Yorck Kinogruppe

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Yorck-Kino GmbH
Rechtsform GmbH
Gründung 1978
Sitz Berlin
Leitung Christian Bräuer, Georg Kloster
Website yorck.de
Delphi Filmpalast in Berlin

Die Yorck Kinogruppe (eigentlich: Yorck Kino GmbH) ist ein Berliner Kinounternehmen. Zu ihr gehören 14 Kinos im Stadtgebiet sowie ein Freiluftkino. Die Gruppe gilt als eine der einflussreichsten Akteure im Arthouse-Sektor und ist gemessen an der Anzahl der Kinos der größte unabhängige Berliner Kinobetreiber. Im Jahr 2003 wurde das Unternehmen als „Europäischer Kinobetreiber des Jahres“ gewürdigt.

Profil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fast alle Kinos der Gruppe bestehen aus historischen Sälen und Gebäuden des 20. Jahrhunderts, bei denen Saal und Architektur möglichst ursprungsgemäß erhalten worden sind. Rollberg und delphi LUX sind die einzigen in Neubauten beheimateten Kinos.

Jedes der Kinos besitzt ein individuelles Programmprofil, das auf Kino und den jeweiligen Kiez zugeschnitten ist. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt der Gruppe auf sogenannten Arthouse-Filmen, wobei jedoch vereinzelt in manchen Häusern auch Blockbuster gezeigt werden.

Die Yorck Kinogruppe eröffnete die ersten (im Gegensatz zu den Kinos der alliierten Truppen für jedermann zugänglichen) Originalsprachenhäuser der Stadt. Entsprechend prägen Originalfassungen bis heute das Programm aller Häuser der Gruppe. Für ihr Programm erhalten die Kinos regelmäßig Auszeichnungen und Preise wie beispielsweise den Kinoprogrammpreis der Bundesregierung.

Das Unternehmen gibt das Filmmagazin Der Yorcker heraus und entwickelten eigenständige Reihen und Projekte wie Play it again oder die wöchentliche queere Filmnacht MonGay.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der Gruppe liegt in der Arbeit mit Schulkindern und Jugendlichen. Bereits in den 1980er Jahren wurde das Programm Kino für Schulen etabliert, in dem das Unternehmen bis heute Sonderprogramme für Schulklassen anbietet.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anfänge der Yorck Kinogruppe reichen bis in die späten 1970er Jahre zurück. Um den Studenten Christian Meincke (später: Filmverleiher/MFA-Filmverleih) bildete sich Anfang 1978 mit Manfred Salzgeber, Knut Steenwerth (Kinotechnik) und Georg Kloster – bis zu dieser Zeit im Berliner Kino Bali tätig und inzwischen Geschäftsführer des Unternehmens – ein Team, das sich des heruntergekommenen Kreuzberger Kiezkinos Yorck annahm. Die Unternehmer machten dieses von den Verleihern wenig beachtete Lichtspielhaus wirtschaftlich wieder attraktiv. Die Besucherzahlen stiegen und Filmverleiher ließen Erstaufführungen hier, weit entfernt vom Unterhaltungszentrum in Charlottenburg, zeigen.

Im Frühjahr 1979 festigten Kloster und Steenwerth – die anderen Mitarbeiter waren inzwischen ausgestiegen – ihre Position auf dem Berliner Kinomarkt durch die Eröffnung des Broadway am Tauentzien und des Rixi im Ortsteil Neukölln, das nach umfassender Renovierung unter der Bezeichnung Off (nun: Neues Off) bespielt wurde. Die Eröffnung des Broadway stellte in jener Zeit für einen Off-Kinobetreiber eine Sensation dar, lag es doch direkt auf der Berliner Kino-Renommiermeile, dem Kurfürstendamm, dessen Filmtheater Unterhaltungsfilme für die Allgemeinheit zeigten. Mit dem Broadway gab es nun hier das erste Programmkino.

Nach der Wiedervereinigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Mauerfall übernahm die Yorck-Gruppe Anfang der 1990er Jahre erfolgreich das DDR-Premierenkino Kino International, das bis heute von der Gruppe betrieben wird.

Seit 2004 ist Christian Bräuer Geschäftsführer des Unternehmens neben Gründer Georg Kloster.

