Kreis Schlochau

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Der Kreis Schlochau war ein preußischer Landkreis, der zwischen 1818 und 1945 bestand. Er gehörte größtenteils zu dem Teil von Westpreußen, der nach dem Ersten Weltkrieg im Deutschen Reich verblieb und zur Grenzmark Posen-Westpreußen kam sowie von 1938 bis 1945 zur Provinz Pommern gehörte. Heute liegt das ehemalige Kreisgebiet in der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Der Kreis Schlochau auf einer Landkarte von 1914
Die Provinz Westpreußen bis 1920
  • Regierungsbezirk Danzig
  • Regierungsbezirk Marienwerder
  • Karte der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen mit Kreisgrenzen (1938)

    Verwaltungsgeschichte

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    Das Gebiet des Kreises Schlochau kam durch die erste polnische Teilung 1772 zu Preußen und gehörte bis 1818 zum Kreis Konitz, der seinerzeit den gesamten südlichen Teil von Pommerellen umfasste.[1] Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum neuen Regierungsbezirk Marienwerder der neuen Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform im Regierungsbezirk Marienwerder wurde zum 1. April 1818 der neue Kreis Schlochau gebildet. Er umfasste die Stadt und das Amt Schlochau, die Stadt und die Intendantur Baldenburg, die Städte Hammerstein, Preußisch Friedland und Landeck, 31 Ortschaften des Amtes Friedrichsbruch und 97 adlige Güter.[2] Sitz des Landratsamtes des neuen Kreises wurde die Stadt Schlochau.

    Vom 3. Dezember 1829 bis zum 1. April 1878 waren Westpreußen und Ostpreußen zur Provinz Preußen vereinigt, die seit dem 1. Juli 1867 zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich gehörte.

    Am 20. November 1919 wurde der Kreis Schlochau dem neuen Verwaltungsbezirk Grenzmark Westpreußen-Posen mit Sitz in Schneidemühl unterstellt. Zum 1. Dezember 1919 wurden die Gutsbezirke Klein Jenznick, Mankau und Platendienst des Kreises Konitz in den Kreis Schlochau umgegliedert. Diese Gutsbezirke waren Exklaven des Kreises Konitz, dessen Hauptgebiet an Polen fiel. Mit Inkrafttreten des Versailler Vertrags am 10. Januar 1920 musste ein größerer Gebietsteil im Nordosten des Kreises Schlochau, der mehrheitlich von Polen bewohnt war, an Polen abgetreten werden.[3][4]

    Zum 11. Januar 1921 wurde der Verwaltungsbezirk „Grenzmark Westpreußen-Posen“ in „Grenzmark Posen-Westpreußen“ umbenannt. Am 1. Juli 1922 wurde aus dem Verwaltungsbezirk die neue Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen gebildet. Deckungsgleich mit der Provinz wurde am 1. August 1922 der neue Regierungsbezirk Schneidemühl gebildet. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Schlochau wie im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke bis auf zwei aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Am 1. Oktober 1938 wurde der Kreis Schlochau nach der Auflösung der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen in die Provinz Pommern eingegliedert. Der Regierungsbezirk Schneidemühl erhielt aus Traditionsgründen die Bezeichnung „Grenzmark Posen-Westpreußen“. Im Frühjahr 1945 wurde das Gebiet des Kreises Schlochau von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde das Kreisgebiet seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Im Kreis Schlochau begann danach die Zuwanderung von Polen, die anfangs vorwiegend aus Gebieten östlich der Curzon-Linie stammten. In der Folgezeit wurde die einheimische Bevölkerung aus dem Kreis vertrieben.

