Benutzer:Onkel Dittmeyer/XS 500

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Fernamt Berlin

Daten
Ort Berlin-Schöneberg, Winterfeldtstraße 19-23
Architekt Otto Spalding, Kurt Kuhlow
Baustil Expressionismus
Baujahr 1922–1929
Koordinaten 52° 29′ 47,1″ N, 13° 21′ 28,1″ OKoordinaten: 52° 29′ 47,1″ N, 13° 21′ 28,1″ O

Das ehemalige Fernamt Berlin in Berlin-Schöneberg, Winterfeldtstraße 19–23, ist ein gelistetes Baudenkmal.[1] Der 1929 fertiggestellte Gebäudekomplex war von der Deutschen Reichspost als zentrale Handvermittlung für die Telefon-Fernverbindungen errichtet worden.

Das Fernamt wurde 1958 zum Fernmeldeamt 1 Berlin und beherbergt heute die Telekom Innovation Area mit Start-up-Unternehmen, die von der Deutschen Telekom gefördert werden. Das dazugehörige hub:raum Café ist werktags (außer Samstag) auch öffentlich zugänglich.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rund 150 Meter östlich des Winterfeldtplatzes befindet sich der weitläufige Komplex auf der südlichen Straßenseite. Östlich davon liegt der zum „Pallasseum“ gehörende Lilli-Flora-Park (früher Pallaspark).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu Beginn der 1920er Jahre kaufte die Oberpostdirektion Berlin das Flurstück Winterfeldtstraße 28–30, damals noch im Ortsteil Tiergarten gelegen. Das Areal war 1763 als „Klee-Garthen“ verzeichnet und mit dem alten Botanischen Garten verbunden, dem heutigen Heinrich-von-Kleist-Park. Es gehört seit 1938 zu Schöneberg; ab ca. 1963 hat das Grundstück die Hausnummer 19–23.

Zwischen 1922 und 1929 wurde – in direkter Nachbarschaft zum (1973 abgerissenen) Berliner Sportpalast – in zwei Bauabschnitten die seinerzeit größte Vermittlungsstelle Europas für Telefonie (damals: „Fernsprechen“ genannt) gebaut.[2] Das Fernamt Berlin (ab 1. Juli 1958: Fernmeldeamt 1 Berlin) wurde nach Plänen von Otto Spalding und Kurt Kuhlow mit kreuzförmigem Grundriss und vier Innenhöfen gebaut. Die 90 Meter lange Straßenfront ist im Stil des Backsteinexpressionismus mit rotbraunem Klinker verblendet.

Das bis dahin aufwendigste Postgebäude der Stadt kostete 6,2 Millionen Reichsmark, was kaufkraftbereinigt in heutiger Währung rund 25,90 Millionen Euro entspricht. Es war damit teurer als das zur gleichen Zeit errichtete Reichspostzentralamt an der Ringbahnstraße in Tempelhof oder das Postamt SO 36 an der Skalitzer Straße in Kreuzberg.

Bei der Inbetriebnahme am 18. Mai 1929 beherbergte der Bau in zwölf je sieben Meter hohen Sälen neben der Handvermittlung („Fräulein vom Amt“) für die Telefon- und (später) die Fernschreibverbindungen noch die Telefonauskunft sowie eine elektromechanische Ortsvermittlung mit Hebdrehwählern für die Selbstwahl. Das erste – noch im Lichttonverfahren arbeitende – Zeitansage­gerät von Siemens & Halske, die „Eiserne Jungfrau“, nahm die Reichspost 1935 zunächst versuchsweise in Betrieb.

