Arti et Amicitiae

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Preisgericht aus dem Jahre 1893: v. l. n. r. Geo Poggenbeek, Nicolaas Bastert, F.M. Heyl, Hein Kever und George Hendrik Breitner

Die Sozietät Arti et Amicitiae (lat.: „der Kunst und der Freundschaft“), auch kurz Arti genannt, nahm eine Schlüsselrolle in der niederländischen und im Besonderen in der Amsterdamer Kunstszene ein. Gegründet wurde sie 1839 und wirkt bis heute als Drehscheibe von Künstlern und Kunstinteressierten in der Metropole Amsterdam.

Geschichte und Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenkstein der alten Sint-Lucasgilde an der Waag zu Amsterdam

Nachdem im Jahre 1791 in Delft in den Niederlanden die letzte Künstlergilde aufgelöst worden war, sann man längere Zeit darüber nach, wieder eine wirkungsvolle Ersatzvereinigung auf die Beine zu stellen, ähnlich dem Vorbild aus vergangenen Tagen.[1][2][3]

Im Jahre 1839 wurde die Sociëtait Arti et Amicitiae gegründet. Ein Jahr später wurde aus der Versteigerung heraus das Gebäude „Grand Salon Dupond“, am Rokin 3 im Zentrum Amsterdams gelegen, erworben. Es sollte Heimat dieser jungen Gesellschaft werden. Das erklärte Ziel war es, das vornehme Publikum anzusprechen und ihr Interesse für die Kunst zu gewinnen. Zunächst hieß sie Arti et Amicitiae – Sociëtait – Sociétë des Beux Arts am Rokin 3. Heute nennt sie sich Maatschaapij Arti et Amicitiae, im Volksmund kurz Arti. Heute ist dem Haus die Nummer 112 zugewiesen.

Im Jahre 1841 wurde in der ersten Etage der neue Ausstellungsalon nach den Plänen von dem Baumeister Marinus Geradur Tétar van Elven geschaffen, der zugleich Professor und Direktor der Architekturabteilung an der Königlichen Akademie für bildende Künste in Amsterdam war.

Um diese Genossenschaft der schönen Künste gesellschaftlich aufzuwerten, trug man im Jahre 1841 dem damaligen König Willem II. die Ehrenmitgliedschaft an.

Von hoher Bedeutung waren die Abende, auch Kunstbetrachtung genannt. Kunstinteressierte und Sammler scharten sich um den Künstler, der wiederum Bilder und Lithographien zeigte.[4][5] Erklärtes Ziel war es, das Interesse an der Kunst zu wecken, um dann endlich die wirtschaftliche Lage des Künstlers zu verbessern. Auch dies war vorbildlich und der damaligen Zeit weit voraus.[6] Für die eigenen Künstler schuf man einen Witwen- und Waisenfonds. Dieser finanzierte sich aus einem Teil der Eintrittsgelder, dem Vertrieb der Ausstellungskataloge und den Mitgliedsbeiträgen der Ehrenmitglieder. Darüber hinaus wurden aus dem Fundus der Historischen Galerie schrittweise Verkäufe getätigt.[7]

Arti et Amicitiae – der Gegenpol[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arti et Amicitiae: Neuer Ausstellungsraum aus dem Jahre 1841 nach Plänen von dem Baumeister Marinus Geradur Tétar van Elven

Durch Napoleon ausgelöst wurde das Kunstgeschehen von den Landesherren aus betrieben und bestimmt. So gaben z. B. in der Kunstakademie von Delft Nichtkünstler die Kunstpolitik vor. – In den Reihen der Soziëteit zielte man darauf ab, eine wirksame Gegenbewegung zu schaffen. Ziel war immer die Souveränität der Gesellschaft, die bis heute beharrlich beibehalten wurde – die galt und gilt bis heute vor allem in finanzieller wie in kunstpolitischer Sicht. Zur Erhöhung der Popularität wurde ein Werbefeldzug für eine Statue für einen sehr wichtigen Sohn der Stadt – Rembrandt van Rijn in die Wege geleitet. Eines der Gründungsmitglieder von Arti et Amiticae, Louis Royer, schuf diese Statue und im Jahre 1852 wurde sie von König Wilhelm III. enthüllt.

Eines der Hauptanliegen war das Schaffen einer historischen Galerie mit 103 Werken aus Szenen der nationalen Geschichte.

