Berta Rahm

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Foto des Strassenschildes an der Bertastrasse in 8003 Zürich, aufgenommen am 17. Sept. 2021.
Bild des nach Berta Rahm benannten Schildes der bereits seit langem bestehenden Bertastrasse in Zürich 3

Berta Rahm (* 4. Oktober 1910 in St. Gallen; † 10. Oktober 1998 in Neunkirch) war eine Schweizer Architektin, Verlegerin und Frauenrechtlerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1914 zog ihre Mutter mit den Kindern wieder zurück in ihre Heimat Hallau, wo Berta Rahm die Schulen besuchte. Die Matura legte sie in Schaffhausen ab, nachdem sie dort die Kantonsschule besucht hatte. Ein daran anschliessender Aufenthalt in England bestärkte sie in ihrem Glauben daran, dass die Aussicht, als Frau erfolgreich einen anspruchsvollen, geachteten Beruf ausüben zu dürfen, auch in der Schweiz nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Mit der Unterstützung ihres Onkels Arnold Meyer, der in Hallau ein erfolgreiches Architekturbüro betrieb, studierte Berta Rahm von 1929 bis 1934 als eine der ersten Frauen Architektur an der ETH Zürich. Nachdem sie 1934 bei Otto Rudolf Salvisberg diplomiert hatte, eröffnete sie noch im selben Jahr ein Architekturbüro in Zürich. 1935 reiste sie dank eines Reisestipendiums der ETH nach Holland und Dänemark.[1][2] Die darauffolgende, durch ein Wettbewerbspreisgeld ermöglichte Reise nach Skandinavien und Finnland im Jahr 1939 beeinflussten Berta Rahm nachhaltig. Einerseits verkörperten die nordischen Architekten und Architektinnen das Bild eines engagierten Berufsstandes und andererseits war sie beeindruckt vom emanzipierten Lebensstil der Frauen in den skandinavischen Ländern.[3] 1942 veröffentlichte sie hierzu einen Reisebericht mit eigenen Skizzen.[4] 1951 erstellte sie mit dem Nägeliseehof in Hallau einen für ihre Zeit aussergewöhnlich modernen Bauernhof, dessen spezielles Offenstallungssystem von Besucherinnen und Besuchern aus ganz Europa bewundert wurde.

Nach Anstellungen bei u. a. Rudolf Olgiati in Flims, William Dunkel und Ernst Schindler in Zürich und Arnold Meyer in Hallau, gründete Berta Rahm 1940 ihr eigenes Architekturbüro in Zürich. Zu ihren wichtigsten Werken gehören das Ferienhaus Laueli in Hasliberg, der Nägeliseehof mit Offenstall nach dänischem Vorbild in Hallau und der Annexbau des Club Pavillon der SAFFA 1958 in Zürich. Rahms Hoffnung auf die Übertragung der Projektleitung der SAFFA zerschlug sich, stattdessen wurde diese der Architektin Annemarie Hubacher-Constam übertragen. Letztere teilte allerdings mit ihrem Mann, Hans Hubacher, ihr Büro, wohingegen Rahm ganz unabhängig und selbstständig arbeitete.[5] Sie bewerkstelligte bei all ihren Projekten die Planungsarbeiten, Ausschreibungen und Bauleitungen alleine. Als Pionierin tat sie sich jedoch schwer in der von Männern dominierten Branche.[6] So wurde sie von den Behörden als Architektin für öffentliche Bauten ausgeschlossen und ein Baugesuch für ein Wohnhaus in Hallau zurückgewiesen.[7] Rahm legte daraufhin Beschwerde gegen diesen Entscheid ein und gelangte damit bis vor Bundesgericht, ihre Klage wurde jedoch abgewiesen, obschon die Ungleichbehandlung anerkannt wurde.[8][9]

Zermürbt durch die vielen Rückschläge und die faktische Unmöglichkeit ihren Beruf auch auszuüben, beendete Berta Rahm 1966 ihre Tätigkeit als Architektin und wurde Verlegerin und Autorin. Sie gründete in Schaffhausen 1967 den auf feministische Literatur spezialisierten ALA Verlag. So verlegte sie unter anderem Werke von Mary Wollstonecraft und Hedwig Dohm neu sowie eine Biographie von Flora Tristan. Auch über das Leben der Friedensaktivistin und Feministin Marie Goegg-Pouchoulin publizierte sie ein Buch. Für jede Publikation verfasste sie ein ausführliches Vor- und Nachwort.

