Bezirksgericht (Bayern)

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Bezirksgerichte waren im Königreich Bayern von 1857 bis 1879 die Gerichte zweiter Instanz. In der bayerischen Pfalz bestanden sie bereits seit 1817.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Ergebnis des Wiener Kongresses war die Pfalz 1816 zu Bayern gekommen. Das Königreich Bayern übernahm die bisherige französische Gerichtsorganisation in ihren Grundzügen. Die dortigen bisherigen Bezirks- oder Arrondissementsgerichte bestanden somit fort, ab 1817 als Gerichte zweiter Instanz unter dem Namen „Bezirksgerichte“. Im Hauptteil Bayerns hingegen blieb die Vielzahl der bisherigen Stadt-, Land-, Herrschafts- und Patrimonialgerichte weiterhin bestehen.

Im Rahmen der Märzrevolution wurde auch die Forderung nach einer Abschaffung der Patrimonialgerichtsbarkeit, der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung und einer einheitlichen Gerichtsorganisation laut. Die Umsetzung verzögerte sich jedoch um einige Jahre. Mit Gesetz vom 1. Juli 1856[1] wurde das Justizwesen in Bayern neu geordnet. Die bisherigen Kreis- und Stadtgerichte wurden aufgehoben und 34 neue Bezirksgerichte, nach dem Vorbild der Pfalz, traten an ihre Stelle. Sie waren für die Städte, in denen sie ihren Sitz hatten, sowie für die Standesherren Gerichte erster Instanz. Für alle anderen Angelegenheiten waren sie Gerichte der zweiten Instanz in Kriminal- und Zivilrechtssachen.

Eine Verordnung vom 12. August 1857 regelte den Vollzug des Gesetzes und legte die Gerichtsbezirke fest.[2]

In den Bezirksgerichten entschieden Einzelrichter. Da die Bezirksgerichte in den städtischen und standesrechtlichen Angelegenheiten sowohl erste als auch zweite Instanz waren, wurde bei Berufungsangelegenheiten in diesen Fällen ein anderer Einzelrichter des gleichen Gerichtes als der erstinstanzlich Entscheidende mit der Entscheidung über die Revision beauftragt. Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 10. November 1861 entfiel die erstinstanzliche Zuständigkeit.

Den Bezirksgerichten waren Land- und Stadtgerichte untergeordnet. Übergeordnete Gerichte waren die Appellationsgerichte.

Mit dem Inkrafttreten des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes[3] wurden 1879 elf Bezirksgerichte aufgelöst und die verbliebenen in Landgerichte umgewandelt.

Liste der Bezirksgerichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezirksgericht Sitz Errichtet Aufgelöst Nachfolger / sonstige Anmerkungen
Bezirksgericht Aichach Aichach 1857 1879 1861 verkleinert zur Bildung des Bezirksgerichts Freising
Bezirksgericht Amberg Amberg 1857 1879 Landgericht Amberg
Bezirksgericht Ansbach Ansbach 1857 1879 Landgericht Ansbach
Bezirksgericht Aschaffenburg Aschaffenburg 1857 1879 Landgericht Aschaffenburg
Bezirksgericht Augsburg Augsburg 1857 1879 Landgericht Augsburg
Bezirksgericht Bamberg Bamberg 1857 1879 Landgericht Bamberg
Bezirksgericht Bayreuth Bayreuth 1857 1879 Landgericht Bayreuth
Bezirksgericht Deggendorf Deggendorf 1857 1879 Landgericht Deggendorf
Bezirksgericht Donauwörth Donauwörth 1857 1879 0
Bezirksgericht Eichstätt Eichstätt 1857 1879 Landgericht Eichstätt
Bezirksgericht Erlangen Erlangen 1857 1862 0
Bezirksgericht Frankenthal Frankenthal (Pfalz) 1817 1879 Landgericht Frankenthal
Bezirksgericht Freising Freising 1861 1879 Als Kompensation der Verlegung des Appellationsgerichts nach München u.a aus Teilen des Bezirksgerichts Aichach gebildet.
Bezirksgericht Fürth Fürth 1857 1879 Landgericht Fürth
Bezirksgericht Hof Hof (Saale) 1857 1879 Landgericht Hof
Bezirksgericht Kaiserslautern Kaiserslautern 1817 1879 Landgericht Kaiserslautern
Bezirksgericht Kempten Kempten 1857 1879 Landgericht Kempten
Bezirksgericht Kronach Kronach 1857 1879 0
Bezirksgericht Landau in der Pfalz Landau in der Pfalz 1817 1879 Landgericht Landau in der Pfalz
Bezirksgericht Landshut Landshut 1857 1879 Landgericht Landshut
Bezirksgericht Lohr am Main Lohr am Main 1857 1879 0
Bezirksgericht Memmingen Memmingen 1857 1879 Landgericht Memmingen
Bezirksgericht München rechts der Isar München 1857 1879 Landgericht München I
Bezirksgericht München links der Isar München 1857 1879 Landgericht München II
Bezirksgericht Neunburg vorm Wald Neunburg vorm Wald 1857 1879 0
Bezirksgericht Neustadt a.d. Saale Neustadt an der Saale 1857 1879 0
Bezirksgericht Nürnberg Nürnberg 1857 1879 Landgericht Nürnberg
Bezirksgericht Passau Passau 1857 1879 Landgericht Passau
Bezirksgericht Pfarrkirchen Pfarrkirchen 1857 1879 0
Bezirksgericht Regensburg Regensburg 1857 1879 Landgericht Regensburg
Bezirksgericht Schweinfurt Schweinfurt 1857 1879 Landgericht Schweinfurt
Bezirksgericht Straubing Straubing 1857 1879 Landgericht Straubing
Bezirksgericht Traunstein Traunstein 1857 1879 Landgericht Traunstein
Bezirksgericht Wasserburg a. Inn Wasserburg am Inn 1857 1879 0
Bezirksgericht Weiden i.d. Oberpfalz Weiden in der Oberpfalz 1857 1879 Landgericht Weiden in der Oberpfalz
Bezirksgericht Weilheim Weilheim in Oberbayern 1857 1879 0
Bezirksgericht Windsheim Windsheim 1857 1879 0
Bezirksgericht Würzburg Würzburg 1857 1879 Landgericht Würzburg
Bezirksgericht Zweibrücken Zweibrücken 1817 1879 Landgericht Zweibrücken

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. 1983, ISBN 3406096697, S. 121–122, 606.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gesetz, einige Bestimmungen über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren in den Landestheilen diesseits des Rheines betreffend, vom 2. August 1856. Gesetz-Blatt für das Königreich Bayern 1856, S. 339–360.
  2. Königlich Allerhöchste Verordnung zum Vollzuge des Gesetzes vom 1. Juli 1856, einige Bestimmungen über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren in den Landestheilen diesseits des Rheines betreffend. (Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern, Nr. 44/1857, Sp. 981-1042)
  3. Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 und Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 mit den Einführungsgesetzen Herausgegeben von Carl Hahn, De Gruyter, 1877.