Charlie Walsh

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Charlie Walsh
Zur Person
Vollständiger Name David Barry Vivian Walsh
Geburtsdatum 13. März 1941 (83 Jahre)
Nation Australien Australien
Disziplin Straße / Bahn
Karriereende 1978
Team(s) als Trainer
1980–2000 Nationalteam Australien
Letzte Aktualisierung: 26. September 2018

David Barry Vivian „Charlie“ Walsh, O.A.M., (* 13. März 1941) ist ein ehemaliger australischer Radsporttrainer und Radrennfahrer. Er ist der bisher erfolgreichste Radsportnationaltrainer des Landes.[1]

Laufbahn als Sportler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Charlie Walsh war Profi-Radrennfahrer von 1963 bis 1978. Er startete bei zwölf Sechstagerennen, von denen er zwei gewann: 1967 mit Sydney Patterson das von Adelaide und 1968 das von Whyalla mit Keith Oliver.[2] 1969 gewann er das älteste noch stattfindende Bahnrennen der Welt, das Austral Wheel Race.[3]

Tätigkeit als Trainer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1980 wurde Walsh australischer Nationaltrainer beim Australian Institute of Sport (AIS) und arbeitete als solcher bis 2000.[4] In diesen zwei Jahrzehnten gewannen die australischen Sportlerinnen und Sportler insgesamt 78 Goldmedaillen (sieben olympische, 35 WM-Medaillen sowie 36 Goldmedaillen bei Commonwealth Games), 50 Silbermedaillen (elf olympische, 20 WM-Medaillen und 19 bei Commonwealth Games) und 51 Bronzemedaillen (16 olympische, 27 WM-Medaillen sowie acht bei Commonwealth Games). Dabei stellten die von ihm betreuten Sportler 44 Rekorde auf, zwölf olympische, zehn WM- sowie 22-Commonwealt-Games-Rekorde.[1]

Ein Höhepunkt der Arbeit von Walsh war der Gewinn der Goldmedaille durch den Bahn-Vierer bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles. Dies war die erste olympische Goldmedaille im Radsport für Australien seit 1956.[1] Die erfolgreichen unter seinen Schützlingen wurden „Charlie’s Angels“ genannt.[4]

Nach den Olympischen Spielen 2000 in Sydney trat Walsh von seinem Amt als Nationaltrainer zurück.[4] Später gab er als einen seiner Rücktrittsgründe seine „Frustration“ wegen des internationalen Dopingproblems im Radsport an.[5]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1982 und 1984 wurde Charlie Walsh als Coach of the Year von Australien geehrt, 1993 und 1995 sowohl als Individual Coach of the Year wie auch als Team Coach of the Year.[1] 1987 wurde er mit der Medal of the Order of Australia ausgezeichnet.[1]

1992 wurde Walsh in die Sport Australia Hall of Fame aufgenommen[1] und 2015 in die Cycling Australia Hall of Fame.[6]

Kritik von Sportlern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz seiner Erfolge und Ehrungen war Walsh als Trainer umstritten. So berichtete die Olympiasiegerin im Straßenrennen von 1992, Kathy Watt, über das Klima im Nationalteam unter Walsh: „It was very male, very chauvinistic. Charlie Walsh was against anybody not within the system“ („Es war sehr männlich, sehr chauvinistisch. Charlie Walsh war gegen jeden, der sich nicht einfügte.“). Sie habe einen Report von Sportpsychologen eingesehen, in dem häufig die Worte „subservient“ und „submissive“ (beides meint „unterwürfig“) benutzt worden seien, um die Atmosphäre in der Nationalmannschaft zu beschreiben.[7] Watt selbst beendete wegen Walsh 2000 ihre Radsportlaufbahn; nachdem Walsh jedoch nach den Olympischen Spielen 2000 von seinem Traineramt zurückgetreten war, kehrte Watt 2003 in den Sport zurück.[8]

1998 entschied sich der australisch-belgische Fahrer Matthew Gilmore künftig für Belgien zu starten, da er sich nicht unter Walshs Fittiche begeben wollte und deshalb regelmäßig für internationale Wettbewerbe nicht nominiert wurde.[9]

