Christoph von Hessen

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Christoph von Hessen (1921)

Christoph Ernst August Prinz von Hessen (* 14. Mai 1901 in Frankfurt am Main; † 7. Oktober 1943 im Apennin in der Nähe von Forlì, Italien) war ein deutscher Nationalsozialist, SS-Oberführer und Leiter des sogenannten Forschungsamtes des Reichsluftfahrtministeriums.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christoph von Hessen-Kassel war das sechste Kind von Friedrich Karl von Hessen und Margarethe von Preußen. Seine Mutter war eine Schwester von Kaiser Wilhelm II. und eine Enkelin von Königin Victoria. Seine Geschwister waren Friedrich Wilhelm Sigismund von Hessen (1893–1916), Maximilian Friedrich Wilhelm Georg von Hessen (1894–1914), Philipp von Hessen (1896–1980), Wolfgang von Hessen (1896–1989) und sein Zwillingsbruder Richard von Hessen (1901–1969).

Die Eltern Friedrich Karl von Hessen und Margarethe von Preußen

Christoph von Hessen heiratete am 15. Dezember 1930 in Kronberg im Taunus die damals 16-jährige Sophie von Griechenland (1914–2001), die jüngste Tochter von Andreas von Griechenland und Alice von Battenberg. Sophie war die Schwester von Philipp von Griechenland, des späteren Prinzgemahls der britischen Königin Elisabeth II., Prinz Philip, Duke of Edinburgh. Christoph von Hessen war somit dessen Schwager.

Christoph von Hessen und seine Frau hatten fünf Kinder:

  • Christina Margarethe (1933–2011) ⚭ 1956 Andreas von Jugoslawien
  • Dorothea Charlotte Karin (* 1934) ⚭ 1959 Friedrich Karl von Windisch-Graetz
  • Karl Adolf Andreas (* 1937) ⚭ 1966 Gräfin Yvonne Margit Valerie Szapáry von Muraszombath, Széchysziget und Szapár
  • Rainer Christoph Friedrich (* 1939)
  • Clarissa Alice (* 1944) ⚭ 1971–1976 Jean-Claude Derrien

Karriere im Dritten Reich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer Kadettenanstalt lernte Christoph von Hessen Hermann Göring kennen,[1] mit dem er persönlich befreundet war und auch Anfang der 1920er Jahre engeren Kontakt pflegte.[2] Im Oktober 1931 wurde von Hessen Mitglied der NSDAP.[3] Sein Mitgliedsantrag ging jedoch zwischen mehreren Parteibüros verloren, so dass er erneut einen Mitgliedsantrag stellte und am 3. Juli 1933 die Mitgliedsnummer 1.498.608 erhielt. Seine Mitgliedschaft wurde auf den 1. März 1933 zurückdatiert. 1936 versuchte von Hessen seine frühere Mitgliedschaft – vor der Machtergreifung – geltend zu machen. Göring ließ dabei seinen Staatssekretär Paul Körner einen Brief an Martin Bormann schicken, damit Christoph von Hessen eine niedrigere Mitgliedsnummer erhalte. Göring selbst bescheinigte von Hessen, dass dieser seit Oktober 1931 aktiv für die Partei tätig gewesen sei. Als Zeuge wurde Adolf Hitler genannt. Daraufhin wurde Christoph von Hessens Aufnahmedatum auf den 1. November 1931 korrigiert (Mitgliedsnummer 696.176).[4] Seine Frau Sophie wurde 1938 Mitglied der NS-Frauenschaft.

In die SS trat von Hessen im Februar 1932 ein (SS-Nummer 39.903). Seit Ende 1932 war der Prinz Mitglied der Berliner SS-Standarte 6, dann später z. b. V. bei Himmler. 1932 war Prinz von Hessen mindestens SS-Scharführer und Adjutant. Er wurde bald regelmäßig, insgesamt fünfmal in den SS-Offiziersdienstgraden befördert. Am 12. Juni 1933 wurde er SS-Sturmführer, am 20. April 1934 SS-Sturmhauptführer und am 21. Juni 1934 SS-Sturmbannführer. Mitte der 1930er Jahre wandte sich Hessen dem Pferdereitsport zu.[5] Am 1. Juni 1939 erreichte er seinen höchsten Rang, den eines SS-Oberführers.[6] Der Wohnsitz der Familie war in Berlin-Dahlem.[7]

