Bruno Schier

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Bruno Schier (* 17. Februar 1902 in Hohenelbe, Österreich-Ungarn; † 9. Februar 1984 in Münster in Westfalen) war ein Ethnograph und Verleger.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Lehre als Wagenhersteller in der Werkstatt seines Vaters und Absolvent eines Gymnasiums in Hohenelbe im Riesengebirge studierte Bruno Schier Germanistik, Slawistik, Geschichte und Geographie an der Karl-Ferdinands-Universität in Prag, promovierte dort 1926 zum Doktor der Philosophie und war anschließend wissenschaftlicher Assistent. Er war seit 1934 Mitglied der Sudetendeutschen Partei und ihrer Vorläuferorganisation Sudetendeutsche Volksfront (SHF) und trat 1937 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein.

Bruno Schier habilitierte sich 1932 für Volkskunde und erhielt danach 1934 einen Lehrauftrag als ordentlicher Professor für deutsche Volks- und Altertumskunde an der Universität in Leipzig, die er bis 1945 innehatte. 1940 bis 1945 kam eine Gastprofessur für Deutsche Philologie und Volkskunde an der Universität in Bratislava (Preßburg) in der Slowakei hinzu. Ebenfalls seit 1940 waren er und Josef Preußler Dozenten und Fachbereichsleiter für Volkskunde, sudetendeutsche Landes- und Volksforschung an der Lehrerbildungsanstalt in Liberec (Reichenberg) in Nordböhmen. Von 1943 bis 1948 war er ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.[1]

Im Jahr 1947, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945, wurde er Lehrbeauftragter für Westslawische Philologie an der Universität in Halle (Saale). Mit den Ostforschern Eugen Lemberg, Hermann Aubin, Josef Hanika, Kurt Oberdorffer und Wilhelm Weizsäcker stand er in wissenschaftlichem Informationsaustausch und war Mitbegründer im Johann Gottfried Herder-Forschungsrat in Marburg, der durch öffentliche Zuschüsse finanziert wurde. Dessen Kontinuitäten in der Methodik, den Biographien der Beteiligten und der Wortwahl in der Ostforschung vor und nach 1945 waren in den 1990er-Jahren erstmals Gegenstand eigener Forschungen.

1951 erhielt Schier eine Professur für Volkskunde an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Er war dort Direktor des volkskundlichen Seminars und von 1951 bis 1971 Vorsitzender der Volkskundlichen Kommission für Westfalen und für ostdeutsche Volkskunde in Kiel. Auch in dem neben dem Herder-Institut wichtigsten Verein für die Ostforschung, dem Collegium Carolinum, Forschungsstelle für die Geschichte der böhmischen Länder in München, war er von 1961 bis zu seinem Lebensende 1984 Mitglied. Ebenfalls in den 1950er Jahren konnte Schier die Volks- und Kulturbodenforschung und die so genannte Hausforschung im „Arbeitskreis für Hausforschung“ fortsetzen, die allgemein die wissenschaftliche Erforschung und Darstellung von Haus und Siedlung in Europa zum Thema hatte. Schier und seine Mitarbeiter versuchten nach 1945 eine Verbindung zwischen Rassenzugehörigkeit, Volkstum, Bauerntum und Hausformen wissenschaftlich nachzuweisen. Er wurde 1964 von Karl Brunne als Vorsitzender abgelöst und war wissenschaftlicher Beirat des Johannes-Künzing-Institutes für ostdeutsche Volkskunde in Freiburg im Breisgau.