Um die Jahrtausendwende kam es zu einem Neubau-Boom von Multiplex-Kinos in der Stadt, was die überwiegend als Ein-Saal-Kinos betriebenen Filmtheater der Yorck-Gruppe stark unter Druck setzte. Die 2000er Jahre waren entsprechend von harten Einschnitten geprägt, Kinos wie das Manhattan oder Broadway mussten aufgegeben werden. Nach einer Überarbeitung des Gesamtkonzepts treten die Kinos seit 2009 nach außen unter der gemeinsamen Dachmarke Yorck Kinogruppe auf, behalten dennoch bis heute ihre individuellen Namen.

2010er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saal 6 des 2017 eröffneten delphi LUX

Im Jahr 2017 eröffnete die Gruppe das Kino delphi LUX. Die ungewöhnliche Architektur des Kinos, bei dem jeder Saal ein anderes Farb- und Materialkonzept hat, fand international Beachtung.[2] Nur zwei Jahre später erhielt das Kino den Spitzenpreis für das beste Jahresfilmprogramm bei der Verleihung der Kinoprogrammpreise der Bundesregierung.[3]

Das Yorck-Gründungskino der Unternehmensgruppe war im Jahr 2017 von der Schließung bedroht, weil ein Investor an dieser Stelle ein Wohnhaus mit Tiefgaragen, Eigentumswohnungen und einigen Geschäften errichten lassen wollte. Im November 2016 hat der Bauausschuss des Bezirksamtes von Friedrichshain-Kreuzberg die Bauvoranfrage „aus stadtplanerischer Sicht abgelehnt“. Der Investor will aber in dem Neubau wieder ein Kino einplanen. Zu den Plänen ließ die Sprecherin der Kinogruppe verlauten: „Wir führen mit dem Vermieter konstruktive Gespräche, um den Kinostandort langfristig zu erhalten.“[4]

2020er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kino International wird von außen lila-rot beleuchtet im Rahmen der Initiative Kino leuchtet
Das Kino International, Februar 2021

Bereits vor der COVID-19-Pandemie begann die Gruppe, ihre Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit deutlich zu verstärken. Im Zuge der AG-Kino-Initiative Kino natürlich wurde das Kino Blauer Stern nach der Übernahme umfassend umgebaut. Die Wiedereröffnung erfolgte im August 2020. Es gilt heute als eines der Referenzkinos der Initiative.[5]

Wie alle anderen Kinos in Deutschland hatte die COVID-19-Pandemie die Kinos der Gruppe schwer getroffen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte das Kino International, um sich von der schwierigen Situation von Kinos zu überzeugen.[6] Nachdem die Kinos der Gruppe am 2. Juli 2020 nach Ende des ersten Lockdowns wiedereröffneten, mussten sie wenige Monate später wieder vorübergehend schließen.

Unter anderem als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hatte Geschäftsführer Christian Bräuer im Februar 2021 angekündigt, verstärkt in die Verbesserung ihrer digitalen Angebote zu investieren.[7] Zudem hat die Gruppe ein eigenes Video-on-Demand-Portal mit dem Namen Yorck On Demand gestartet.

Im November 2022 begann ein Tarifkonflikt zwischen der Yorck-Kino GmbH und der Gewerkschaft ver.di, infolgedessen Mitarbeitende erstmals Warnstreiks durchführten.[8] Nachdem sich Gewerkschaft und Unternehmen über Monate hinweg einander öffentlich Vorwürfe über zentrale Konfliktthemen wie Einstiegslohn und Befristungsquote erhoben,[9][10] wurde aufgrund der festgefahrenen Situation am 19. Juni 2023 ein Schlichtungsverfahren mit Klaus Lederer als Vermittler eingeleitet.[11] Am 21. November 2023 vermeldete ver.di nach erfolgreichem Ende des Schlichtungsverfahrens den Abschluss eines neuen Tarifvertrags, der eine Laufzeit bis 2026 vorsieht.[12]

Im November 2023 wurde zudem bekannt, dass das Kino International ab Frühjahr 2024 für etwa zwei Jahre schließen wird. Als Grund gab die Gruppe umfangreiche Sanierungsarbeiten an.[13]

