August von Wächter

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Freiherr Johann August von Wächter zu Lautenbach, auch August Waechter-Lautenbach (* 3. April 1807 in Den Haag; † 3. August 1879 in Lautenbach) war ein württembergischer Diplomat und Politiker.

Wächter-Lautenbach

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

August von Wächter entstammte einer altwürttembergischen Beamtenfamilie und gehörte der evangelischen Kirche an. Er wurde als Sohn des Diplomaten August Heinrich Christoph Freiherr von Wächter (1776–1852)[1] geboren. Die Mutter hieß Marie Sophie geborene Haagen (1782–1831).[2] August von Wächter hatte vier ältere Geschwister, darunter einen Bruder.[3] Wächters Vater war württembergischer Legationsrat und seit 1807 Geschäftsträger des Königreichs Württemberg in Den Haag und Brüssel sowie später in Frankfurt.[4] Mit königlichem Dekret vom 19. September 1819 erfolgte dessen Erhebung in den württembergischen Adelsstand. Am 1. August 1823 erwarb dieser mit einem Kaufpreis von 75.000 Gulden den Lautenbacher Hof im Oberamt Neckarsulm. Am 18. Juni 1825 wurde die Familie Wächter zu Lautenbach in den erblichen württembergischen Freiherrenstand erhoben.

Leben und Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

August von Wächter machte wie sein Vater eine Karriere im diplomatischen Dienst des Königreichs Württemberg. Als königlicher Kammerherr und Geheimer Legationsrat war er in diplomatischer Mission unter anderem in St. Petersburg und während der Deutschen Revolution 1848/49 am badischen Hof in Karlsruhe. Von dort meldete er über den speziellen Verlauf der Badischen Revolution „alarmierende Dinge“ nach Stuttgart.[5] In den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts war Wächter als Staatsrat außerordentlicher württembergischer Gesandter und bevollmächtigter Minister in Paris. Im Herbst 1857 kam er in seiner Funktion als Botschafter zum Zweikaisertreffen nach Stuttgart. Im Vorfeld des Sardinischen Kriegs erhielt Wächter vom Außenminister Hügel aus Stuttgart die Mahnung, pünktlicher und sorgfältiger über die Politik der französischen Regierung zu berichten.[6] Am 9. Januar 1871 wurde Wächter als Nachfolger von Adolf Graf von Taube württembergischer Außenminister. Als solcher gehörte er am 26. Februar 1871 zu den Unterzeichnern des Vorfriedens von Versailles. Im Großherzogtum Baden wurde das Außenministerium nach der Reichseinigung abgeschafft, in Württemberg ähnlich wie beim größeren Nachbarn Bayern an einer eigenen Außenpolitik aus Prestigegründen festgehalten. Wächter wollte die Aufgaben des Außenministeriums und die der württembergischen Gesandtschaften in vollem Umfang erhalten und wusste sich in dieser Frage im Einklang mit dem König, jedoch nicht mit der Mehrheit der Abgeordneten in der Zweiten Kammer.[7] Wächter als Außenminister bestärkte König Karl in seiner kritischen Haltung gegenüber Preußen. König Karl empfand insbesondere seit der Reichsgründung von 1871 die Regierung in Berlin als ständige Bedrohung der württembergischen Eigenstaatlichkeit. In dieser Haltung wurde er durch den königlichen Kabinettschef Freiherr von Egloffstein gestärkt.[8] Auf Wächters Empfehlung blieb König Karl dem im Jahre 1872 stattfindenden Dreikaisertreffen in Berlin demonstrativ fern.[9] Wegen seiner zögerlichen Amtsführung geriet Wächter in Konflikt mit Hermann von Mittnacht, der auf die Ablösung des Außenministers zu seinen eigenen Gunsten drängte.[10] Am 27. August 1873 trat Wächter von seinem Amt zurück, nicht zuletzt auch auf Grund des Drucks aus der Kammer der Abgeordneten, die mit 62 zu 11 Stimmen forderten, dass das Außenministerium aus Kostengründen mit einem anderen Departement zusammengelegt werden sollte.[11]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grab August von Wächters in Bad Friedrichshall-Kochendorf

Seit dem Tod seines älteren Bruders Christoph Ludwig Freiherr von Wächter[3] im Jahre 1856 war August von Wächter Fideikommissherr auf dem ererbten Hof in Lautenbach. Am 19. Dezember 1855 heiratete er in Paris die reiche Amerikanerin Josephine Lee (* 1833 in New York; † 1930 in Stuttgart).[12] Sie war die ältere Schwester von Mary Esther Lee (* 1837; † 1914), verwitwete Fürstin von Noer, welche 1874 den späteren Generalfeldmarschall Alfred Graf von Waldersee heiratete.[13] Im Jahre seiner Hochzeit 1855 betrieb August von Wächter die Aufnahme des Lautenbacher Hofes in den Gemeindeverband Oedheim, um das dortige Bürgerrecht zu erlangen. Das Ehepaar von Wächter war im Oberamt Neckarsulm und insbesondere in Oedheim als großzügiger Gönner zahlreicher sozialer Einrichtungen und Stiftungen bekannt und geschätzt. Die Witwe Josephine Freifrau von Wächter-Lautenbach zählte zu den reichsten Frauen des Königreichs Württemberg.[14] Aus der Ehe von August und Josephine von Wächter-Lautenbach entstammten die Tochter Blanche (* 1856; † 1941)[15] und der Sohn Oleg-Ludwig (Louis) von Wächter-Lautenbach (1861–1940),[16] der ohne Nachkommen verstarb. Blanche von Wächter hatte am 2. Oktober 1879 in Lautenbach den württembergischen Kammerherrn und Rittmeister Julius Friedrich Eli Freiherr von Palm (* 1856; † 1929) geheiratet. Nach dem Tod der Blanche von Palm kam der Lautenbacher Hof an eine Erbengemeinschaft, die Freiherr von Palm’sche Erbengemeinschaft in Künzelsau.[17]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alfons Denkinger: Oedheim und seine Höfe. In: Ralph Walter (Hrsg.): 750 Jahre Oedheim. 1235–1985. Gemeinde Oedheim, Oedheim 1985, S. 146–165.
  • Julius Hartmann: Regierung und Stände im Königreich Württemberg 1806–1894 In: Württembergische Jahrbücher 1894, Heft 1, S. 64
  • Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1862

