Beginen in Sachsen und Brandenburg

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Beguinenhaus in Leipzig, bis 1855

Beginen gab es in den meisten Städten in Sachsen und Brandenburg im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über Beginenkonvente in den verschiedenen historischen Territorien Sachsens und der Mark Brandenburg gibt es nur verhältnismäßig wenige meist kurze Erwähnungen. Die Mystikerin Mechthild lebte um 1250 in Magdeburg, wahrscheinlich mit Mitschwestern. Um 1300 gab es Beginenhäuser unter anderem in Quedlinburg, Halberstadt und Berlin.

Nach der zeitweisen päpstlichen Verurteilung (Bulle Cum de quibusdam) von 1311 und einigen wenigen bekannten Prozessen gegen Beginen in benachbarten Territorien (Schweidnitz in Schlesien 1322, Erfurt, Eisenach, Nordhausen 1367–1369) verschwand diese Bezeichnung für viele Jahre meist aus den offiziellen Schriftdokumenten. Stattdessen wurden Hospitäler, Seelhäuser und ähnliche Einrichtungen weiter von Beginengemeinschaften geführt und so genannt. Konkrete Maßnahmen gegen Beginen sind aus Sachsen und Brandenburg nicht überliefert.

Seit dem 16. Jahrhundert wurden wieder offiziell Beginenhäuser erwähnt und geführt, einige noch viele Jahre, teilweise bis in die 1970er Jahre (Havelberg).

Strukturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Begine

Über die Strukturen der Beginenkonvente in Sachsen und Brandenburg gibt es nur wenige erhaltene Informationen. Die Beginen lebten gemeinsam in einem Haus, nach einer festgelegten Ordnung. Sie waren meist in der Krankenpflege in Hospitälern und bei der Begleitung von Sterbenden tätig, eine weitere wichtige Aufgabe waren der Totendienst und regelmäßige Gebete und Vigilien für Verstorbene. In Berlin waren Beginen um 1295 auch mit der Wollweberei beschäftigt. Aus Meißen ist eine Festlegung von 1358 erhalten, dass eine Schwester nach ihrem möglichen Austritt aus dem Konvent die von ihr anfangs eingezahlten Gelder nicht zurückerhält.[1] Es gab auch Beginen, die einzeln lebten, meist in ihren eigenen Häusern.

Seit dem 15. Jahrhundert lockerten sich wahrscheinlich auch in diesem Gebiet die Lebensformen der Beginen, wie in anderen Gebieten häufig beklagt wurde.[2]

Einzelne Beginenkonvente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sachsen-Anhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den verschiedenen kleinen Territorien wie den Hochstiften Magdeburg und Halberstadt, sowie den Grafschaften am Harz, in der Altmark und in Anhalt gab es einen oder mehrere Beginenkonvente in den meisten Städten. Diese waren meist nicht sehr groß

  • Magdeburg, um 1250 Konvent um Mechthild, wahrscheinlich weitere Beginenkonvente[3], 1336 Begarden verurteilt
  • Halberstadt
    • Beginenhaus, nur 1302 erwähnt
    • Kloster der willigen Armen wahrscheinlich von Beginen
    • blaue Beginen
  • Quedlinburg, zwei Konvente
  • Halle (Saale), Beginenhaus beim Dominikanerkloster in der Nähe der Moritzkirche
  • Langensalza, Beginenhaus
  • Havelberg
    • Dom-Beguinen-Haus, bis um 1558, lag am Dom, dann umgewandelt in Dom-Hospital-Stiftung für Arme, betrieben durch das Domkapitel (ohne Beginen)
    • 1558–1893 Beguinenhaus am Müllertor 5, am Hospital St. Spiritus
    • 1893–1970 Haus an einem anderen Standort

Altmark (bis 1815 zur Mark Brandenburg)

Brandenburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über Beginen in der Mark Brandenburg sind nur wenige Nachrichten bekannt.[6]