Ab 1933 arbeitete Christoph von Hessen als persönlicher Referent von Staatssekretär Paul Körner im Preußischen Staatsministerium.[8] Am 10. April 1935 wurde er Leiter des Forschungsamtes.[9] In dieser Funktion als Amtsleiter wurde er Nachfolger von Hans Schimpf, der unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war.[10] Die Übertragung der Amtsleitung an von Hessen war ungewöhnlich. Von Hessen war auf dem Gebiet der Nachrichtendienste ein Dilettant ohne Hochschulstudium und ohne das notwendige technische Wissen. In der Ausübung des Amtes stütze er sich vor allem auf die Fähigkeiten von Gottfried Schapper, einem der Mitbegründer des Forschungsamtes.[11] Allerdings hatte er bereits in seiner Funktion unter Staatssekretär Körner am Aufbau des Forschungsamtes mitgewirkt.[12] Das Forschungsamt war eine Reichsinstitution, die 1938 über 3000 Angestellte hatte.[13] Das Forschungsamt überwachte unter anderem Telefonate, Fernschreiben und Telegramme. Auf diesem Weg lieferte es Beweismaterial für die Ausschaltung von Regimegegnern.[14] Von Hessen, der Reserve-Offizier der Luftwaffe war, meldete sich kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges freiwillig zum Fronteinsatz bei der Luftwaffe. Während seiner Abwesenheit wurde er im Amt von Gottfried Schapper vertreten.[15] Von Oktober bis November 1939 diente er zunächst in Bad Kreuznach. Danach war er bis Mai 1940 im Generalkommando des II. Fliegerkorps in Bad Homburg vor der Höhe beim Kommandierenden General Bruno Loerzer.[16] Anschließend wurde er bis Ende Juni 1940 nach Luxemburg versetzt. Am 15. Mai erhielt er von Loerzer das Eiserne Kreuz 2. Klasse, vermutlich für seine Mitarbeit bei der Planung der Bombardierung von Rotterdam und Eindhoven. Er selbst flog keine Einsätze.[17] Im Juni 1941 wurde von Hessen und das II. Fliegerkorps an die Ostfront versetzt.

Im Oktober 1939 wurde er zum Leutnant, am 1. Mai 1940 zum Oberleutnant und am 1. September 1940 zum Hauptmann befördert. Danach verlor seine Militärkarriere erheblich an Schwung. Die Beförderung zum Major erfolgte erst im April 1943.[18]

Am 7. Oktober 1943 startete er, in seiner Funktion als Major im Stab des Jagdgeschwaders 53,[19] mit seinem Piloten Wilhelm Gsteu in einer Siebel Si 204[19] von einem Flugplatz in der Nähe von Rom. Ihr Ziel war Mannheim. Um 17:30 Uhr zerschellte die Maschine jedoch an einem etwa 1000 m hohen Berg in der Nähe von Monte Collino im Apennin, etwa 30 km südwestlich von Forlì. Die Maschine wurde bei dem Aufprall völlig zerstört. Die genaue Ursache des Flugzeugabsturzes ist ungeklärt.[20][21] Die beiden Leichen wurden erst zwei Tage später gefunden und auf einem deutschen Soldatenfriedhof bei Forlì beerdigt. 1953 wurde der Sarg nach Kronberg im Taunus überführt.[22]

Vorfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
 
 
 
 
Wilhelm von Hessen (1787–1867)
 
 
 
 
Friedrich Wilhelm von Hessen (1820–1884)
 
 
 
 
 
Louise Charlotte von Dänemark (1789–1864)
 
 
 
Friedrich Karl von Hessen (1868–1940)
 
 
 
 
 
 
Carl von Preußen (1801–1883)
 
 
 
Anna von Preußen (1836–1918)
 
 
 
 
 
Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808–1877)
 
 
 
Christoph von Hessen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kaiser Wilhelm I. (1797–1888)
 
 
 
Kaiser Friedrich III. (1831–1888)
 
 
 
 
 
Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811–1890)
 
 
 
Margarethe von Preußen (1872–1954)
 
 
 
 
 
 
 
 
Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819–1861)
 
 
 
Victoria von Großbritannien (1840–1901)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Victoria Königin von Großbritannien (1819–1901)
 
 

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eckhart G. Franz (Hrsg.): Haus Hessen. Biografisches Lexikon. (= Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission N.F., Bd. 34) Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2012, S. 187–189, Nr. HK 93, (Rainer von Hessen). ISBN 978-3-88443-411-6.
  • Christian Göschel, Jonathan Petropoulos: Das Haus Hessen im Dritten Reich – Anmerkungen zu Prinz Philipp und Prinz Christoph von Hessen. In: Kronen, Kriege, Künste. Das Haus Hessen im 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. Bernd Heidenreich, Eckhart G. Franz, Societäts-Verlag, 2009, S. 262–283. ISBN 978-3-7973-1142-9.
  • Jonathan Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006. ISBN 0-19-920377-6. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • Dienstaltersliste der Schutzstaffel der N.S.D.A.P. Stand vom 1. Oktober 1934. Hrsg. Personalabteilung des Reichsführers-SS, Buchdruckerei Birkner, vorm. Hermes, München 1934, S. 18–19.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jobst Knigge: Prinz Philipp von Hessen – Hitlers Sonderbotschafter für Italien. (PDF; 486 kB) Open Access, Hrsg. Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin 2009, S. 9.
  2. Wolfgang Gans Edler Herr zu Putlitz: Unterwegs nach Deutschland. Erinnerungen eines ehemaligen Diplomaten. 9. Auflage. Zerfallende Ehrbegriffe. Verlag der Nation, Berlin 1961, DNB 575696249, S. 28–29 (google.de [abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. Petropoulos, S. 115.
  4. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/15410709
  5. Peter Lachenmayer, Wolfgang Klepzig, Jens Nguyen: Die Reitvorschriften der deutschen Kavallerie. Geschichte der modernen militärischen Reitausbildung im Spannungsfeld von Wehrverfassung, Taktik, Remontierung, Reitkunst, Sport und Ausrüstung, 18. bis 20. Jahrhundert. Hrsg.: Deutscher Kavallerieverband e. V. Kap. 7. Xenophon Verlag e. K., Wald 2020, ISBN 978-3-95625-011-8, S. 270 (google.de [abgerufen am 5. Januar 2023]).
  6. Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006, S. 221.
  7. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Fürstlichen Häuser (Hofkalender) 1942. In: "Der Gotha". 179. Auflage. III. Abt., A, Hessen (Hessen-Philippsthal-Barchfeld). Justus Perthes, Gotha November 1941, S. 48 (google.de [abgerufen am 5. Januar 2023]).
  8. Petropoulos, S. 129.
  9. Joachim Beckh: Blitz & Anker. Band 2: Informationstechnik, Geschichte & Hintergründe, Books on Demand, 2005, ISBN 3-8334-2997-6, S. 542. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  10. Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006, S. 130.
  11. Petropoulos, S. 131.
  12. Hessen, Christoph Prinz von. Hessische Biografie. (Stand: 5. Januar 2023). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  13. Robert H. Whealey: Hitler And Spain: The Nazi Role In The Spanish Civil War, 1936–1939. University Press of Kentucky, 2005, S. 126. ISBN 0-8131-9139-4. Digitalisat Auszug
  14. Im Schatten der Geschichte. Bei: Deutschlandradio vom 18. August 2009
  15. Günther W. Gellermann: …Und lauschten für Hitler. Verlag Bernard & Graefe, 1991, S. 21–22. ISBN 3-7637-5899-2.
  16. Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006, S. 226.
  17. Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006, S. 228.
  18. Petropoulos: Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, 2006, S. 227.
  19. a b Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 657, abgerufen am 29. Januar 2022 (englisch).
  20. Petropoulos, S. 308.
  21. Günther W. Gellermann: …Und lauschten für Hitler. Verlag Bernard & Graefe, 1991, S. 28. ISBN 3-7637-5899-2.
  22. Hessen, Christoph Prinz von. Hessische Biografie. (Stand: 5. Januar 2023). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).