Noch 1962 beschwor Schier im Jahrbuch des Collegium Carolinum das völkische Denken des Sudetendeutschen Erich Gierach und dessen politisch-wissenschaftlichen Kreises der Volkstumsbewegung. Kritiker halten Schier vor, dass für ihn die Wissenschaft ein Werkzeug für völkische Politik und Propaganda gewesen sei.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Inhaltsverzeichnis von Schiers Darstellung Wege und Formen des ältesten Pelzhandels in Europa.
  • Zur Lösung der Speicherfrage. In: Ernst Bargheer, Herbert Freudenthal (Hg.): Volkskunde-Arbeit. Zielsetzung und Gehalte, Berlin: de Gruyter 1934, S. 133–157.
  • Hauslandschaften und Kulturbewegungen im östlichen Mitteleuropa. 1939. Überarbeitete Neuauflage 1966.
  • Bienenstand in Mitteleuropa. 1939.
  • Germanisches Erbe in Siedlung und Hausbau. In: Ernst Otto Thiele (Bearb.): Das germanische Erbe in der deutschen Volkskultur. Die Vorträge des 1. Deutschen Volkskundetages zu Braunschweig, Herbst 1938, München: Hoheneichen 1939, S. 57–84.
  • Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Slawen. 1938; erschienen in der Festschrift für John Meier, 1934.
  • Die Hirtenspiele im Karpathenraum. 1943.
  • Aufbau der slowakischen Volkskultur. 1943.
  • West und Ost in den Volkskulturen Mitteleuropas. Landes- und volkskundliche Studien der deutsch-slawischen Kontaktzone für die Zeit vor und zwischen den Weltkriegen, 1989.
  • Die Namen des Kürschners. Leipzig, Berlin 1949.
  • Zur Geschichte des Wortes Rauchware. Berlin 1950.
  • Wege und Formen des ältesten Pelzhandels in Europa. Frankfurt am Main 1951.
  • Pelze in altertumskundlicher Sicht. Frankfurt am Main 1951.
  • Das Flechten im Lichte der historischen Volkskunde. Frankfurt am Main 1951.
  • Die Kunstblume von der Antike bis zur Gegenwart. Berlin Akademie Verlag 1957.
  • Karl Rhamm 1842–1911 Wegbereiter der Kulturraumforschung. 1962.
  • Die Friedländer Volkskunde. 1969 Neudruck der Ausgabe Friedland, Verlag des Friedländer Lehrervereins 1926–1927.
  • Beiträge zur Besiedlungsgeschichte des Jeschken-Iser-Gaues. Schwäbisch Gmünd, Leutelt-Gesellschaft 1973.

Herausgeber, bzw. Mitherausgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte. 1938–1945.
  • Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung. 1938–1945.
  • Zeitschrift für Volkskunde. ab 1933.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ferdinand Seibt, Hans Lemberg, Helmut Slapnicka: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum. Band III, R. Oldenbourg Verlag, München 2000, ISBN 3-486-55973-7, S. 640.
  • Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. 1925 ff., 50, Verlag Walter de Gruyter
  • Brockhaus Enzyklopädie. Ausgabe 16
  • Hannjost Lixfeld: Rosenbergs „braune“ und Himmlers „schwarze“ Volkskunde im Kampf um die Vorherrschaft. In: Wolfgang Jacobeit u. a. (Hrsg.): Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien u. a. 1994, ISBN 3-205-98208-8, S. 255–269.
  • Tatjana Tönsmeyer: Bruno Schier. In: Ingo Haar, Michael Fahlbusch (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen. Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11778-7, S. 629–632.
  • Elisabeth Timm: Bruno Schier – Volkskundliche Hausforschung wider besseres Wissen. In: Bauern-, Herren-, Fertighäuser – Hausforschung als Sozialgeschichte; eine Freundesgabe für Thomas Spohn zum 65. Geburtstag. Münster u. a. 2014, ISBN 978-3-8309-3157-7, S. 321–337.
  • Hinrich Siuts: Bruno Schier (1902–1984) und die volkskundliche Hausforschung. Anmerkungen zu einigen aktuellen fachhistorischen Publikationen und Positionen. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 61. 2016, S. 267–277.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bruno Schier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mitglieder der SAW: Bruno Schier. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 25. November 2016.