908–1909
Adenau auf der Hohen Acht
Lage

Kaiser-Wilhelm-Turm Neubau[1]:74–76 Denkmalschutz
1909–1910 Unkel Von-Werner-Straße 9
Lage

Villa/Haus Profitlich Neubau[1]:101 Denkmalschutz
1908;
1909
Berlin
Stadtteil Lankwitz
Corneliusstraße 31
Lage (ungefähr)

Haus Tettau I (Privathaus Wilhelm Freiherr von Tettau) Neubau[1]:89–93 1944/45 kriegszerstört
1909
1909–1910
Meran
Stadtteil Obermais (Südtirol)
Winkelweg 62
Lage
Haus Niedersachsen Meran
Haus Niedersachsen Meran

Haus Niedersachsen (Bauherr: Generalmajor Carl Weste)[1]:94–96[14] Neubau Unter Ensembleschutz (unter dem Namen „Villa General Weste“)[15]
1909
ab 1909
Kleinmachnow Medonstraße 2 Lage Haus Meyer (Bauherr: Porträtmaler Adolf Meyer) Neubau[1]:97–100 verändert erhalten
1910 (–1925 ca.) Dolice (Powiat Stargardzki) (Polen) Lage Brallentin, Altes Schloss, sog. Ostenhaus (Bauherr: Otto von Saldern) Umbauten und Erweiterungen[16][1]:107 Nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen
1910
ab 1910
Duderstadt
ganze Häuserzeilen nach Stadtbrand[11] Neubauten erhalten
1911–1912 Berlin
Stadtteil Lankwitz
Corneliusstraße 31
Lage (ungefähr)

Haus Tettau I (Privathaus Wilhelm Freiherr von Tettau) Umbauten[1]:108 1944/45 kriegszerstört
1911;
1911–1913
Meißner
Ortsteil Alberode
Gut Mönchhof
Lage
Gut Mönchhof: Herrenhaus Neubau[1]:119–122 Denkmalschutz
1912–1913 Kassel Terrasse 1
Lage
Villa Rosenzweig (Bauherr: Georg Rosenzweig)[1]:122–126 Neubau[17]
1914–1920 Radowo Małe
Ortsteil Rekowo
(Polen)
Lage Gut Reckow: Herrenhaus Neubau[1]:127/128 nach Zweitem Weltkrieg abgebrochen
1914–1920 (ca.) Skalin (Stargard) (Polen) Lage Schellin bei Stargard: Herrenhaus Neubau[18][19] Erhalten
1914–1920 (ca.) Ort unbekannt Herrenhaus Erweiterung[20]
1914–1920 (ca.) Ort unbekannt Schloss Erweiterung eines bestehenden Herrenhauses[21]
1914–1920 (ca.) Łęgi (Połczyn-Zdrój) und Sława (Świdwin) (Polen) Lage Neu Schlage: Rittergut Hans Heinrich von Hagen Neubau[22] Nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen
1919 Werder
Ortsteil Wodarg
Dorfstraße
Lage
Schloss/Gut Wodarg: Gutshaus Anbau (Bauherr: Gerhard von Maltzahn)[1]:130/131 Denkmalschutz
1921–1922 Anklam Großer Wall 4a
Lage
Haus Holl Wiss (Bauherr: Gerhard von Maltzahn) Neubau[1]:132/133 Denkmalschutz; bauliche Veränderungen
1925–1926 Berlin
Stadtteil Lankwitz
Kaulbachstraße 62/64
Lage (ungefähr)
Haus Tettau II (Privathaus Wilhelm Freiherr von Tettau) Neubau[1]:133/134 1944/45 kriegszerstört

Nicht ausgeführte Entwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ursprünglich Wilhelmstraße 391a
  2. Anlass des Entwurfs unbekannt

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wilhelm von Tettau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai Ulrich Maximilian Schumann: Wilhelm Freiherr von Tettau. 1872–1929. Architektur in der Krise des Liberalismus
  2. Freiherr von Bock: Stammliste des Offizierkorps des 2. Garde-Regiments zu Fuß 19.6.1813–15.5.1913. Verlag R. Eisenschmidt, Berlin 1913, S. 239.
  3. Amtliche Mitteilungen. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 33, 1911, S. 201 (zlb.de).
  4. Rezension zu Schumanns Monografie. baufachinformation.de
  5. mit Hinweis auf Manuela Goos, Brigitte Heyde: Eichkamp. Eine Siedlung am Rande mitten in Berlin. Siedlerverein Eichkamp e. V., Berlin 1999, ISBN 978-3-00-005125-8
  6. Schülerbuch der Schule am Meer, Blatt 103 (Jolanda von Tettau). Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Handschriftenabteilung, Nachlass Luserke, Martin, Signatur Cb 37.
  7. Peter Menches: 100 Jahre Kaiser-Wilhelm-Turm. (PDF; 0,7 MB) wald.rlp.de; abgerufen am 4. März 2023.
  8. Erik Westermann: Geschichte eines Feuersommers: Das Glutjahr 1911. In: Göttinger Tageblatt, 11. August 2011.
  9. Hans-Reinhard Fricke: Duderstädter Häuserbuch. Mecke 2007, ISBN 978-3-936617-70-2, S. 59.
  10. a b Lebensdaten. vontettau.de
  11. a b (Bilderstrecke). In: Berliner Architekturwelt. Nr. 2, Mai 1913, S. 74–79 (zlb.de – Fotos von Tettaus verwirklichten Bauten für den Wiederaufbau in Duderstadt: Einzelgebäude, Brücke, Wohnzeilen).
  12. Bilder und Daten. (Memento vom 27. September 2013 im Internet Archive) steglitz.de
  13. Ansicht. Google Street View, Juli 2012.
  14. Anna Pixner Pertoll: Ins Licht gebaut. Die Meraner Villen, ihre Gärten und die Entwicklung der Stadt (1860–1920), Edition Raetia, Bozen 2009, ISBN 978-88-7283-355-1, S. 126/127.
  15. Teil des Ensembles Winkelweg (Nr. 18); Ensembleschutzplan (Memento vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive), Stadtgemeinde Meran
  16. Briefwechsel mit Architekt von Tettau
  17. Berthold Hinz, Andreas Tacke: Architekturführer Kassel. 1. Auflage. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-496-01249-8.
  18. Neuere Herrenhäuser in Pommern. Architekt: Freiherr von Tettau. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Nr. 9, 1927, S. 364 (zlb.de).
  19. Willy Lange: Gartenpläne. Leipzig 1927, Werk 71: S. 307–315, 387–388, 408–412
  20. Willy Lange: Gartenpläne. Leipzig 1927, Werk 40: S. 219–222
  21. Willy Lange: Gartenpläne. Leipzig 1927, Werk 63: S. 282–288, 386, 393, 395–396, 401, 429, 442, 446.
  22. Hinweis auf Tettau aus einer nicht mehr auffindbaren Homepage der Familie von Hagen.
  23. Deutsche Konkurrenzen, 28:1913, S. 137