2014 veröffentlichte der Olympiasieger von 1988, Scott McGrory, einen kritischen Artikel über Walshs Umgang mit den Fahrern. Er warf diesem „Coaching by fear of dismissal“ („Training mit der Angst vor dem Rausschmiss“) vor. Es habe eine Atmosphäre gnadenloser Auslese ohne persönliche Ansprache unter Walsh geherrscht.[4] Der frühere Rennfahrer Baden Cooke sagte: „He tried to crush me as a person. I was lucky I was one of the guys who came out strong after it.“ („Er versuchte, mich als Person zu vernichten. Ich hatte Glück, ich war einer von denen, die dadurch stark wurden.“) Andere Fahrer hingegen seien „zerstört“ worden.[10] Fahrer wie Dean Woods verteidigten Walsh mit Hinweis auf seine Erfolge.[11]

Der australische Journalist und frühere Rennfahrer Jonathan Lovelock veröffentlichte wenige Tage nach O’Grady einen Artikel unter dem Titel The human cost of gold medals – The dark secrets of the Charlie Walsh era, in dem Fahrer wie Billy-Joe Shearsby, Darryn Hill und Robbie McEwen die Angaben von O’Grady bestätigten.[10] Ewen drückte es plastischer aus: „Charlie warf Eier an die Wand, und die vier, die nicht zerbrachen, waren im Team.“[12] Hill, dessen Vater Brian schon 1998 in einem Interview berichtet hatte, dass die Sportler Angst vor Walsh hätten:[13] „Heute noch bezahle ich für den Sch..., durch den wir durch mussten.“ Es habe lange gedauert, bis er die Folgen überwunden habe.[10] Sein Vater Brian bestätigte 1998, dass es in der Mannschaft auch zu sexueller Belästigung komme, wollte sich aber nicht zu Einzelheiten äußern.[13]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Sport Australia Hall of Fame: David 'Charlie' Walsh OAM - Coach - Cycling. In: sahof.org.au. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. September 2018; abgerufen am 8. März 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sahof.org.au
  2. Roger de Maertelaere: Mannen van de Nacht. 100 jaar zesdaagsen. De Eecloonaar, Eeklo 2000, ISBN 90-74128-67-X, S. 216.
  3. The Austral Wheel Race: the world's oldest track race. In: – CyclingTips. 16. Dezember 2016, abgerufen am 26. September 2018 (englisch).
  4. a b c d Scott McGrory: Reflecting On A ‘Legend’: Charlie Walsh. In: Cycling Tips. 4. März 2014, abgerufen am 8. März 2017 (englisch).
  5. Reece Homfray: Doping woes frustrated top cycling coach Charlie Walsh. In: The Advertiser. 25. Juli 2015, abgerufen am 26. September 2018 (englisch).
  6. Reece Homfray,: Coach Charlie Walsh honoured in cyclings hall of fame. In: The Advertiser. 13. November 2015, abgerufen am 26. September 2018 (englisch).
  7. Brian Oliver: The Commonwealth Games. A&C Black, 2014, ISBN 978-1-472-90844-5, S. 138 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Watt plans Olympic comeback. In: theage.com.au. 3. Juni 2003, abgerufen am 26. September 2018 (englisch).
  9. How Australia lost an Olympic silver medallist to Belgium. In: smh.com.au. 11. Mai 2002, abgerufen am 27. September 2018 (englisch).
  10. a b c Jonathan Lovelock: The human cost of gold medals. In: Cycling Tips. 5. März 2014, abgerufen am 25. September 2018 (englisch).
  11. Dean Woods responds to Charlie Walsh Criticism. In: Cycling Tips. 13. Mai 2016, abgerufen am 26. September 2018 (englisch).
  12. Memories of Green: A Tribute to Robbie McEwen. In: - Bicycling Australia. 13. März 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. September 2018; abgerufen am 27. September 2018 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bicyclingaustralia.com.au
  13. a b Karen Tighe/Laurie Cousins: The Australian Track Squad Crisis. In: autobus.cyclingnews.com. 8. August 1998, abgerufen am 26. September 2018.