In der ersten Hälfte der 1930er Jahre wurden die noch verbliebenen Teile des Berliner Telefonnetz auf Selbstwählbetrieb umgestellt. Sofern bei den damals rund 300.000 Fernsprechteilnehmern nicht bereits vorhanden, erhielten alle Anschlüsse neue Telefone mit Wählscheibe oder diese wurden in die vorhandenen Apparate eingebaut. Am 15. März 1936, rechtzeitig vor Beginn der Olympischen Sommerspiele im August, war die Automatisierung aller Berliner Telefonanschlüsse abgeschlossen. Die Einwohnerzahl Berlins betrug 1939 mehr als 4,3 Millionen Menschen und jeder zehnte davon besaß ein Telefon. Während der Sommerspiele steuerte eine Zentrale in der Winterfeldtstraße den technischen Ablauf der Rundfunkreportagen von den Wettkampfstätten zu den in- und ausländischen Rundfunkanstalten.

Im Zweiten Weltkrieg hatte die zentrale Fernvermittlung des Berliner Telefon- und Fernschreibnetzes auch für die Kommunikation der Dienststellen von Wehrmacht und Reichsregierung eine große Bedeutung; die Belegschaft stieg auf 4700 Personen an. Zum Schutz vor den alliierten Luftangriffen sollten wichtige technische Einrichtungen daher in den nicht weit entfernten Hochbunker Pallasstraße verlegt werden. Der ab 1943 von Zwangsarbeitern gebaute Bunker wurde jedoch nicht fertiggestellt. Das Fernamt Berlin überstand den Bombenkrieg und die Schlacht um Berlin ohne größere Schäden, bis nach der Einnahme am 28. April 1945 durch Truppen der Roten Armee rund 70 Prozent der seinerzeit modernsten Vermittlungs- und Übertragungstechnik im damaligen Wert von ca. 13 Millionen Reichsmark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: 57,76 Millionen Euro) auf Anweisung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) demontiert und in die Sowjetunion verbracht wurden. Nach den Vereinbarungen von Jalta und Potsdam lag Schöneberg im Amerikanischen Sektor und nach der Übergabe an die US-Truppen Anfang Juli 1945 war ein Weiterbetrieb zunächst nur eingeschränkt möglich.

Aus dem Fernamt sendete ab Februar 1946 der „Drahtfunk im amerikanischen Sektor“ (DIAS), Vorgänger des RIAS Berlin. Der Beginn der Berlin-Blockade am 24. Juni 1948 erschwerte auch die Arbeit im Fernamt erheblich. Da sich das Haupttelegrafenamt im Ostsektor der Stadt befand, mussten zusätzliche Einrichtungen für die Telegrafie (Telegramm und Fernschreiben) in der Winterfeldtstraße aufgebaut werden. Ab dem 13. April 1949 wurden von der sowjetzonalen Post (später Deutsche Post, die DDR wurde erst am 7. Oktober 1949 gegründet) sämtliche Verbindungen vom Fernamt der Westsektoren, also der Winterfeldtstraße, in die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) unterbrochen. Gespräche von West-Berlin in die SBZ konnten nur noch über Ämter in Westdeutschland hergestellt werden. Am 27. Mai 1952 unterbrach die DDR-Post alle 3910 Fernsprechleitungen zwischen den Westsektoren und Ost-Berlin, sodass keine direkten Anrufe mehr vom West- in den Ostteil der Stadt möglich waren. Ersatz für dringende Telefonate war der Eilbrief oder ein Telegramm. Dieser Zustand blieb fast 19 Jahre bestehen, bis Ende Januar 1971 handvermittelt von der Winterfeldtstraße aus über fünf Leitungen wieder Anrufe nach Ost-Berlin möglich wurden. Erst vier Jahre später konnte wieder per Selbstwahl von West- nach Ostberlin telefoniert werden. Zu Beginn der 1970er Jahre wurden die West-Berliner Telefonnummern siebenstellig. Am 29. Juni 1973 wurde die Ortsnetzkennzahl (ONKZ) ‚0311‘ in ‚030‘ verkürzt, da aufgrund einer internationalen Limitierung die Rufnummernlänge auf zwölf Stellen (Landeskennzahl ‚49‘ für die Bundesrepublik und West-Berlin, Telefonvorwahl ohne die Verkehrsausscheidungsziffer ‚0‘ sowie die Nummer des Anschlusses) begrenzt war. Viele (West-)Berliner Großbetriebe hatten umfangreiche Nebenstellen-Telefonanlagen und damit konnten deren Durchwahlnummern auch achtstellig sein.