    Im Folgenden eine Übersicht mit Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen:[5][6][7]

    Jahr 1821 1831 1852 1861 1871 1890 1900 1910 1925 1933 1939
    Einwohner 27.415 32.611 48.413 54.821 60.383 64.946 66.077 67.157 57.184 56.482 55.110
    Evangelische
    Katholiken
    Juden
    15.284
    11.191
    940
    18.477
    13.067
    1.067
    27.418
    19.508
    1.458
    31.100
    21.957
    1.656
    33.873
    24.789
    1.618
    34.888
    28.549
    1.462
    35.071
    29.935
    1.040
    34.212
    32.180
    694
    34.829
    21.601
    500
    33.666
    22.313
    412
    33.102
    21.394
    136
    deutschsprachig
    zweisprachig
    polnischsprachig
      27.371
    -
    5.240
    42.021
    -
    6.392
    54.821
    -
    7.130
      56.224
    -
    8.717
    56.452
    194
    9.425
    56.648
    582
    9.906
    1818–183100Karl Gottlob Lesse
    1833–184700Julius Kummer (* 1804)
    1847–185100Karl Passarge
    1851–185200Hermann von Besser
    1852–186000Ottomar Runge
    1860–186100Eduard von Young (1815–1886) (kommissarisch)
    1861–186500Oskar von Joeden-Koniecpolski († 1901)
    1865–187500Karl von Oven (1824–1907)
    1875–188100Viktor von Tepper-Laski (1844–1905)
    1881–188800Wilhelm Scheffer (1844–1898)
    1888–189900Georg Kersten
    1899–192000Albrecht von Mach
    1920–999900Heidsieck
    1920–192100Wilhelm Happ (kommissarisch)
    00000000000Anton Rick
    1923–193300Kurt Jüllig (1885–1971)
    19330000000Fritz Coester (* 1893) (kommissarisch)
    1933–193500Karl Schröder (* 1897)
    1935–194000Udo von Alvensleben (1895–1970)
    1940–000000Ernst Günther

    Kommunalverfassung

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    Der Kreis Schlochau gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

    Im Deutschen Reich bildete der Kreis Schlochau zusammen mit dem Kreis Flatow den Reichstagswahlkreis Marienwerder 7. Der Wahlkreis wurde in der Regel von konservativen Kandidaten gewonnen.[8][9]

    Amtsbezirke, Städte und Gemeinden

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    Die Landgemeinden des Kreises waren in den 1930er Jahren in 23 Amtsbezirke gegliedert.[10] Die Städte des Kreises waren amtsfrei.

    Städte und Gemeinden

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    Zum Ende seines Bestehens im Jahr 1945 umfasste der Kreis Schlochau fünf Städte und 71 weitere Gemeinden:[7]

    • Baldenburg, Stadt
    • Bärenwalde
    • Barkenfelde
    • Bergelau
    • Bischofswalde
    • Bölzig
    • Breitenfelde
    • Briesnitz
    • Buchholz
    • Christfelde
    • Damerau
    • Damnitz
    • Darsen
    • Demmin
    • Deutsch Briesen
    • Dickhof
    • Domslaff
    • Eickfier
    • Eisenbrück
    • Lanken
    • Lichtenhagen
    • Lissau
    • Loosen
    • Marienfelde
    • Mossin
    • Neuguth
    • Neuhof
    • Niesewanz
    • Pagdanzig
    • Pagelkau
    • Penkuhl
    • Peterswalde
    • Platzig
    • Pollnitz
    • Prechlau
    • Prechlauermühl
    • Preußisch Friedland, Stadt
    • Prützenwalde
    • Richenwalde
    • Richnau
    • Rittersberg
    • Rosenfelde
    • Ruthenberg
    • Sampohl
    • Schlochau, Stadt
    • Schönau
    • Schönberg
    • Semnitz
    • Starsen
    • Stegers
    • Steinborn
    • Steinforth
    • Stolzenfelde
    • Stremlau
    • Stretzin
    • Wehnershof
    • Woltersdorf

    Zum Kreis gehörten außerdem die beiden gemeindefreien Gutsbezirke Forst Landeck und Schlochauer Heide.

