André Anders

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André Anders im Labor, 2009

André Anders (geb. 16. Juni 1961 in Ballenstedt, Deutsche Demokratische Republik) ist ein deutsch-amerikanischer Experimentalphysiker (Spezialisierung Plasmaphysik) und Materialwissenschaftler. Seit 2017 ist er der Direktor und Vorstand des Leibniz-Instituts für Oberflächenmodifizierung e. V. in Leipzig, Deutschland. Zuvor, in den Jahren 1992–2017, wirkte er am Lawrence Berkeley National Laboratory, in Berkeley, Kalifornien. Er wurde durch seine Arbeiten zur Erforschung von Metallplasmen und der Deposition dünner Schichten durch kathodische Bogenplasmen und durch das Hochleitungs-Impulssputtern bekannt. Er war der Editor-in-Chief der renommierten Fachzeitschrift Journal of Applied Physics (2014–2024), die durch den Verlag AIP Publishing herausgegeben wird.

Jugend und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon zu Schulzeiten hat Anders sich für Physik, Astronomie, Elektrotechnik sowie für Musik und Geschichte interessiert. Als Schüler der 7. Klasse baute er einen Refraktor (Linsen-Teleskop). 1980 begann er an der Universität Wrocław Physik zu studieren. Das endete abrupt im Sommer 1981 als der Ausnahmezustand 1981 in Polen ausgerufen wurde. Er setzte sein Studium an der Humboldt-Universität Berlin fort. Mit einer Arbeit zu dielektrisch-behinderten Entladungen wurde ihm der Titel „Diplomphysiker“ 1984 verliehen. Als Doktorand der Humboldt-Universität absolvierte er ein Auslandsstudium (1984–1986) auf dem Gebiet der Plasmaphysik an der Lomonossow-Universität (Moskauer Staatliche Universität) in Moskau, Sowjetunion (heute Russland). In seiner Doktorarbeit untersuchte er gepulste Plasmaströme in Luft und bekam 1987 den Titel „Dr. rer. nat.“ an der Humboldt-Universität Berlin verliehen.

Wissenschaftlicher Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Plasmaphysiker in Ost-Berlin, Deutsche Demokratische Republik (1987–1991)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine ersten beruflichen Arbeiten hat er 1987 am Zentralinstitut für Elektronenphysik der Akademie der Wissenschaften ausgeführt. Nach wenigen Monaten wurde er als LKW-Fahrer zum Wehrdienst in die Nationale Volksarmee einberufen. Die Freizeit in seiner Militärzeit nutzte er, um sein Buch „Formulary for Plasma Physics“ zusammenstellen, das 1990 im Akademie-Verlag veröffentlicht wurde.[1] Nach der Wiederaufnahme seiner Arbeit an der Akademie, beschäftigte er sich mit der Verlängerung der Lebenszeit von Elektroden in Natrium-Hochdruck-Lampen[2] und entwickelte eine laser-basierte, bildgebende Messtechnik zur Analyse von kathodischen Brennflecken, wobei er eine Auflösung von wenigen Nanosekunden erreichte.[3]

Plasmaanwendungen in Berkeley, Kalifornien (1992–2017)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und seit 2001 Gruppenleiter arbeitete er in verschiedenen Themen in der Arbeitsfeldern Ionenstrahlen und Plasma und deren Anwendungen einschließlich der Plasma-Immersions-Ionenimplantation und -deposition[4] und der Plasmadiagnostik von Vakuumbögen.[5] Sein Buch über Kathodische Bögen[6] und sein verallgemeinertes Struktur-Zonen-Diagramm[7] sind viel zitierte Werke. Seine Arbeiten zu ultra-dünnen diamandartigen Schichten lieferten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Festplatten, die eine Speicherdichte von 1 GB/in2 erreichten; diese Arbeiten wurden 2009 durch einen R&D100 Award anerkannt. Über zehn Jahre entwickelte und untersuchte er das Hochleitungs-Impulssputtern (HiPIMS), insbesondere die Rolle der Ionensationszonen („Spokes“)[8] des Selbstsputterns[9] und des Gas-Recyclings am Target.[10]

Professor für Angewandte Physik und Direktor des Leibniz - IOM, Leipzig (seit 2017)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2017 wurde er zum Professor für Angewandte Physik (W3) an das Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik, sowie zum Direktor und Vorstand des Leibniz-Instituts für Oberflächenmodifikation e.V. (IOM) berufen.

Editoren-Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Jahre 2014–2024 war Anders der „Editor-in-Chief“ des angesehenen Journal of Applied Physics, das vom Verlag AIP Publishing seit 1931 herausgegeben wird. Zuvor war er „Associate Editor“ desselben Journals (2009–2014) und in den Editorial Boards von Applied Physics Letters und Surface and Coatings Technology aktiv.

