Wooldridgeit

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Wooldridgeit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1997-037[1]

IMA-Symbol

Woo[2]

Chemische Formel Na2CaCu2+2(P2O7)2·10H2O
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate, Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

7/C.35-20[3][4]
VII/C.35-020

8.FC.25[3][4]
40.05.14.01[4]
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch[5]
Kristallklasse; Symbol monoklin-domatisch; m
Raumgruppe Fdd2 (Nr. 43)Vorlage:Raumgruppe/43[5]
Gitterparameter a = 11,938(1) Å; b = 32,854(2) Å; c = 11,017(1) Å
α = 90°; β = 90°; γ = 90°[5]
Formeleinheiten Z = 8[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2-3[6]
Dichte (g/cm3) 2,279 (berechnet)[6]
Spaltbarkeit keine[6]
Bruch; Tenazität unregelmäßig[6]
Farbe blau-grün[6]
Strichfarbe sehr blass hellblau[6]
Transparenz transparent[6]
Glanz Glasglanz[6]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,508(1)[6]
nβ = 1,511(1)[6]
nγ = 1,517(1)[6]
Doppelbrechung δ = 0,009[6]
Optischer Charakter zweiachsig negativ[6]
Achsenwinkel 2V = 76,2(5)°(gemessen); 71(10)(berechnet)[6]
Pleochroismus keiner[6]

Das Mineral Wooldridgeit ist ein sehr seltenes, wasserhaltiges Diphosphat mit der chemischen Zusammensetzung Na2CaCu2+2(P2O7)2·10H2O. Es kristallisiert mit orthorhombischer Symmetrie und bildet blaugrüne, isometrische Kristalle in der Form gestauchter Oktaeder, die selten größer als 1 mm werden.[6]

Wooldridgeit ist nur von wenigen Fundorten weltweit bekannt. Typlokalität ist der Judkins-Steinbruch bei Nuneaton in Warwickshire, England.[7] Gebildet wird Wooldridgeit bei sehr niedrigen Temperaturen und Drucken beim Kontakt von Calcium- und Kupfer-haltigen Gesteinen mit Grundwasser.[6]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 1989 entdeckten R. E. Starkey und der Amateurmineraloge und Gemmologe James Wooldridge winzige bläuliche Kristalle eines ihnen unbekannten Minerals auf Proben aus dem seit drei Jahren stillgelegten Judkins-Steinbruch bei Nuneaton in Warwickshire, England. Wooldridge starb 1995, bevor das neue Mineral eingehend untersucht werden konnte. Neil Hubbard sandte die Proben zur Strukturbestimmung an Frank Hawthorne an das Department of Geological Sciences der University of Manitoba in Winnipeg, Manitoba in Kanada, wo es umfassend untersucht und als neues Mineral beschrieben wurde. Benannt wurde es nach seinem Entdecker James Wooldridge und 1997 mit der Nummer IMA 1997-037 von der International Mineralogical Association (IMA) als neues Mineral anerkannt.

Natürliche Polyphosphate waren lange Zeit unbekannt und man ging davon aus, dass sie sich unter geologisch relevanten Bedingungen nicht bilden können,[8][9] bis 1983 mit Canaphit das erste natürliche Diphosphat beschrieben wurde.[9]

Wooldridgeit ist das zweite Mineral mit einem Pyrophosphat-Anion. Seither (März 2020) wurden nur 2 weitere Polyphosphat-Minerale durch die IMA anerkannt, die Triphosphate Kanonerovit und Hylbrownit.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Wooldridgeit erst 1997 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist es in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/C.35-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, ohne fremde Anionen“, wo Wooldridgeit zusammen mit Canaphit die Gruppe „Wasserhaltige Diphosphate [P2O7]4-“ bildet (Stand 2018).[10]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Wooldridgeit dagegen in die Abteilung „Polyphosphate, Polyarsenate, [4]-Polyvanadate“, ein. Diese ist weiter unterteilt nach OH- und H2O-Gehalten, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Diphosphate usw. mit ausschließlich H2O“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.FC.25 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Wooldridgeit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc.“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 40.05.14 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wooldridgeit ist ein wasserhaltiges Natrium-Calcium-Kupfer-Diphosphat mit der idealisierten Zusammensetzung Na2CaCu2+2(P2O7)2·10H2O. Über mögliche Substitutionen ist wegen der Seltenheit von Wooldridgeit wenig bekannt. Die gemessene Zusammensetzung von Wooldridgeit aus der Typlokalität weist nur geringe Gehalte an Kalium und Magnesium auf:

  • (Na1,96K0,03)Ca1,00(Cu2+1,85Mg0,04)P4,04O14·10H2O.[6]

Synthetisch ist noch ein Nickel-Equivalent mit der Zusammensetzung Na2CaNi2+2(P2O7)2·10H2O bekannt.[12]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wooldridgeite Struktur CuP2O7H2O-Gruppe
Wooldridgeit Struktur: Ketten der CuP2O7H2O-Gruppen, Blick senkrecht der b-Achse