Die 1841 erfolgte Aufstockung war insofern interessant, weil ein gläsernes Dach Tageslicht in den lang gestreckten Ausstellungsraum ließ. Baukonstruktiv war dies in der Dachfläche deshalb möglich, weil der noch recht junge Stahlbau das zwischen Fuß- und Mittelpfette durchlaufende Fensterband ermöglichte. Die Abschattungswirkung wurde über ein innen liegendes Kraggesims erreicht. Die vertikalen Ausstellungsflächen wurde über Pilaster unterteilt.[8]

Bekannt sind vor allem die individuell ausgerichteten Ausstellungen von Künstlern aus der Mitgliedschaft sowie von Nichtmitgliedern wie u. a. von Marc Chagall, Vincent van Gogh und Max Liebermann.

Die Gesellschaft nennt heute etwa 550 Künstler und 1100 Förderer als Mitglieder ihr eigen.

Die sehr wertvolle und umfangreiche historische Bibliothek, die im Laufe der Geschichte dieser Vereinigung aufgebaut wurde, ist an das Van Gogh Museum zu Amsterdam abgegeben worden. Das historische Archiv wird weiterhin im Haus gepflegt.

Baulichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Haus der Sociëteit Arti et Amicitiae in der alten städtebaulichen Situation am Gracht

Die Räumlichkeiten an dem Rokin 3 sind bis heute beibehalten worden.

Das Doppelhaus zeichnet sich durch die verbauten gusseisernen Stützen aus. Das Glasdach sorgt für eine gleichmäßig Beleuchtung. Die neo-klassizistische Fassade wurde durch die vier Allegorien Bauen, Skulptur, Gravur und Malerei akzentuiert – sie stehen für die in dem Haus vereinten Kunstarten. Diese Skulpturen gehen auf Franz Stracké zurück. Darüber hinaus befinden sich im Giebel die Hand als Wahrzeichen und der Ochse, Schutzpatron der ehemaligen Künstlergilde von St. Lucas. Für den Innenbereich zeichnet sich der Baumeister Hendrikus Petrus Berlage aus. Hier sind Ausstellungsräume, Sitzungssäle und ein privater Clubraum geschaffen worden.

Im Jahre 1893/94 fand der erste Umbau statt. Der Haupteingang wurde zur Spui verlegt sowie Treppenhaus und Flur erneuert. Die Baumeister Berlage und Beys, beide Mitglieder dieser Künstlergenossenschaft, zeichneten für diese Baumaßnahme verantwortlich. In den Jahren 1962–1964 wurde der Baukörper grundlegend restauriert und modernisiert. Der Haupteingang wurde wieder an den Rokin verlegt. Die Ausstellungsräume wurden modernisiert. Die wertvollen Holzarbeiten der Innenräume und die Möbelarbeiten sind noch weitestgehend intakt. Im Jahre 2009 wurde das Nachbargebäude Nr. 114 erworben, um neue Räumlichkeiten zu integrieren.

In dem wertvollen Treppenhaus befindet sich eine Galerie der berühmtesten Maler der Niederlande. Es handelt sich um solche Namen wie Lizzy Ansingh, George Hendrik Breitner, Marius Bauer, Bernd Blommers, die Gebrüder Jacob Maris, Willem Maris und Matthijs Maris, Isaac Israëls, Jozef Israëls, Lourens Alma Tadema, Hendrik Willem Mesdag, Jan Sluijters, Jan Toorop, Johan Hendrik Weissenbruch, Willem Witsen, Coba Ritsema und Kees Marks.

Willink van Collenprijs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1878 hatte der Mäze Wilhelm Ferdinand Willink van Collen in seinem Testament verfügt, einen Betrag in Höhe von 30.000 Gulden an die Sociëteit Arti et Amicitiae als Fonds zu überschreiben mit der Auflage, den niederländischen Künstlernachwuchs während ihrer Studienphase durch einen Preis zu fördern.[9] Ab 1880 wurde der Willink van Collenprijs mit Unterbrechungen bis in das Jahr 1950 vergeben. Zunächst hatte man sich an der Preisstaffelung des Pariser Salon orientiert und nach Neuregelung ab 1890 nur noch einen 1. Preis vergeben, der in den Jahren 1897, 1909 und 1910 und 1917 allerdings mehrfach vergeben wurde.[10] Dass in Amsterdam diese Idee der Künstlerförderung auf fruchtbarem Boden gefallen war, zeigt sowohl seine lange Laufzeit als auch der Erfolg und der Bekanntheitsgrad einer Reihe von Preisträgern bis in die heutige Zeit hinein.

