Winold van der Putten

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Winold van der Putten (* 27. Januar 1950) ist ein niederländischer Orgelbauer.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Winold van der Putten erlernte ab 1978 den Orgelbau bei Orgelmakerij Reil in Heerde. 1989 eröffnete er zusammen mit dem Musiker, Klavier- und Cembalo-Restaurator Berend Veger (* 1952) eine eigene Orgelwerkstatt in Winschoten, die im Jahr 1998 nach Finsterwolde in das ehemalige Rathaus verlegt wurde. Nachdem Veger 1999 den Betrieb verlassen hatte, wurde dieser alleine von van der Putten fortgeführt. Nach einem schweren Verkehrsunfall im Jahr 2002 übernahm die Mitarbeiterin und Orgelbaumeisterin Ingrid Noack die Firmenleitung (seit 2006 Direktorin). Die Firma Mensa Ruiter ist seit 2006 an dem Finsterwolder Unternehmen beteiligt.[1] Mit seiner allmählichen gesundheitlichen Wiederherstellung stieg Winold van der Putten wieder als freiwilliger Mitarbeiter in seine Firma ein.[2]

Ein wichtiges Projekt für die Firma war der Orgelneubau der Waller Kirche im Jahr 2001/2002. Das zweimanualige Instrument wurde konsequent im Stil der Zeit um 1650 konzipiert und mit den traditionellen Handwerkstechniken dieser Zeit gebaut. Es „setzt in Bremen einen Akzent für historisches Musizieren“.[3] Van der Putten errichtete zu diesem Zweck eine eigene Gießerei für das historische Sandgussverfahren in Zusammenarbeit mit dem früheren Orgelforschungszentrum GOArt der Universität Göteborg und Harm Dieder Kirschner. Die Waller Orgel hat eine kurze Oktave, Subsemitonien (geteilte Obertasten) und eine mitteltönige Stimmung.[4]

Van der Putten ist durch seine Rekonstruktionen mittelalterlicher Positive bekannt geworden. So baute er mehrere gotische Kleinorgeln mit pythagoreischer Stimmung (mit reinen Quinten). Sie orientieren sich an der Darstellung einer Orgel im Rutland-Psalter (um 1260) und vergleichbaren mittelalterlichen Malereien von Orgeln. Für die baulichen Details lagen Beschreibungen wie die Traktate des Theophilus Presbyter und des Berner Anonymus (beide 11. Jahrhundert) zugrunde. Die Mensur ist bei allen Pfeifen gleich (27 bzw. 35 Millimeter) und entspricht in etwa dem Durchmesser eines Taubeneis, was zur Bezeichnung „Taubenei-Orgel“ geführt hat.[5]

Werkliste (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Anmerkungen
1990–1991 Gandersum Gandersumer Kirche
I 5 Rekonstruktion der Orgel eines unbekannten Orgelbauers (18. Jh.) unter Verwendung älterer Reste[6]
1992 Delmenhorst Stadtkirche Zur Heiligen Dreifaltigkeit I 3 Neubau einer Truhenorgel
1994–1995 Neermoor Reformierte Kirche
I/P 11 Restaurierung der Orgel von Hinrich Just Müller (1796–1798)
1995 Heiligerlee Graaf Adolf Kapel I/p 12 Neubau
1995 Gouda (Niederlande) Schulverband „De Driestar“ II/P 15 Neubau
1999 Wirdum Dorfkirche
I/p 7 Restaurierung der Orgel von Van Oeckelen & Zn. (1879)
1999 Möhlenwarf Möhlenwarfer Kirche
I/P 9 Renovierung der Orgel von Johann Reil (1968)
1999 Marsum (Appingedam) Mauritiuskerk
I 2 „Theophilus-Orgel“ anhand Abbildung im Rutland-Psalter, 8′ + 6′, „Taubenei-Mensur“, Manualumfang g–f2 (diatonisch, mit zusätzlichem b, fis1 und b1) mit handbreiten Tasten
2000 Tergast Tergaster Kirche
I/p 7 Rekonstruktion der Orgel von Gerd Sieben Janssen (1840)[7]
2001–2002 Walle (Bremen) Waller Kirche II/P 26 Neubau im Stil des 17. Jahrhunderts
2003 Aurich Reformierte Kirche II/P 18 Rekonstruktion und Erweiterung der Orgel von Gerd Sieben Janssen (1836–1838)[8]
2006 Nijmegen Privatbesitz II/p 6 Neubau
2007–2008 Altenesch St.-Gallus-Kirche
II/P 18 Restaurierung der Orgel von Georg Wilhelm Wilhelmy (1794–1795)[9]
2010 Weener Organeum
Orgelfunktionsmodell „Orgel für das Klassenzimmer“
2010 Laufen BL Herz-Jesu-Kirche, Krypta I/p 2 „Taubenei-Orgel“, Neubau einer gotischen Orgel anhand Zeichnung im Rutland-Psalter (um 1260), 8′ + 6′, Manualumfang A–c3 (voll chromatisch)[10]
2012 Hamburg Privatbesitz I 3 „Taubenei-Orgel“, 8′ + 8′ + 6′, Manualumfang defga–g2a2
2013 Leer Mennonitenkirche
I/P 9 Restaurierung der Orgel von Brond de Grave Winter (1860)
2015 Nieuw Beerta Hervormde Kerk II/p 12 Restaurierung der Orgel von Willem Hardorf (1858)
2016 Tolbert Hervormde Kerk I 6 Restaurierung der Kabinettorgel von H. H. Hess (1792) mit geteilten und halben Registern
2017 Elburg Nationaal Orgelmuseum
I 2 Rekonstruktion der Orgel vom Genter Altar (1432); Frontpfeifen 6′ aus Zinn, Blockwerk IV–VI aus Oktave, Quinte und Superoktave

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Firmengeschichte Mense Ruiter Orgelbau, abgerufen am 4. Februar 2018.
  2. Ars Organi. Bd. 54, 2006, S. 116.
  3. Uwe Pape, Winfried Topp: Orgeln und Orgelbauer in Bremen. 3. Auflage. Pape, Berlin 2003, ISBN 3-921140-64-1, S. 428.
  4. Orgel in Bremen-Walle, abgerufen am 4. Februar 2018.
  5. Roland Eberlein: Neue Rekonstruktionen mittelalterlicher Orgeln (PDF; 744 kB), abgerufen am 5. Februar 2018.
  6. Orgel in Gandersum, abgerufen am 5. Februar 2018.
  7. Orgel in Tergast (niederl.), abgerufen am 5. Februar 2018.
  8. Orgel in Aurich (Memento des Originals vom 30. August 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.orgelmakerij.nl, abgerufen am 5. Februar 2018.
  9. Orgel in Altenesch, abgerufen am 5. Februar 2018.
  10. A New Gothic-Style Organ: The Van Der Putten Instrument in Laufen, Switzerland, abgerufen am 5. Februar 2018.