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wächter-Lautenbach – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Online verfügbare genealogische Information über den Vater August Heinrich Christoph Freiherr von Wächter (Memento vom 8. Dezember 2007 im Internet Archive)
  2. Grabstein der Mutter von Wächter in Kochendorf
  3. a b Eberhard von Georgii-Georgenau: Biographisch-Genealogische Blätter aus und über Schwaben, Stuttgart 1878, S. 1045–1046
  4. Vollständiger Titel: „Ministerresident am Niederländischen Hofe und bei der Stadt Frankfurt, Commthur des Ordens der Königlich Württembergischen Krone und des Ordens vom Niederländischen Löwen
  5. Paul Sauer: Reformer auf dem Königsthron. Wilhelm I. von Württemberg. DVA, Stuttgart 1997, Seite 448
  6. Wilhelm Freiherr von Koenig-Warthausen: Karl Eugen Freiherr von Hügel. In: Max Miller und Robert Uhland (Hrsg.) Lebensbilder aus Schwaben und Franken Band 9, W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1963, S. 315
  7. Eberhard Naujoks: Württemberg 1864 bis 1918. In: Meinrad Schaab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.) u. a.: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 3: Vom Ende des alten Reiches bis zum Ende der Monarchien. Hrsg. im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-91467-6, S. 359.
  8. Eberhard Naujoks: Württemberg 1864 bis 1918. In: Meinrad Schaab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.) u. a.: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 3: Vom Ende des alten Reiches bis zum Ende der Monarchien. Hrsg. im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-91467-6, S. 361.
  9. Im August 1872 trafen sich Kaiser Wilhelm, Kaiser Franz Josef und Zar Alexander II. in Berlin. Dazu waren auch die deutschen Bundesfürsten eingeladen. König Ludwig von Bayern und König Karl von Württemberg lehnten eine Teilnahme ab, da sie bezweifelten, dass das Treffen eine ernsthafte Gelegenheit zur Erörterung von deutschen Bundesangelegenheiten bieten würde. Siehe dazu Paul Sauer: Regent mit mildem Zepter. König Karl von Württemberg. DVA, Stuttgart 1999, Seite 221 f.
  10. Paul Sauer: Regent mit mildem Zepter. König Karl von Württemberg. DVA, Stuttgart 1999, Seite 196
  11. Eberhard Naujoks: Württemberg 1864 bis 1918. In: Meinrad Schaab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.) u. a.: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 3: Vom Ende des alten Reiches bis zum Ende der Monarchien. Hrsg. im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-91467-6, S. 360.
  12. Genealogisches Handbuch des Adels, Freiherrliche Häuser, B 5 (1971)
  13. Elisabeth Gräfin von Waldersee: Von Wahrheit zu Klarheit! Gräfin Marie Esther von Waldersee verwitwet gewesene Fürstin von Noer geb. Lee geb. den 3. Oktober 1837 gest. den 4. Juli 1914. Stuttgart 1915
  14. Das Jahrbuch der Millionäre Deutschlands aus dem Jahre 1914 verzeichnet im Band 3 (Württemberg mit Hohenzollern) die verwitwete Freifrau Josephine von Wächter-Lautenbach mit einem Vermögen von 8 Millionen Reichsmark, einem jährlichen Einkommen von 320.000 Reichsmark und einem Gutsbesitz von 290 Hektar an Position 32 auf der Liste der reichsten Personen des Königreichs Württemberg.
  15. Online verfügbare genealogische Information über die Tochter Blanche Freiin von Wächter-Lautenbach (Memento vom 8. Dezember 2007 im Internet Archive)
  16. Online verfügbare genealogische Information über den Sohn Oleg-Ludwig Freiherr von Wächter-Lautenbach (Memento vom 8. Dezember 2007 im Internet Archive)
  17. Anton Henkel: Oedheim. Beiträge zur Heimatgeschichte. Gemeinde Oedheim 1975, S. 140
  18. Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1847. S. 45
  19. Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1862, S. 35
  20. Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1862, S. 58
  21. a b c d e Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1862. S. 112 und Erläuterung der Abkürzung S. X–XIII
VorgängerAmtNachfolger
Christian Wilhelm August von Fleischmann (bis 1849)Württembergischer Gesandter in Frankreich
1850–1871
Adolf von TaubeWürttembergischer Außenminister
1871–1873
Hermann von Mittnacht