Rahm war Mitglied des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins, der Union internationale des femmes architectes und des Bundes Schweizerischer Frauenorganisationen.[10]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ferienhaus Laueli in Hohfluh am Hasliberg (BE), 1940
  • Offenstall und Umbau Wohnhaus Nägeliseehof in Hallau (SH), 1951
  • Wohnhaus in Wilchingen (SH), 1958
  • Annexbau Club Pavillon, SAFFA in Zürich, 1958

Nach Ausstellungsende wurde der Annex des Club Pavillons nach Gossau ZH versetzt und von Berta Rahm zur Betriebskantine der Hauser Champignon Kulturen AG umgebaut. Das Clubhaus geriet jedoch in Vergessenheit und sollte einem Neubau weichen.[11] 2020 rettete ein erfolgreicher Spendenaufruf des Vereins ProSaffa1958-Pavillon das Gebäude vor dem Abriss und ermöglichte eine fachgerechte Demontage.[12]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Berta Rahm: 1939: Reise Nach Skandinavien Und Finnland. Büchergilde Gutenberg, 1942
  • Berta Rahm: Vom Möblierten Zimmer Bis Zur Wohnung: Anregungen Für Das Einrichten Von Einzelräumen Und Wohnungen. Schweizer Spiegel Verlag, 1947
  • Charles Neilson Gattey; Berta Rahm: Flora Tristan. ALA Verlag, Zürich, 1971
  • Minna Schelle Cauer, Berta Rahm: Hedwig Dohm: Erinnerungen und weitere Schriften von und über Hedwig Dohm. ALA Verlag, Zürich, 1980
  • Berta Rahm, Marie Goegg: Marie Goegg (Geb. Pouchoulin) : Mitbegründerin Der Internationalen Liga Für Frieden Und Freiheit : Gründerin Des Internationalen Frauenbundes, Des Journal Des Femmes Und Der Solidarité. ALA-Verlag, Zürich, 1993, ISBN 3-85509-032-7

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihr zu Ehren wurde in der Stadt Zürich bei der lange bereits schon bestehenden Bertastrasse ein an sie erinnerndes Schild angebracht.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Evelyne Lang: Les premières femmes architectes de Suisse et leurs précurseuses au niveau international. EPF Lausanne, Lausanne 1993, S. 434.
  2. Evelyne Lang Jakob: The Life and Work of Berta Rahm (1910–1998). In: Virginia Polytechnic Institute and State University (Hrsg.): IWA Newsletter. Nr. 11. Virginia 1999.
  3. Evelyne Lang: Les premières femmes architectes de Suisse et leurs précurseuses au niveau international. EPFL Lausanne, Lausanne 1993, S. 434.
  4. Berta Rahm: 1939: Reise nach Skandinavien und Finnland. Hrsg.: Büchergilde Gutenberg. Zürich 1942.
  5. Elisabeth Joris: Berta Rahm. Kühne Konstruktionen. Skandinavischer Baustil und feministische Klassikerinnen. In: Projekt Schweiz: Vierundvierzig Porträts aus Leidenschaft, Hg.: Stefan Howald, Unionsverlag 2021, S. 468
  6. Elisabeth Joris: Eigenständig und emanzipatorisch: Pionierinnen der feministischen Selbstermächtung. In: Reformen jenseits der Revolte. Chronos-Verlag, 2018, ISBN 978-3-0340-1428-1, S. 95–106.
  7. Schweizerisches Sozialarchiv: AR 198.15.3. Varia, Mäppchen Varia: Heinzelmann, Telefonkonferenz mit Frau Berta Rahm. 25. April 1967.
  8. Büro gegen Amts- und Verbandswillkür: Wenn eine Architektin bauen will… In: Migros-Genossenschafts-Bund (Hrsg.): Die Tat. 8. März 1965.
  9. Büro gegen Amts- und Verbandswillkür: Wenn eine Architektin kämpft… In: Migros-Genossenschafts-Bund (Hrsg.): Die Tat. 4. April 1965.
  10. Evelyne Lang Jakob: Rahm, Berta. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  11. Einer der letzten Bauzeugen der SAFFA 1958 – Denkmalpflege. 23. März 2020, abgerufen am 8. Oktober 2020 (Schweizer Hochdeutsch).
  12. HOME. Abgerufen am 7. Oktober 2020.