Wooldridgeit kristallisiert mit orthorhombischer Symmetrie der Raumgruppe Fdd2 (Raumgruppen-Nr. 43)Vorlage:Raumgruppe/43 und 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Der natürliche Wooldridgeit aus der Typlokalität hat die Gitterparameter a = 11,938(1) Å, b = 32,854(2) Å und c = 11,017(1) Å.[6]

Phosphor (P5+) besetzt zwei tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebene Positionen. Die zwei Tetraeder sind über ein gemeinsames Sauerstoffion an einer Ecke zu einer P2O7-Gruppe verbunden.[6]

Kupfer (Cu2+) ist von vier Sauerstoffen und zwei Wassermolekylen in Form eines Oktaeders umgeben, der durch den Jahn-Teller-Effekt entlang einer Ache zu einer viereckigen Bipyramide verzerrt ist. Die vier Sauerstoffe umgeben das Cu2+- Ion in Form eines 4-Ecks und bilden kurze Bindungen zum Kupfer. Die beiden Wassermolekyle liegen mit deutlich größeren Abstand an den Spitzen der Bipyramide und bilden nur sehr schwache Bindungen zum Kupfer. Diese Kupfer-Bipyramieden sind über ihre Spritzen sowie die P2O7-Gruppen zu Ketten entlang [101] verknüpft.[6]

Natrium (Na+) ist oktaedrisch von zwei Sauerstoffen und vier Wassermolekülen umgeben. Diese Na-Oktaeder sind über gemeinsame Ecken zu Ketten entlang [101] verbunden, die neben den Cu2+(P2O7)(H2O)-Ketten liegen, mit denen sie auf einer Seite verbunden sind.[6]

Calcium (Ca2+) ist oktaedrisch von vier Sauerstoffen und zwei Wassermolekülen umgeben. Die Ca-Oktaeder liegen zwischen den Cu-P-Na-Bändern und verknüpfen sie in Richtung der b-Achse.[6]


Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wooldridgeit kristallisiert bei sehr niedrigen Temperaturen und Drucken beim Kontakt von Calcium- und Kupferhaltigen Gesteinen mit Grundwasser.

In seiner Typlokalität, dem Judkins-Steinbruch bei Nuneaton in Warwickshire, England, findet sich Wooldridgeit zusammen mit Calcit, Baryt und Kupfersulfiden, bei deren Verwitterung er sich gebildet hat.[6]

Bislang wurden nur zwei weitere Vorkommen von Wooldridgeit dokumentiert, die Grube Clara in Oberwolfach im Schwarzwald, Baden-Württemberg[7] und die Roughton Gill Mine bei Caldbeck in der Unitary Authority Cumberland im Nordwesten Englands, wo Wooldridgeit zusammen mit Chrysokoll in porösen Quarzaggregaten auftritt.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Wooldridgeite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. März 2020 (englisch).
  4. a b c Mineralienatlas: Wooldridgeit
  5. a b c Mark A. Cooper, Frank C. Hawthorne: The crystal structure of wooldridgeite, Na2CaCu2+2(P2O7)2(H2O)10, a novel copper pyrophosphate mineral. In: The Canadian Mineralogist. Band 37, 1999, S. 73–81 (rruff.info [PDF; 823 kB; abgerufen am 10. März 2020]).
  6. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x F. C. Hawthorne, M. A. Cooper, D. I. Green, R. E. Starkey, A. C. Roberts, J. D. Grice: Wooldridgeite, Na2CaCu2+2(P2O7)2(H2O)10: a new mineral from Judkins Quarry, Warwickshire, England. In: Mineralogical Magazine. Band 63, 1999, S. 13–16 (rruff.info [PDF; 376 kB; abgerufen am 10. März 2020]).
  7. a b Fundortliste für Wooldridgeit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  8. K. Byrappa: The possible reasons for the absence of condensed phosphates in nature. In: Physics and Chemistry of Minerals. Band 10, 1983, S. 94–95, doi:10.1007/BF00309591.
  9. a b Roland C. Rouse, Donald R. Peacor, Robert L. Freed: Pyrophosphate groups in the structure of canaphite, CaNa2P2O7·4H2O: The first occurrence of a condensed phosphate as a mineral. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 168–171 (rruff.info [PDF; 448 kB; abgerufen am 10. Februar 2020]).
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 8. März 2020 (englisch).
  12. Yun-Cheng Cui and Yan-Hui Zhaoa: Disodium calcium dinickel(II) bis[diphosphate(V)] decahydrate. In: Acta Crystallographica Section E. Band 67, 2011, S. i13–i14, doi:10.1107/S160053681100016X.
  13. Trevor F. Bridges, David I. Green, Michael S. Rumsey, C. Michael Leppington: A review of the mineralisation of the Roughton Gill Mines, Caldbeck Fells, Cumbria: Part 3 Roughton Gill Mine. In: Journal of the Russell Society. Band 14, 2011, S. 3–23 (researchgate.net [PDF; 11,1 MB; abgerufen am 10. März 2020]).