Die Deutsche Bundespost Berlin brachte 1950 in dem Gebäudekomplex zusätzlich das Funkamt unter, das für alle Funkdienste (Richtfunkanlagen, Funkmessdienst, Rundfunk- und Fernsehübertragungsstrecken und -sender sowie das Autotelefon) zuständig war. Alle drei Bereiche (Fernamt, Telegrafenamt und Funkamt) wurden Mitte 1958 zum Fernmeldeamt 1 der Deutschen Bundespost Berlin zusammengefasst.

Der beginnende Kalte Krieg mit der Berlin-Blockade 1948/1949 und der Teilung Deutschlands 1949 gaben zu der Befürchtung Anlass, dass die Sowjets die zum (West-)Fernamt Berlin führenden Leitungen von und nach Westdeutschland ganz trennen könnten. Daher wurden Lösungen erforscht, diese durch Richtfunkverbindungen zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Dazu wurde das Fernamt über Kabelstrecken mit Richtfunkstellen am Rande der Stadt verbunden. Bereits am 24. Dezember 1948 konnte eine erste Funkstrecke Berlin – Torfhaus/Harz (Sender Torfhaus) in Betrieb genommen werden. Zur besseren Entkopplung waren die Sende- und Empfangsstellen der „Funkstelle Berlin 1“ räumlich getrennt: Die beiden 40 Meter hohen Stahlgittertürme für die „Tannenbaum-Antenne“ (Dipolwand) des Senders standen im Ortsteil Wannsee auf dem Dach des Hochbunkers Heckeshorn (später Funkstelle Berlin 7 bzw. Wannsee genannt) der ehemaligen Reichsluftschutzschule; zwei baugleiche Türme für die Dipolwand-Empfangsantenne wurden im Grunewald südwestlich des Olympiastadions auf einem nicht fertiggestellten Bau der während der NS-Zeit geplanten Wehrtechnischen Fakultät aufgestellt. Anfangs waren so acht Telefonverbindungen über Funk möglich. Diese Zahl wurde später auf 45 erhöht, was aber immer noch völlig unzureichend war. Die Bundespost errichtete daraufhin 1950/1951 für die Überhorizont-Richtfunkverbindung zum Bundesgebiet in der Nähe des Strandbades Wannsee die Funkstelle Nikolassee. Diese „Funkstelle Berlin 2“ arbeitete mit den beiden Gegenstationen Torfhaus/Harz sowie Gartow im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Ab 1959/1960 kam der erste, 45 Meter hohe, Richtfunkturm („Rifu Berlin 3“) auf dem Schäferberg dazu und ab Mitte 1964 war der neue Fernmeldeturm Schäferberg Hauptknotenpunkt für die Verbindungen nach Westdeutschland. Mitte der 1970er Jahre kam die im Norden Berlins in Frohnau gelegene Funkübertragungsstelle Berlin (West) 25 mit der Gegenstation FuÜSt Clenze 1 bei Gartow dazu. Ab 1980 war über den neuen 344 Meter hohen Mast der Richtfunkanlage Berlin-Frohnau und dem gleichhohen Mast Gartow 2 auf dem Höhbeck eine Quasi-Sichtverbindung realisiert, die störungsarme Verbindungen ermöglichte. Damit war der Vollausbau erreicht. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die aufwendigen Funkverbindungen Mitte der 1990er Jahre durch Kabellinien ersetzt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Günter Erler: Telefonieren in Berlin. 50 Jahre Fernamt Winterfeldtstraße. Serie: Berliner Forum, Presse- und Informationsamt des Landes Berlin, 1979

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Onkel Dittmeyer/XS 500 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Baudenkmal Fernmeldeamt 1, 1922–1924, 1926–1929
  2. Günter Erler: Telefonieren in Berlin. 50 Jahre Fernamt Winterfeldtstraße. Serie: Berliner Forum, Presse- und Informationsamt des Landes Berlin, 1979

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