Preis der Sociëtait Arti et Amicitiae[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben dem vorbennaten Förderpreis wurde von der Sociëtait noch ein eigener Preis für Künstler vergeben, der ebenfalls sehr begehrt war. Neben den jährlich ein Mal stattfindenden Kunstausstellungen und dem Willink van Collenprijs waren dies hier die einzigen Möglichkeiten für die jungen Künstler, um ihren Namen und ihre Kunst bekannt werden zu lassen.[11]

Wichtige Künstler als Mitglieder im 19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

George Hendrik Breitner: Rokin mt der Nieuwezijdskapelle, Amsterdam
A.M. Gorter: Weidende Kühe am Bach Vordense
Johannes Hermanus Barend Koekkoek: Niederländische Lastkähne auf Frachtfahrt während Flaute in der Flussmündung (1860)

Künstler aus der Mitgliedschaft als Preisträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst Witkamp: Studie einer jungen Frau
  • Ernst Witkamp – belegte den 2. Platz des Willink van Collenprijs in 1881.
  • Ernst Witkamp – belegte den 1. Platz des Willink van Collenprijs in 1882.
  • Jan Hillebrand Wijsmuller – belegte den 1. Platz des Willink van Collenprijs in 1883.
  • Willem Witsen – belegte den 2. Platz des Willink van Collenprijs in 1885.
  • Else Woutersen van Doesburgh – belegte den 1. Platz des Willink van Collenprijs in 1910

Nichtmitglieder als Preisträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eduard Frankfort – erhielt als Nichtmitglied eine Goldmedaille der Sociëteit im Jahre 1905.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Een vereeniging van ernstige kunstenaars: 150 jaar maatschappij Arti et Amicitiae, 1839–1989, Selbstverlag, ISBN 90-6868-026-9.
  • Monnickendam, M; Röling, J.; Sluyters, Rueter, G., a.o. – Arti et Amicitiae (1939): Premie-Uitgave t.g.v.h. 100 jarig bestaan der maatschappij Arti et Amicitiae 1839–1939, Amsterdam 1939.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Arti et Amicitiae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. In 1382 wurde die erste Künstlervereinigung in Delft gegründet, welche nachher in die Künstlergilde von St. Lucas umbenannt wurde. Um 1610 waren sie in Holland in nahezu jeder bedeutenden Stadt gegründet worden. Dies war möglich, weil nach der Reformation und dem Abschütteln der spanischen katholischen Herrschaft eine Neuregelung in den Niederen Landen erfolgen konnte.
  2. Damals war es das Ziel dieser lokal organisierten Gilden, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Künstler zu schützen.
  3. Die im Jahre 1880 erfolgte Neugründung der Künstlergenossenschaft St. Lucas in Amsterdam hatte mit Aufbau und Ausrichtung der Alten Gilden nichts gemein. Sie war vielmehr Begegnungsstätte, Ort der Weiterbildung und Sammelpunkt von Kunstfreunden und Sammlern. Allerdings konnte sie mit der Sociëteit Arti et Amicitiae auf Dauer nicht konkurrieren, weil sie zu akademisch ausgerichtet war. Hinzu kam das Problem der fehlenden Ausstellungsräume.
  4. Diese Art der Druckgraphik wurde gerade zur damaligen Zeit recht populär.
  5. Im Jahre 1820 wurde von dem Baron Isidore de Taylor ein Projekt auf die Beine gestellt mit dem Namen „Voyages pittoresques et romantiques dans l’ancienne France“. Gegenstand war die Darstellung von historischen Denkmälern, gotischen Ruinen und wilden Landschaften als Lithographie, welche sich als sehr erfolgreich entpuppen sollte.
  6. Nachdem die Künstlergilde als wirtschaftliches Instrument zur Sicherstellung der Existenz verschwunden war und die Förderung durch die herrschende Schicht verloren gegangen war, war diese Form der Kunstförderung die beste Alternative.
  7. Dies waren sowohl günstig erworbene Gemälde, Schenkungen und aus Nachlässen Erworbenes.
  8. Dieses vertikale, pfeilerartige Formelement in der Architektur wurde in jener Zeit gerne genommen.
  9. Van Collen (1847–1878) war Maler und darüber hinaus wie seine Frau Anna van Bosse Kunstliebhaber.
  10. Der französische Salon sah fünf Ebenen vor: Zulassung zur Ausstellung verbunden mit der Möglichkeit auf Goldmedaille, Silbermedaille Belobigung und Erwähnung.
  11. Darüber hinaus gab es noch die Wanderausstellung von Lebenden Künstlern, die sich ebenfalls großer Beliebtheit sowohl bei Künstlern wie bei Besuchern erfreute. Allerdings fand sie in einem Zwei- bzw. Dreijahresrhythmus statt.
  12. a b c d e Sie gehörte der Amsterdamse Joffers an.