    Aufgelöste oder ausgeschiedene Gemeinden

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    • Adlig Briesen, 1920 zu Polen
    • Borczyskowo, 1920 zu Polen
    • Glisno, 1920 zu Polen
    • Groß Konarczyn, 1920 zu Polen
    • Grünchotzen, 1920 zu Polen
    • Heidemühl, 1920 zu Polen
    • Kaldau, 1923 zur Stadt Schlochau
    • Kelpin, 1920 zu Polen
    • Kiedrau, 1920 zu Polen
    • Klein Konarczyn, 1920 zu Polen
    • Liepnitz, 1920 zu Polen
    • Lonken, 1920 zu Polen
    • Lubon, 1920 zu Polen
    • Mellno, 1920 zu Polen
    • Ossusnitza, 1920 zu Polen
    • Ostrowitt, 1920 zu Polen
    • Prondzonka, 1920 zu Polen
    • Prondzonna, 1920 zu Polen
    • Sobczyn, 1920 zu Polen
    • Woysk, 1920 zu Polen

    Der Kreis Schlochau wurde seit 1871 im Süden von der Preußischen Ostbahn Berlin – Königsberg durchzogen >115.0<. In den Jahren 1877/78 kamen dann die Staatsbahnstrecken Konitz – Schlochau – Neustettin mitten durch den Kreis und Rummelsburg – Neustettin ganz im Westen hinzu >111.j+u<.

    Der Nordostteil erhielt erst 1902 die Verbindung Reinfeld – Schlochau >111.x<. Nachdem der Bahnknoten Konitz an Polen gefallen war, verband die Deutsche Reichsbahn im Jahre 1926 die Kreisstadt mit Firchau an der Ostbahn >111.j²<.

    (Die Zahlen in >< beziehen sich auf das Deutsche Kursbuch 1939).

    • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft III: Regierungsbezirk Marienwerder, S. 52–59 (Google Books).
    • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 55–56, Ziffer 11 (Google Books).
    • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 482–491 (Google Books).
    • Adler: Der Kreis Schlochau. In: Neue Preußische Provinzial-Blätter. Andere Folge, Band 1, Königsberg 1852, S. 120–125 (Google Books).
    • Emil Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder, Danzig 1868, S. 126–147 (Google Books).
    • Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Schlochau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
    • Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Der Kreis Schlochau in der ehemaligen Provinz Pommern (2011).
    • Manfred Vollack, Heinrich Lemke: Der Kreis Schlochau – Ein Buch aus preußisch-pommerscher Heimat. Kiel 1974, ISBN 3-9800051-1-9.
    • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 615.
    • Joh. Heise: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreußen, Band I: Pommerellen mit Ausnahme der Stadt Danzig, Danzig 1881–87, S. 387–398 (Google Books).
    • Friedrich Wilhelm Kasiski: Beschreibung der vaterländischen Alterthümer im Neustettiner und Schlochauer Kreise, Verlag Bertling, Danzig 1881 (Google Books).

    Einzelnachweise

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    1. Johann Friedrich Goldbeck (Hrsg.): Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Band 2. Marienwerder 1789, S. 70 ff. (Digitalisat).
    2. Max Töppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 354 (Digitalisat).
    3. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2. Berlin 1874, Kreis Schlochau, S. 55–56 (Digitalisat).
    4. Der Friedensvertrag nebst Ausführungsgesetzen. Reimar Hobbing, Berlin 1921, Beschreibung der neuen deutsch-polnischen Grenze, S. 16 ff. (Digitalisat).
    5. Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998, S. 111.
    6. Der Große Brockhaus. 15. Auflage. Sechzehnter Band, Leipzig 1933, S. 745.
    7. a b Michael Rademacher: Kreis Schlochau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
    8. Datenbank der Reichstagsabgeordneten (Memento des Originals vom 6. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/zhsf.gesis.org
    9. Siegreiche Kandidaten bei den Reichstagswahlen im Wahlkreis Flatow–Schlochau
    10. Informationssystem Pommern: Kreis Schlochau (Memento vom 20. Februar 2013 im Internet Archive)