  • Altstadt Brandenburg, früher Beginenstraße
  • Cöln/Berlin
    • 1295 Beginen, die mit geliehenen Webstühlen Wollweberei betrieben[7]
    • seit etwa 1320 Beginenhaus in der Brüderstraße 2 in Cölln bei der Familie Ryke/Reiche, in der Nähe des Dominikanerklosters und des Gertraudenhospitals; 1520 als Schwestern Dominici (Dominikanerterziarinnen) bezeichnet, in diesem Jahr Verkauf durch die Brüder Reiche an das Dominikanerkloster[8]; 1556 Beguinenhaus erwähnt (als Ortsangabe zur nahegelegenen Stadtmauer)[9], Haus nicht erhalten
  • Frankfurt an der Oder
  • Neuruppin, eine Große und eine Kleine Beginenstraße
  • Lindow bei Neuruppin
  • Gransee
  • Pritzwalk, Prignitz
  • Perleberg, Prignitz, heute noch Beguinenstraße und Beguinenwiese, schriftliche Erwähnungen von Beginen im Stadtarchiv[10]
  • Jüterbog (bis 1618 zu Erzstift Magdeburg)
  • Treuenbrietzen (zu Erzstift Magdeburg), eine Begine erwähnt
  • Guben, Niederlausitz, (bis 1815 zu Sachsen)
  • Luckau, Niederlausitz
  • Königsberg in der Neumark, um 1620 Übernahme des bisherigen Augustinereremitenklosters

Sachsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den sächsischen Fürstentümern wohnten Beginen meist in Seelhäusern.

  • Meißen, Seelhaus, 1358 erwähnt[11]
  • Dresden
    • Seelhaus Brüdergasse, mit zwolf Plätzen
    • Seelhaus Kreuzgasse, mit zwölf Plätzen, im 15. Jahrhundert als Franziskanerinnen bezeichnet[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Frank-Michael Reichstein: Das Beginenwesen in Deutschland. Studien und Katalog. 2., erweiterte Auflage, Dr. Köster, Berlin 2017, ISBN 978-3-89574-427-3; mit Verzeichnis vieler Städte und Kurzangaben zu den historischen Quellen
  • Günter Peters: Norddeutsches Beginen- und Begardenwesen im Mittelalter. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. 40/41, 1969/70. S. 50–118, besonders S. 53–65 (PDF), mit zahlreichen Beispielen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Urkunde 1358 Sächsisches Staatsarchiv, Domstift Meißen, 13856
  2. August Höpfner: Perleberger Reimchronik, 1876, Nr. 39; beklagte, dass bei Eintritt die neuen Konventsmitglieder ein großes Festmahl für den gesamten Konvent bezahlen mussten, zusätzlich zum Eintrittsgeld an den Magistrat; der Inhalt stammte wahrscheinlich nach einer Ratsbeschwerde aus dem 17./18. Jahrhundert
  3. es sind bisher keine historischen Erwähnungen im Stadtarchiv oder anderen schriftlichen Quellen bekannt, es gab aber wahrscheinlich einen oder mehrere Beginenhäuser in der damals größten und wichtigsten Stadt im deutschen Osten
  4. Lieselott Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Altmark.
  5. Germania Sacra. Das Bistum Havelberg
  6. Günter Peters: Norddeutsches Beginen- und Begardenwesen im Mittelalter, in Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 41/42, 1969/70, S. 53–65; mit Nennungen von zahlreichen norddeutschen Städten mit Beginenkonventen
  7. P. Clausnitz (Hrsg.): Berlinisches Stadtbuch, 1883, S. 70 Zeile 3; an bekynen und andere fremde Personen sollten die Wollweber keine Webstühle mehr verleihen; erwähnt in Günter Peters: Norddeutsches Beginen- und Begardenwesen im Mittelalter, in Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 41/42, 1969/70, S. 59
  8. Ferdinand Voigt, Ernst Fidicin: Urkunden-Buch zur Berlinischen Chronik, Berlin 1880, S. 472, mit Schenkungsurkunde der Brüder Joachim Reiche (späterer Bürgermeister von Berlin) in niederdeutscher Sprache
  9. Ernst Fidicin: Die Chronik der Cölner Stadtschreiber, in Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin. Band 1. 1865, S. 3; aus der Stadtmauer in der Nähe des Beginenhauses waren einige Steine herausgefallen
  10. August Höpfner: Perleberger Reimchronik, 1876, Nr. 39; mit Gedicht über die Beguinen in Perleberg; wahrscheinlich mit dem Inhalt einer Beschwerdeschrift des Rates über die Beginen etwa aus dem 17. oder 18. Jahrhundert
  11. Urkunde 1358 Sächsisches Staatsarchiv, Domstift Meißen, Nr. 13856
  12. Paul Flade: Neue sächsische Kirchengalerie. Die Ephorie Dresden I. Leipzig 1906, Sp. 60f., kurz über beide Seelhäuser