Auszeichnungen und Preise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1994: Paul A. Chatterton Young Investigator Award[11]
  • 1997: R&D 100 Award für die Entwicklung der „Eingeschnürten Plasmaquelle“[12]
  • 1998: Zum Fellow of the Institute of Physics (IoP), UK, gewählt[13]
  • 2000: Zum Fellow of the Institute of Electrical and Electronic Engineers (IEEE), gewählt
  • 2008: Zum Fellow of the American Physical Society (APS) gewählt[13]
  • 2009: R&D 100 Award für ein gepulstes, gefiltertes Bogenplasma-System zur Deposition von ultradünnen Schichten[12]
  • 2010: Merit Award der IEEE, Nuclear and Plasma Science Societies[14]
  • 2011: Mentor Award der Society of Vacuum Coaters[15]
  • 2011: Zum Fellow der American Vacuum Society (AVS) gewählt[16]
  • 2014: Walter P. Dyke Award, die höchste Auszeichnung der International Symposia of Discharges and Electrical Insulation[17]
  • 2016: Nathaniel Sugerman Memorial Award, die höchste Anerkennung der Society of Vacuum Coaters[18]
  • 2021: R.F. Bunshah Award, die höchste Auszeichnung der Advanced Surface Engineering Division of the AVS[14]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anders ist Autor von über 350 Publikationen, die insgesamt mehr als 23.000 Mal zitiert wurden.[19]

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1997 heiratete er Christine Kurata, die in der Softwareindustrie arbeitet. Sie haben zwei Kinder. Er hat einen weiteren Sohn aus erster Ehe.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. André Anders: A Formulary for Plasma Physics. In: A Formulary for Plasma Physics. De Gruyter, 2022, ISBN 978-3-11-261232-3, doi:10.1515/9783112612323 (degruyter.com [abgerufen am 22. März 2024]).
  2. A. Anders, B. Jüttner: Cathode mode transition in high-pressure discharge lamps at start-up. In: Lighting Research & Technology. Band 22, Nr. 2, Juni 1990, ISSN 0024-3426, S. 111–115, doi:10.1177/096032719002200206 (sagepub.com [abgerufen am 22. März 2024]).
  3. André Anders: Pulsed dye laser diagnostics of vacuum arc cathode spots. IEEE, August 1992, abgerufen am 22. März 2024 (englisch).
  4. Handbook of Plasma Immersion Ion Implantation and Deposition | Wiley. Abgerufen am 22. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  5. André Anders: Ion charge state distributions of vacuum arc plasmas: The origin of species. In: Physical Review E. Band 55, Nr. 1, 1. Januar 1997, S. 969–981, doi:10.1103/PhysRevE.55.969 (aps.org [abgerufen am 22. März 2024]).
  6. André Anders: Cathodic Arcs. In: Springer Series on Atomic, Optical, and Plasma Physics. 2008, ISSN 1615-5653, doi:10.1007/978-0-387-79108-1 (springer.com [abgerufen am 22. März 2024]).
  7. André Anders: A structure zone diagram including plasma-based deposition and ion etching. In: Thin Solid Films. Band 518, Nr. 15, Mai 2010, ISSN 0040-6090, S. 4087–4090 (sciencedirect.com [abgerufen am 22. März 2024]).
  8. André Anders, Pavel Ni, Albert Rauch: Drifting localization of ionization runaway: Unraveling the nature of anomalous transport in high power impulse magnetron sputtering. Journal of Applied Physics, 8. März 2012, abgerufen am 22. März 2024 (englisch).
  9. Joakim Andersson, André Anders: Self-Sputtering Far above the Runaway Threshold: An Extraordinary Metal-Ion Generator. In: Physical Review Letters. Band 102, Nr. 4, 27. Januar 2009, S. 045003, doi:10.1103/PhysRevLett.102.045003 (aps.org [abgerufen am 22. März 2024]).
  10. A Anders, J Čapek, M Hála, L Martinu: The ‘recycling trap’: a generalized explanation of discharge runaway in high-power impulse magnetron sputtering. In: Journal of Physics D: Applied Physics. Band 45, Nr. 1, 12. Dezember 2011, ISSN 0022-3727 (iop.org [abgerufen am 22. März 2024]).
  11. Chatterton Young Investigator Award (PDF), auf ieeexplore.ieee.org
  12. a b R&D 100 Awards, auf ipo.lbl.gov, abgerufen am 24. März 2024
  13. a b André Anders, auf ieeexplore.ieee.org, abgerufen am 24. März 2024
  14. a b Prof. Dr. André Anders, auf iom-leipzig.de, abgerufen am 24. März 2024
  15. SVC Fellow-Mentor Award, auf svc.org
  16. Fellow of the Society, auf avs.org
  17. Andre Anders wins Dyke Award. (PDF) In: AFRD newsletter. atap.lbl.gov, März 2014, abgerufen am 24. März 2024.
  18. Nathaniel Sugerman Memorial Award, auf svc.org
  19. Andre Anders. Abgerufen am 22. März 2024.