Kinos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Anmerkung: Fett: Namen der aktuell (Stand: März 2021) von der Yorck-Kinogruppe bespielten Kinos.)
Aktiv im Betrieb der Yorck-Gruppe
Kino Bezirk Status Zeit in Yorck-Gruppe Erbaut
Yorck Kino Berlin-Kreuzberg in Betrieb seit 1978 1952
Neues Off Berlin-Neukölln in Betrieb seit 1979 1918
Odeon Berlin-Schöneberg in Betrieb seit 1982 1951
Babylon (Kreuzberg) Berlin-Kreuzberg in Betrieb seit 1983 1955
Delphi Filmpalast Berlin-Charlottenburg in Betrieb seit 1983 1949
Passage Kino Berlin-Neukölln in Betrieb seit 1989 1910
Kino International Berlin-Mitte in Betrieb seit 1991 1963
Capitol Dahlem Berlin-Dahlem in Betrieb seit 1994 1946
Cinema Paris Berlin-Charlottenburg in Betrieb seit 1994 1949
Filmtheater am Friedrichshain Berlin-Prenzlauer Berg in Betrieb seit 1996 1925
Rollberg Berlin-Neukölln in Betrieb seit 1996 1996
Kant-Kino Berlin-Charlottenburg in Betrieb seit 2011 1912
delphi LUX Berlin-Charlottenburg in Betrieb seit 2017 2017
Blauer Stern Berlin-Pankow in Betrieb seit 2018 1918
Broadway Berlin-Charlottenburg eingestellt 1979–2011[14] 1973
Manhattan Berlin-Reinickendorf eingestellt 1984–2002[15] 1971
Olympia Berlin-Charlottenburg eingestellt 1989–1999[16] 1911
Studio Berlin-Charlottenburg eingestellt 1984–1991[17] 1926
Forum Berlin-Köpenick eingestellt 1993–1998[18] 1933
Nord Berlin-Prenzlauer Berg eingestellt 1993–1998[19] 1912
Odyssee Berlin-Prenzlauer Berg eingestellt 1993–1999[20] 1991
Scala Berlin-Mitte eingestellt 1993–2000[21] 1908

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sandra Müller: Im Broadway fällt der letzte Vorhang. 23. Juni 2011, abgerufen am 8. April 2020.
  2. Frame Awards – delphi LUX. Abgerufen am 8. April 2020.
  3. Bundesregierung – Deutschlands beste Programmkinos. Abgerufen am 8. April 2020.
  4. Jochen Knoblach: Der letzte Abspann droht. In: Berliner Zeitung, 15./16. Juli 2017, S. 9.
  5. Best Practice Klimaneutrales Kino. Referenzkinos. Abgerufen am 1. März 2021.
  6. Marc Mensch: „Das Kino ist einzigartig“. 9. Juni 2020, abgerufen am 1. März 2021.
  7. Till Bücker: Kinobetreiber hoffen auf Öffnung. 28. Februar 2021, abgerufen am 1. März 2021.
  8. Streik bei Yorck-Kinos in Berlin. Abgerufen am 7. März 2023.
  9. Andreas Hartmann: Arbeitskampf trotz Berlinale: Warnstreik für mehr Lohn. In: Die Tageszeitung. 16. Februar 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 7. März 2023]).
  10. Andreas Hartmann: „Angemessene Bezahlung für harte Arbeit“: Verdi ruft erneut zu Warnstreiks in Berliner Yorck-Kinos auf. In: Der Tagesspiegel. 11. März 2023 (tagesspiegel.de [abgerufen am 11. Mai 2023]).
  11. Christian Lelek: Tarifkonflikt bei den Yorck-Kinos: Arbeiten wie im falschen Film. In: Die Tageszeitung: taz. 18. Juni 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 22. Juni 2023]).
  12. tagesschau.de: Berlin: Tarifabschluss für Yorck-Kinos. Abgerufen am 21. November 2023.
  13. Im Kino International gehen für zwei Jahre die Lichter aus. 6. November 2023, abgerufen am 21. November 2023.
  14. Broadway Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  15. Manhattan Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  16. Olympia am Zoo Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  17. Studio Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  18. Forum Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  19. Kino Krokodil Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.
  20. BERLIN. Abgerufen am 1. März 2021.
  21. Scala Kino Berlin | Kinokompendium. Abgerufen am 1. März 2021.